Sex Pistols

"Just make it chaotic" – diesen Befehl ihres Managers Malcom McLaren nahmen sich die vier britischen Rotzlöffel nur zu gerne zu Herzen, als sie Ende der 70er auf der Bildfläche erschienen. Aufgabe und Ziel war es, die gesamte Musikindustrie gehörig auf den Kopf zu stellen, allen eins auf den Deckel zu geben und anschließend mit bereitwillig zur Schau gestelltem Stinkefinger sowie ein paar kräftigen Flüchen durch die Hintertür zu verschwinden.

Das Unheil begann sich in der Kings Road bei dem Laden von Malcom McLaren und seiner Freundin Vivienne Westwood zusammenzubrauen: Hier trafen die Gründungsmitglieder Paul Cook, Steve Jones (der mit Vorliebe in McLarens Laden klaute) und Glen Matlock (der in eben diesem Laden angestellt war) aufeinander. Im Nachhinein betrachtet erweist sich McLarens Schachzug, die Band zu managen, als sehr klug: Auf diese Weise konnte er verhindern, dass Jones fortfuhr, ihn zu beklauen und sich auf der Straße herumzutreiben. Die Besetzung sah folgendermaßen aus: Cook saß am Schlagzeug, Jones spielte Gitarre und Matlock war Bassist – was fehlte, war ein Sänger.

Sie wurden auf John Lydon, auch bekannt als Johnny Rotten, aufmerksam, der zu einem Vorsingen der besonderen Art eingeladen wurde: Er musste im Laden zu einer Jukebox singen. Der "Aufwand" hatte sich gelohnt – Rotten war fortan Sänger der Sex Pistols. Über seinen Gesangsstil sagte er später: "Das erste Mal hörte ich mich in den Wessex Studios, ich erkannte mich nicht. Ich habe nie gedacht, dass ich so schräg klinge."

Die Proben verliefen anfangs eher schlecht, da sich jeder noch im Lernprozess befand. Bevor sie sich an eigene Stücke heranwagten, wurden vorwiegend Stücke von den Kinks und The Who gecovert. Erst die Aufnahme einiger Demo-Bänder sowie die Aussicht auf ein Studio förderten die Motivation innerhalb der Band und brachten eine allmähliche Verbesserung zutage.

Eine Verbesserung in Sachen Popularität brachte ihnen eine Schlägerei, in die sie nach einem ihrer zahllosen chaotischen Auftritte gerieten: Sie erschienen prompt auf dem Cover des Melody Makers. Das Interesse an den Pistols begann zu wachsen, im Herbst 1976 bekamen sie schließlich einen Plattenvertrag bei EMI. Auf diesem Label erschien auch ihre erste Single "Anarchy In The UK", das wohl einen der Klassiker des Punks schlechthin darstellt. Der Song blieb aber nicht lange auf dem Markt: Nach einem äußerst skandalträchtigen, mit deftigen Flüchen nur so gespickten Auftritt bei der Bill-Grundy-Show wurde die Single zurückgezogen.

Auf die Empörung und das Entsetzen eines ganzen Volkes folgten Spiel-Verbote in sämtlichen Clubs sowie die notgedrungen Absage einer Tour durchs Land – aber einen großen Erfolg konnten sie dennoch verbuchen: Wenigstens wusste jetzt jeder vom faszinierten Teenager bis zur schockierten Großmutter, wer die Sex Pistols waren.

Die Zwistigkeiten über die Gruppe spiegelten sich auch innerhalb der Band wieder: Aufgrund ständiger Unstimmigkeiten verließ Glen Matlock 1977 die Pistols. Mit ihm verloren sie einen fähigen Musiker und Komponisten, der vom nachfolgenden Sid Vicious nicht einmal annähernd ersetzt werden konnte. Dieser mutierte zwar sofort zur Kultfigur des Punks – war aber musikalisch völlig untalentiert. Bei den Aufnahmen zum Album spielte Steve Jones zusätzlich zu seinem eigenen Part auch noch die Basslines von Sid.

Die zweite Single "God Save The Queen" sollte eigentlich auf A&M erscheinen, aber auch dieses Label verabschiedete sich wieder schnell von den Sex Pistols, sodass sie letztendlich bei Virgin landeten, wo sie auch Ende 1977 endlich ihr Album "Never Mind The Bollocks Here’s The Sex Pistols" herausbrachten.

Trotz des Erfolges in den britischen Charts stand es für die Sex Pistols nicht allzu gut, nicht zuletzt wegen dem Aufruhr, den sie am Geburtstag der Queen durch ein lautstarkes Konzert auf einem Boot vor versammelter Presse und geladenen Gästen verursachten. Nach einer Tour in Skandinavien und einer weiteren England-Tour unter einem Pseudonym schickten sie sich an, Amerika zu erobern – der Schuss ging allerdings nach hinten los. Nach ein paar Shows verließ Johnny Rotten die Band, was auch der Anlass zur endgültigen Trennung war.

Während die anderen mit neuen Bands nach Erfolg strebten, meinte es das Schicksal mit Sid Vicious nicht so gut. Bevor er mit seiner Solo-Karriere richtig Fuß fassen konnte, wurde er Ende 1978 angeklagt, seine Freundin Nancy Spungen ermordet zu haben. Das Ende der Verhandlung erlebte er allerdings nicht mehr: Er starb am 2. Februar 1979 an einer Überdosis Heroin.

Wie auch so viele andere Bands konnten auch die übrig gebliebenen Mitglieder nicht widerstehen und spielten 1996, 2002 (zum 50. Thronjubiläum der Queen) und 2003 eine Revival-Tour. Ob es nötig war, ihr altes Image noch mal aufzupolieren und ob dahinter nicht doch bloß Geldgier steckt, darüber lässt sich streiten – aber immerhin verweigerten sie im März 2006 die Aufnahme in die Rock’n’Roll Hall of Fame und ließen noch ein wenig den alten trotzigen Kampfgeist durchblitzen: "Wir sind nicht eure Affen!"

Wie auch immer, ohne das Werk und Vermächtnis der Pistols hätte sich der Punk als Musikrichtung sowie als Kultur nie so durchgesetzt – auf diese Art und Weise ebneten sie für Hunderte von anderen Bands den Weg. Und das, obwohl sie sich selbst immer nur als Rock’n’Roll-Band sahen, nie als Punk-Band.

Stephanie Stummer - myFanbase

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Discographie

2006The Original Spunk Bootleg
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2002Jubilee
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1996Filthy Lucre Live
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1992Kiss This-Greatest Hits
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1979Great Rock'N'Roll Swindle
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1979Flogging a Dead Horse
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1977Never Mind The Bollocks Here's The Sex Pistols
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