Die Buscrashstory

Inhalt

Gleich zu Beginn des neuen Schuljahres sterben sieben Schüler und eine Lehrerin der Neptune High in einem Busunglück, dem Veronica nur durch etliche glückliche Zufälle entkommt, ebenso wie sämtliche 09er, die durch den Gestank einer toten Ratte im Bus zu einer Rückfahrt in einer Limousine bewegt wurden. Nach kurzen Verdächtigungen gegen den vermeintlich depressiven Busfahrer Ed stellt sich bald heraus, dass es sich hier um einen Bombenanschlag gehandelt hat. So werden im Verlauf der Staffel etliche Theorien über den Grund und den Urheber des Neunfachmordes aufgegriffen. Von einem gescheiterten Mordversuch an Veronica durch den inhaftierten Aaron Echolls bis hin zu der These, dass der Baseballstar Terrence Cook die Spuren seiner Spielsucht verwischen wollte, werden nur wenige Möglichkeiten ausgelassen. Einige Geschichten entwickeln sich um die inzwischen zu Engeln glorifizierten getöteten Schüler, sodass wir immer wieder einen Einblick in deren kurze Leben erhalten. Dies gipfelt schließlich darin, dass Veronica durch die Schüler in ihren Tagträumen heimgesucht wird und so etliche neue Spuren erhält. Erst als sich die Verdächtigungen gegen Neptunes Bürgermeister Woody Goodman verdichten, stolpert Veronica beinahe zufällig über die spektakulär entsetzliche Wahrheit. Der Bürgermeister hatte in seiner Freizeit ein Kinderbaseballteam betreut und dabei etliche Kinder missbraucht, unter anderem Cassidy Casablancas und zwei der im Busunglück getöteten Schüler. Da diese beiden mit der Geschichte an die Öffentlichkeit gehen wollten und Beaver dies aus Schamgründen unbedingt verhindern wollte, sprengte er den Bus und brachte sie um. Nachdem er letztlich auch noch Woody Goodman samt Flugzeug in die Luft sprengte, nahm sich Beaver das Leben.

Review

Es ist wahrscheinlich müßig, alle Einzelteile der zweiten Staffel mit der spektakulär guten Auftaktstaffel von "Veronica Mars" zu vergleichen, aber da diese Storyline so wie einst der Mordfall Lily Kane als Aufhänger der Staffel herhält, muss er diesen Vergleich jetzt ertragen. Was mich damals (lang, lang ist’s her) an dem Mordfall Lily Kane besonders begeistern konnte, war Veronicas direkter Bezug zu dem gesamten Fall. Ihre Lebensumstände hatten sich durch ihn drastisch verändert, sie hatte ihre beste Freundin und schließlich auch ihre Mutter verloren. Und gerade bei diesem persönlichen Bezug fällt der Seasonarch der zweiten Staffel weit, weit zurück. Durch in Form von Aaron Echolls an den Haaren herbeigezogene Schuldgefühle Veronicas (bezeichnend, dass der Fall der erste Staffel hier als Gehhilfe genommen werden muss!) versucht man sie direkt und persönlich in den Fall einzubinden, sodass diese unjugendliche Kälte und Distanz, die sie manchmal gegenüber CotWs aufbaut, hier nicht entstehen kann. So entsteht ein großer Schwachpunkt des Handlungsstrangs, denn die urplötzlich auftauchenden und ebenso schnell verschwindenden Schuldgefühle sind beinahe lächerlich, denn es hätte sie wahrlich nicht gebraucht, um überzeugend Veronicas Engagement zu inszenieren. Das Ganze wird eigentlich nur durch die "Geisterstunde" in Ich bin Gott in Punkto Weithergeholtheit noch übertroffen. Die Schreiberlinge hätten sich mit einer gewissen Distanz zum Fall abfinden sollen, anstatt diese Farce zu inszenieren.

