Das Fazit
Wie ihr wahrscheinlich an den letzten vier Teilen dieser Kolumne erkennen konntet, haben wir versucht, hier unseren persönlichen Rückblick auf die zweite Staffel darzulegen, noch einmal alles durchzugehen und diese Staffel abschließend als Ganzes zu bewerten. In diesem Teil soll also alles ein wenig zusammenlaufen und unsere (oder vielmehr meine) Gesamteinschätzung dieser Season deutlich werden. Bevor ich aber alles zusammenwerfe und meine gesammelten Gedanken zur Staffel abgebe, wollte ich noch einige Dinge betrachten, die in den anderen Teilen dieses Staffelreviews noch nicht zur Sprache kamen.
Emanzipation
Wie schon in meinem Reviews zu einigen Folgen dieser Staffel deutlich geworden ist (allen voran bei #2.05 Schatten der Vergangenheit) bin ich ein großer Fan der Emanzipationsgeschichte um Wallace. In der vergangenen Staffel wurde er immer wieder als klassischer Sidekick dargestellt, als jemand, der für Veronica alles tut, ohne viele Gegenleistungen zu erwarten. Im Verlauf dieser Staffel hat sich all dies ein wenig geändert, besonders seine an Veronica gerichteten Worte "It’s your world, I just live in it." sollten eigentlich einen Hallo-Wach-Effekt bei Veronica haben.
Dieser Effekt blieb aus und wir mussten erkennen, dass Veronica nicht bereit ist, persönliche Rachefeldzüge oder ihre Mission der Gerechtigkeit einer gesunden Freundschaft unterzuordnen. Als Wallaces gesamtes Leben in Teile zerfiel, war Veronica damit beschäftigt, sich mit Jackie anzuzicken und den Gespenstern des Buscrashes hinterher zu rennen. Letztlich verschwand Wallace einige Wochen lang gänzlich aus der Serie, bevor er, nur oberflächlich unverändert zurückkehrte. Er verdeutlichte, dass er nicht bereit ist, sich von Veronica ausnutzen zu lassen, doch letztlich stellte sich schon nach einiger Zeit eben dieses Gefüge wieder ein: Veronica benutzte ihn, wann immer es ihr passte, und vernachlässigte ihn und ihre Freundschaft, wann immer ihr danach war. Schade, meiner Ansicht nach, dass diese Story nicht ganz zu Ende gesponnen wurde, wenngleich auch deutlich wurde, dass dies in der dritten Staffel vielleicht wieder ein Thema werden könnte: denn letztlich gibt es hier nur zwei Auswege: entweder Veronica verändert sich grundlegend und wird langsam bereit, Menschen an sich heranzulassen und irgendetwas einen höheren Stellenwert einzuräumen als ihrem übermenschlichem Gerechtigkeitssinn, oder die beiden verlieren einander aus den Augen (wie es mit so vielen High-Scholl Freundschaften an Unis passiert). Schade zu wissen, dass wir dieses Team aus Veronica und Wallace so eigentlich nie wieder sehen werden.
Dennoch: in einer Staffel die voller kleinerer und größerer Macken war, empfand ich diese Geschichte um Wallace Fennell als eines der Highlights. Sie war vielleicht weniger spektakulär und spannend als so manch andere, dafür aber zeigte sie, dass sich die Schreiberlinge bei der Entwicklung ihrer Charaktere durchaus Gedanken darüber machen, wie sich hier zwischenmenschliche Spannungen aufbauen können. Wie gesagt: ich bin ein Fan dieser Storyline.
Vaterschaft
Das Ende der Duncan-Ära in "Veronica Mars" wurde von vielen Fans bejubelt: als uncharismatisch und unsympathisch wurde der arme Teddy Dunn verschrien. So war es letztlich nur logisch, dass dieser Charakter aus der Serie seinen Abschied nehmen musste, wie dies dann allerdings inszeniert wurde, ist immer eine andere Sache.
Die Geschichte mit der Schwangerschaft Megs und ihren schaurigen Eltern, die nicht nur die Liebe zwischen Duncan und ihr, sondern auch in offensichtlicher Weise deren Kind ablehnten, war meiner Ansicht nach nicht wirklich der Stoff, aus dem legendäre Serienunterhaltung gebastelt wird, aber er war grundsolide. Besonders Episode #2.11 Flucht nach vorn konnte mich zumindest weitestgehend überzeugen. Dass es letztlich Duncan war, der aus der ferne den Tod Aaron Echolls anordnete, gab seiner Geschichte zudem einen recht runden und gekonnten Abschluss, der uns noch einmal verdeutlichen sollte, dass seine Zeit in der Serie nun wirklich vorbei ist. Solide, aber nicht berauschend.
