Review: #10.07 Viel gefährlicher
Die Ereignisse aus #10.05 Pink Cloud werden unmittelbar fortgesetzt und die Atmosphäre ist einwandfrei rüber gerettet worden. Der Fall bleibt spannend, Hailey Upton muss einen Seelenstriptease wagen und Sean O'Neal ist noch genau im richtigen Maß unberechenbar, was die Faszination steigert.
Die aktuelle Episode hat mich auch sehr an #9.13 Stille Wasser erinnert, denn die Folge war im Rekordtempo zu Ende, und obwohl inhaltlich nicht so viel passiert ist wie in manch anderer Episode, hat es sich in keiner Weise so angefühlt. Ich habe regelrecht am Bildschirm geklebt und alles aufgenommen und das ist eben der erzeugten Atmosphäre zu verdanken und dem Schauspiel von Tracy Spiridakos, die hier wie da die zentrale Rolle einnimmt oder eingenommen hat. Deswegen ist alleine auch schon die Anfangsszene, wo sie Sean in allen Lebenslagen überwacht, sogar spannend geworden, weil es viel über Hailey aussagt und man ihr auch ansehen kann, wie die Konstitution immer weiter nachlässt und doch hält sie ihre Verbissenheit bei der Stange. Ihr Zustand erinnert ein wenig an die neunte Staffel, wo die Schuldgefühle sie an einen Punkt getrieben haben, wo sie kaum noch geschlafen und kaum noch einen klaren Gedanken fassen konnte. Hier ist nun wiederum das Gefühl, verlassen geworden zu sein, dem sie sich bis zu einem gewissen Grad nicht stellen will. Es ist gut, dass Hailey innerhalb der Intelligence Unit so viel Unterstützung erfährt. Trudy Platt und Kim Burgess haben ganz feine Antennen und signalisieren ihr alleine mit ihren Nachfragen und ihrem Zuhören, dass sie immer da wären. Hank Voight, bei dem endgültig geklärt ist, dass er Hailey nicht im Geringsten Schuld an Anna Avalos' Schicksal gibt, ist als Boss schon etwas aktiver und verordnet auch Ruhezeiten. Daran wird sich zwar nicht gehalten, aber dennoch sind die Momente wichtig, denn egal, was wohl noch passiert, Hailey wird aufgefangen werden und das ist das Entscheidende.
Hailey stößt schließlich auf den notwendigen Beweis, um Sean mit einem vermuteten Menschenhändler in Verbindung zu bringen, so dass Hank sich einverstanden erklärt, die gesamte Unit einzuweihen. Ab hier beginnt ganz klassische Ermittlungsarbeit, die ich aber immer wieder genieße, gerade wenn sie logisch lückenlos erscheint und auch vielfältige Methoden enthält, wie hier Auswertung von Daten und Aufnahmen, Befragungen und Undercover-Tätigkeit. Zudem fand ich, dass der Fall nicht im Geringsten vorhersehbar gestaltet worden ist. Man wusste in keiner Sekunde der Episode, was kommen wird und das hat auch eher simplen Aspekten noch den gewissen Kick gegeben, wie beispielsweise die Tatsache, dass sich Amber so hart wie Granit erweist. Bei ihrem heftigen Flirt mit Adam Ruzek, der undercover tätig ist, hat man schon gemerkt, wie trainiert sie ist, aber dass sie die Fassade eben auch nur durch Alkohol und Drogen aufrecht erhaltet bekommt. Aber auch nüchtern im Verhör ist es unmöglich, zu ihr durchzudringen, obwohl Hailey bei ihr die Narben entdeckt, die einwandfrei belegen, dass sie dieselbe Hölle wie Abby durchlebt hat und es wohl immer noch tut. Das sind die Momente, wo man erwarten würde, dass Amber jetzt der Durchbruch ist, weil sie sich Victor Helms befreit fühlt, doch sie schweigt und das verdeutlicht, dass Seans Einfluss viel größer ist als gedacht.
