Review: #2.10 Der nackte Wahnsinn
Dieses Mal präsentierten uns die Autoren eine unheimlich komplizierte Episode. Bereits die Einleitung deutet an, dass nicht alles was wir heute gesehen haben, sich im Endeffekt als das erweist, wie es zunächst schien. Oder um gleich konkret zu werden: Der gezeigte Dialog zwischen Pacey und Dawson, der sich ja im Endeffekt nicht als "neue" Beziehung erwies, deutet bereits auf das Ende der Episode hin, wo wir den Bildern Glauben schenken wollen, dass Jack und Joey sowie Dawson und Jen das machen, was Andie und Pacey nicht gemacht haben.
Als Stilmittel setzt man in dieser Episode dazu grössenteils auf schnelle Schnitte. Mit Erfolg - wie man zugeben muss. Die Andeutungen, die sich wie Fakten darstellen, sollen sich - wie wir in den nächsten Episoden erfahren werden - als ganz anders herausstellen. Und das anscheinende "Outing" von Dawson und Pacey zeigt dabei noch am deutlichsten Parallelen zum Outing von Jack.
Wie dem auch sei. Betrachten wir die Charaktere dieser Episode wie immer in der Einzelbetrachtung:
Dawson kämpft mit seinem Drehbuch, mit dem er nirgendwo auf die erwünschte Begeisterung trifft und die ihn daran zweifeln lässt, ob die Beziehung mit Joey wirklich etwas so grossartiges war, wie er es sich vorgestellt hat. Diese Entwicklung lässt ihn mehr und mehr zu Jen zurückfinden, die wesentlich offensiver an die Dinge herangeht, als die defensive Joey. Ein Rückfall in die erste Staffel? Anscheinend. Denn wieder einmal sieht Dawson in Jen das Zweckmässige. Als er Liebesszenen mit Joey für sein Drehbuch erfinden will und ihr Bild betrachtet, schaltet er sein Notebook sogleich ab. Der Verdacht liegt nahe, dass er das Andenken an Joey wahren will und als "Testmaterial" lieber auf Jen zurückgreift. Diese wiederum verliert auch langsam ihre Scheinheiligkeit. Wollte sie Dawson in der letzten Episode noch stoppen - der Freundschaft wegen - sind die guten Vorsätze in dieser Episode auf einmal vergessen. Dawson's Drehbuch nimmt dabei auf die ganze Episode bezogen die Rolle einer Tragikomödie ein - Dawson, der Liebe zu gerne ohne Sex darstellen will, verfällt letztlich dessen, was er doch meiden wollte. Gleiches bei Joey mit Jack. Nur jene, die es sich so fest vornehmen, kommen am Ende doch ohne aus - zumindestens scheinbar, wie wir in den kommenden Episoden feststellen werden.
Joey versteckt sich derweil immer mehr in ihrem Schneckenhaus, dass sie mit der Kunst gefunden hat. Der Dialog zu Dawson ist knapp - jede weitergehende Kommunikation wird von ihr mehr oder weniger unterbunden, wobei natürlich auch Dawson seine Probleme hat, mit ihr zu sprechen, da er mit seinem Film gerade die intimen Details ihrer Beziehung gross anzuprangern versucht.
Dass Jack dann im wahrsten Sinne des Wortes daherstolpert und sich als Modell offeriert, lässt ihr nichts anderes übrig, als diese Option zu nutzen. Wie sich die Dinge dann entwickeln, lernt man eine vollkommen neue Joey kennen, die die altbekannte Selbstsicherheit vermissen lässt und in Wirklichkeit äusserst sensibel ist.
Jack wirkt derweil recht undurchdringlich. Zwischen Schuldkomplexen und Interesse hin- und hergerissen, fällt es auch dem Zuschauer schwer, wie er einzuschätzen ist. Wir wissen, dass er nicht der Tolpatsch ist, der er immer zu sein scheint - doch wo fängt dies an und hört es wieder auf?
Und zuguterletzt Andie und Pacey: Man sollte fast meinen, dass Pacey sich zu einer Kopie von Andie verwandelt. Aus dem irrationalen Vorgehen wird Übervorsichtigkeit und aus dem Sarkasmus wird Ergebenheit. Ein perfektes Paar sind sie, doch ist Pacey noch der, den sie kennenlernte? Es ist zweifelhaft und die Perfektion soll auch schon damit zu brökeln anfangen, dass Pacey in der Apotheke beinahe ihrem Geheimnis auf die Spur kommt, dass sie vor ihm hat.
Insgesamt aber eine sehr gute Episode. Diejenigen, die das Thema Sex in dieser Episode tabuisierten (nämlich Dawson mit seinem Drehbuch und Joey mit ihrem Meeting), sind im Endeffekt jene, die ihre Maske fallen lassen. Umgekehrt bei Andie und Pacey sind sie es nachher, die am offensten und offensivsten vorgingen und - scheinbar - letztlich den Weg beschreiten, den Joey und Dawson die ganze Zeit propagierten. Die Perspektive des Zuschauers ist dabei so angelegt, dass er die stellenweise für die Charaktere peinlich angelegten Szenen insofern nachvollziehen kann, als dass es ihm fast auch unangenehm ist, durch die Kamera im gleichen Zimmer zu sein. Ebenso kommen aber auch die Glücksmomente, wie das Spazieren von Andie und Pacey am Ende der Episode, herüber.
Malte Kirchner
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: High Risk BehaviourErstausstrahlung (US): 13.01.1999
Erstausstrahlung (DE): 13.06.1999
Regie: James Whitmore Jr.
Drehbuch: Jenny Bicks
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