Eine Familie
Eine der ganz besonderen Beziehungen, die diese Serie so besonders macht ist, die zwischen Keith und Veronica. Immer wieder machen sie sich gegenseitig das Versprechen offen und ehrlich zueinander zu sein und immer wieder ist es vor allem Veronica, die diese Beziehung für ihre "übergeordneten" Ziele in Gefahr bringt. Aber letztlich ist es genau dieses Hin und Her, Veronicas beinahe arroganter Ungehorsam und die letztlichen Versöhnungen zwischen den beiden, die eine ganz besondere Chemie der beiden Darsteller auf den Bildschirm zaubern. Beide als Outcasts angesehen (und sich vor allem selbst als solche sehend) ist die einzige Stabilität, der sich beide immer wieder bewusst sein können, die, sich noch gegenseitig zu haben. Aber wie schon im Fall Wallace gesagt, ist Veronica eher weniger in der Lage einer solchen Beziehung genügend Wichtigkeit beizumessen, als dass sie sich davon abhalten ließe, sie für das Schaffen einer "Gerechtigkeit" auf’s Spiel zu setzen.
Dass wir auch weiterhin diese wunderbaren Szenen zwischen den beiden erleben dürfen, wurde dann letztlich auch in #2.21 Das Urteil gesichert, als Veronica eine Zukunft in Stanford in den Wind schrieb, um (Überraschung!) der Gerechtigkeit beizuwohnen. So wird sie letztlich in Neptune bleiben und ihre Ausbildung hier genießen.
Fazit
So viel also zu den kurzen Betrachtungen einiger vernachlässigter Storylines, und hin zu abschließenden Einschätzung meinerseits:
Wie euch allen schmerzhaft bewusst sein dürfte, ist "Veronica Mars" nicht gerade eine quotenträchtige Serie und die Gründe für das sind nicht nur der Sendeplatz und mangelnde Werbung, denn auch in den USA konnten sich nur weniger Leute dazu durchringen, diese Serie mit Eifer zu verfolgen. Und in meinen Augen ist besonders der Qualitätsverfall, den diese zweite Staffel gegenüber der ersten darbot, der Grund dafür. Die Storyline um Felix war zu komplex und verworren und zu schlecht herausgearbeitet, die Buscrashstory war letztlich so von Verdächtigungen überschwemmt, dass sich niemand mehr ein wirkliches Bild davon machen konnte, wer eigentlich der Hauptverdächtige ist, und die CotWs beherrschten meist (manche zum Glück, aber viel leider) ganze Folgen, die sich lieber mit Staffelhandlungen oder Charakterkonstellationen beschäftigt hätten sollen. So wurde letztlich eine Staffel geschaffen, bei der man nicht zu einem beliebigen Zeitpunkt einsteigen konnte, wenn man etwas (geschweige denn alles) verstehen wollte. Auch das fehlende Profil, dass diese Staffel "auszeichnete", die Unfähigkeit der Schreiber sich von der ersten Staffel abzunabeln, fällt schwer ins Gewicht und macht diese Staffel letztlich einfach zu einem schwachen Ableger der genialen ersten Staffel.
Aber genug über sie hergezogen, diese Staffel hatte auch wirklich gute Eigenschaften: immer wieder wurden durchaus kritische Botschaften in Storys (seien es nun die großen Handlungen oder die CotWs) versteckt und gute Unterhaltung geboten, ohne dass dabei diese Serie dazu neigte, sich selbst zu ernst zu nehmen (à la Lost). Interessante Charaktere wurden weiterentwickelt (Logan, Weevil, Wallace und nicht zuletzt Veronica) und sympathische Nebenrollen eingeführt (allen voran Mac).
Insgesamt muss ich aber sagen, dass dieser Serie passiert ist, was so manchen Bands bei ihrem zweiten Album passiert, wenn sie mit dem ersten sehr erfolgreich waren (was auch die erste Staffel von VM nicht war, obwohl sie von etlichen Kritikern in den Himmel gelobt wurde und sie letztlich auch wirklich sehr hohe Qualität bot): sie hat versucht, sich selbst zu kopieren und sich dabei nicht wirklich auf etwas "Neues" eingelassen. Schade, denn so bleibt diese Staffel ein wirklich trauriger Ableger einer wirklich sehr schönen, interessanten und vor Potential beinahe explodierenden ersten Staffel. Und auch wenn ich hoffe, so ist die Chance, dass die dritte Staffel noch einmal an den Ruhm der ersten heranreichen könnte, doch noch geringer, als es bei dieser zweiten war. Und mit diesen traurigen Worten schicke ich euch in die dritte Staffel – lasst sie euch nicht verderben, denn es wird schließlich die letzte sein, die wir jemals von "Veronica Mars" zu Gesicht bekommen werden.
Martin Schultze - myFanbase
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