So schaukelt sich schließlich auch alles hoch, dass Hailey keinen anderen Weg sieht, als in die Höhle des Löwen zu gehen. Ihr Gespräch mit Sean war definitiv das Highlight dieser Episode, weil ich auch keinen blassen Schimmer hatte, was passieren würde. Hailey hat sicherlich das Schauspiel ihres Lebens abgezogen, aber auch Sean bleibt einfach faszinierend, denn sein Darsteller Jefferson White hat eine Art und sicherlich auch eine Stimmlage, die ihn mit einer Aura umhüllen, bei der man nicht automatisch an Gefahr denkt. Bei seinem ersten Auftritt hatte ich schon den Eindruck, dass er sehr empathisch wirkt, aber mit dem Wissen, wie er agiert, kann man das nur als psychopathisch-manipulativ bezeichnen. Denn er weiß genau, welche Knöpfe er drücken müssen. Wirkte es erst so, als wären er und Hailey verletzte Seelen, die sich genau richtig finden, hat er eher bewusst in die Wunde gefasst, um eine Verbindung zu erzeugen und so die Kontrolle zu behalten. Diese Taktik sieht man auch jetzt wieder bei ihm, nur dass er eben nicht weiß, dass diesmal Hailey auf dem Regiestuhl sitzt. Sie bedient bewusst genau die Punkte, die Sean suggerieren, dass er die Kontrolle hat. So lobt sie ihn erstmal demütig für seine tolle Arbeit, die er mit den Jugendlichen leistet, um dann zu ihren seelischen Schmerzen überzugehen und ein sehr ehrliches Geständnis zu ihren Gefühlen bezüglich Jay Halstead abzulegen. Dass sie nie zuhause ist, weil dort alles nach ihm riecht und ihr bewusst machen würde, dass er wirklich weg ist, das hat nicht viel mit Fantasie zu tun, das ist die pure Wahrheit und Hailey schenkt sie Sean, weil sie genau weiß, dass er sich von solchen Infos 'ernährt' und darüber seine Beute findet. Wo sie nun also ihm all das gegeben hat, was er braucht, da packt sie den Namen von Helms aus und lockt Sean in eine Falle, ohne dass er es kommen sieht. Als Hailey später in ihrem Auto saß und auf Helms konfisziertem Handy der Anruf von Sean einging, da habe ich den Triumph voll mit ihr gefühlt.
Doch es gibt noch einen letzten unberechenbaren Faktor und das ist Patrick O'Neal und das gleich in zweifacher Hinsicht. Zwar ist er schon als beschützender Vater aufgetreten und auch wenn es noch nicht ausgesprochen wurde, er hat für den ehemals drogenabhängigen Sean gewiss einiges an Konsequenzen abgewendet. Dennoch ist es ein riesiger Unterschied, im Nachhinein etwas zu drehen als eine große Operation zu torpedieren, indem er seinen Sohn warnt, denn es wird sicherlich genauer hingeguckt, wenn man einen Verbrecher unbedingt in die Finger bekommen will als hinterher. Das war also der erste Punkt und so schlüpft Sean Hailey noch einmal durch die Finger. Der zweite Punkt ist, dass O'Neal zwar Skepsis der Unit gegenüber hatte, aber offenbar nicht so intensiv nachgeforscht hat, dass er auf den Kern der Ermittlungen gegen Sean gestoßen ist. Deswegen war auch die Szene zwischen ihm und Hank am Ende sehr intensiv und im Grunde kann ich O'Neal sogar verstehen. Er war bislang durchaus ein Verbündeter der Unit und vor dem Hintergrund, dass er an ein Drogenverbrechen denkt, war nachvollziehen, dass er sich betrogen fühlte. Eben auch weil Hank mit seinem Sohn Justin Voight genug ähnliche Sorgen hatte und der Vorwurf da war, warum wird mein Sohn geopfert, während deiner geschützt wurde? Als dann die Wahrheit mit dem Menschenhandel auf dem Tisch lag, konnte man die Spannung quasi mit Händen greifen. Das ist für O'Neal ohne Frage ein Schock. Aber ein Schock, der den Fortgang der Handlung weiterhin als spannend garantiert, denn der Chef wird ohne Frage die wichtigste Figur in der weiteren Entwicklung sein.
Die allerletzte Szene schafft dann auch noch einen schönen Bogen, denn Hailey muss sich nun nicht mehr verstecken. Sie weiß, dass Sean weiß, dass sie hinter der Operation gegen ihn steckt und er weiß, dass sie überall zuschaut. Ihr Blickkontakt war daher Gänsehaut pur. Die Spiele sind hiermit offiziell eröffnet, denn jetzt gibt es nur noch offenes Visier.
Fazit
"Chicago P.D." schafft es toll, die Atmosphäre und die Spannung rund um die Ermittlungen gegen Sean O'Neal aufzugreifen und sogar noch zu verschärfen. In einer inhaltlich gar nicht so prallen Folge klebt man dennoch jede Sekunde am Bildschirm und ist schon gespannt, wie es jetzt wohl weitergeht!
Lena Donth – myFanbase
Die Serie "Chicago P.D." ansehen:
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Diskussion zu dieser Episode
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Into the DeepErstausstrahlung (US): 09.11.2022
Erstausstrahlung (DE): kein Termin
Erstausstrahlung (Pay-TV): 26.07.2023
Regie: Takashi Doscher
Drehbuch: Scott Gold
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