Letztlich ist dies aber nicht mein Hauptkritikpunkt an der gesamten Buscrashstory. Diese Ehre ist der ungezügelten und unendlichen Verdächtigungsinflation reserviert. Zwar waren einige Geschichten überzeugend und wirklich fesselnd inszeniert (die Geschichte um den Busfahrer Ed gleich zu Beginn war ebenso glaubwürdig wie die wirklich durchdachte Anschuldigung von Terrence Cooke) aber vor allem gegen Ende der Staffel wurde die Verdächtigenzahlen beinahe dreistellig und sämtliche Handlungsstränge, die auf irgendeinen Verdacht Bezug nahmen, wirr durcheinander geworfen. Unübersichtlich und zu komplex, wie vieles an dieser Staffel, kommt die Story daher. Schade eigentlich, denn wie ich schon sagte: in weiten Teilen waren die Einzelteile, aus denen sie zusammengesetzt war, wirklich hervorragendes Fernsehen.

Und wie es Staffelhandlungen nun einmal so an sich haben, bleibt auch diese nicht isoliert. Die deutlichsten Auswirkungen, die direkt zu beobachten waren, war das tragische Ende von Meg Manning. Schade, dass ein derart sympathischer Charakter als Geschichtenkatalysator herhalten musste und quasi als Kolateralschaden der verworrenen Zwischenzeit zwischen Staffel Eins und Zwei seinen Abschied darbot. Als Geschichtenkatalysator diente sie vor allem in der Vorbereitung des Abschieds des Donuts. Dass ausgerechnet Meg, mit einem Kind von Duncan schwanger, als Einzige den Unfall überlebt (okay, sie war danach nicht mehr wirklich ein aktiver Teil des Geschehens) scheint zwar etwas sehr unzufällig, aber dennoch konnte die Geschichte um ihre Eltern und ihr Kind einem Gänsehaut über sämtliche Körperteile jagen. Insgesamt war Kindesmissbrauch ein zentrales Thema der Staffel, dass leider des Öfteren viel zu oberflächlich in Serien und Fernsehen abgehandelt wird und auch in vielen Nachbetrachtungen dieser zweiten Staffel unter den Tisch fällt – hier nicht! Obwohl es erschreckend häufig auftritt und wie hier an Beaver gezeigt weitreichende Konsequenzen hat...

Wobei wir auch schon beim nächsten zentralen Punkt dieser Storyline wären: bei Beaver. Ich finde es immer wieder faszinierend, wenn Charaktere aus der Opferrolle in die Täterrolle schlüpfen, um nicht noch einmal mit ihrer Opferrolle konfrontiert zu werden (könnt ihr mir folgen?). Auch wenn Beavers großer Auftritt hier in stark komprimierter (und wahrlich unsympathischer) Form über die Bühne gebracht wurde, so stecken doch vielerlei Überlegungen des Schreiberteams dahinter, die mich wirklich faszinieren. Schon zu Beginn der Staffel wurde immer wieder deutlich, dass er in allen Situationen (Schule und Familie) am untersten Ende der Hackordnung steht. Immer wieder wurden subtile (oder auch weniger subtile) Andeutungen dazu gemacht, wie er ständig und von jedem fertig gemacht wurde. Hinzu kam noch die gruselig gute Geschichte um Lucky, die als weiterer Wink mit einem sehr, sehr großen Zaunpfahl verstanden werden konnte und so entstand eine ausgeklügelte, fast perfekte Inszenierung. Ein wirkliches Highlight dieser Staffel.

Dass schließlich auch Mac mit in diese Geschichte hineingezogen wurde, diente vor allem zwei Zwecken: zum Einen der ständigen Andeutung von Beavers sexueller Unsicherheit (immerhin musste Veronica schon zugedröhnt sein, damit er sich an sie herangetraut hat... auch bei dieser Story kann es einen noch einmal in aller Seelenruhe ordentlich schütteln) und zum Anderen meiner Zufriedenheit. Mac ist ein wirklich sehr sympathischer Chara, der sich in Punkto Witz jederzeit mit Veronica messen kann.

Zwischenfazit

Die zentrale Storyline der Staffel (zumindest bei oberflächlicher Betrachtung) kann mich nicht wirklich überzeugen. Die beinahe verzweifelten Versuche, uns darzustellen, wie stark Veronica hier persönlich eingebunden ist, und die konfuse Verdachtsschlacht, kann man einfach nicht ignorieren und auch einfach nicht gutheißen. Allerdings reißt der Teil um Beaver, wenn er auch etwas kurz kommen mag, einiges heraus, sodass ich mich hier mit einem zufriedenen, entspannten Gesichtsausdruck zurücklehnen und diesen Teil der Staffel genießen kann.

Martin Schultze - myFanbase

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