Review: #3.21 Liebe ist ein großes Wort

"Some history. Fifteen years of watching PG movies in your bedroom followed by another year-and-a-half of pretending to be grown-up only to drop each other at the first sign of crisis." (Pacey)

Die Ereignisse von "The Longest Day" werfen erwartungsgemäß einen großen Schatten. Diese Episode setzt sich damit in Anfängen auseinander, um erstmal wieder ein wenig Ordnung in das verursachte Chaos zu bringen. Problematisch ist dabei, dass man einen primären Drei-Fronten-Konflikt aufgebaut hat, in dem jeder gegen jeden ist und das wiederum auch noch untereinander verknüpft, so dass jede Kontaktaufnahme Auswirkungen auf den jeweils anderen Konflikt hat, und auch noch sekundäre Konflikte miteinwirken, allen voran Andie, die keine tragende Rolle in diesem Konflikt spielt, dennoch aber eine relevante. So haben wir am Ende die Situation, dass die Charaktere zumindestens wieder miteinander sprechen, wenngleich die Auflösung dieser Situation mit einer Episode nicht zu bewerkstelligen ist, was man sich aber auch nicht anmaßt.

Fangen wir mit Dawson an: Dawson beabsichtigt nicht der Verlierer zu sein, indem er sich ein weiteres Mal abschottet und den Dingen seinen Lauf lässt. Doch er muß sich entscheiden, wie er vorgeht. Wählt er Joey, entscheidet er sich gegen Pacey. Würde er Pacey wählen, wäre das indirekt seine Zustimmung zu dessen und Joeys Beziehung, was wiederum auch nicht in seinem Sinne ist. Er entschließt sich kurzerhand genauso hart vorzugehen, wie es Pacey tat und sucht die Herausforderung, um gegen Pacey zu gewinnen, um ihm zuvorzukommen.

Der Fanatismus, den er dabei entwickelt, bekommt man recht eindeutig in der Beinahe-Havarie bei der Segelregatta zu spüren. Die Auflösung folgt schon bald, als er ausspricht, was dem Zuschauer schon lange klar war, dass er nämlich immer noch Gefühle für Joey hat, die nach seiner Rückkehr aus der Selbstfindung aufs neue erwacht sind.

Klar wird auch, dass Dawson ziemlich verzweifelt ist. Er muss feststellen, dass Pacey nicht einfach nur ein AJ ist, der zwischenzeitlich mal zu sehen ist, sondern eine ernstzunehmende Bedrohung für sein Verhältnis zu Joey und vor allen Dingen für seine Bestrebungen. Seine Verzweifelung geht soweit, dass er sogar die Freundschaft prompt wieder aufnimmt, um nicht den Bezug zu Joey zu verlieren.

Das Verhältnis zu Pacey ist dagegen milde gesagt gestört - treffender wäre die Bezeichnung zerstört. Dawson sieht in Paceys Vorgehen einen schweren Vertrauensbruch. Er kann und will ihm nicht verzeihen, dass er trotz der Kenntnis seines und Joeys Verhältnisses es wagte, dieses Verhältnis seinen Bestrebungen zunutze zu opfern. Doch gerade hier liegt ein Problem, denn um die Freundschaft mit Joey zu erhalten, muss Dawson mittelfristig den Kontakt zu Pacey suchen, da Joey nicht zwischen den beiden stehen will und schon gar nicht der Konflikt sein möchte.

Damit ist auch schon das zentrale Problem Joeys angesprochen. Sie wird mit der Situation, so wie sie sich ihr stellt, schlichtweg nicht fertig. Begründet ist da Bessies Vorwurf, dass ihr anscheinend nicht bewusst war, dass ihr Handeln Konsequenzen haben werde. Das kann man ihr aber nicht zwangsläufig zum Vorwurf machen, denn ihr Wunschziel - zumindestens bis "The Longest Day" - steht ja fest: Sie sucht die Beziehung mit Pacey, aber gleichzeitig die Freundschaft mit Dawson. Dass das eine Utopie ist, resultiert eigentlich nur aus der Tatsache heraus, dass Dawson mehr als die Freundschaft sucht, was Joey zu dem Zeitpunkt allerdings noch nicht wissen konnte - zumindestens zeigte Dawson es ihr nicht.

Interessant ist Paceys Teil in dieser Episode. Er ist mitunter eigentlich der, den es am schlimmsten getroffen hat. Dawson meidet ihn und Joey ist auch nicht gerade von seiner Anwesenheit angetan, weil sie vermutlich das Wiederaufflammen der Gefühle fürchtet.

Der Grund für die Distanz liegt vermutlich auch in der Tatsache, dass Joey - solange Dawson in der Nähe ist - immer zu Dawson geht, da er ihr Freund ist und sie in der Vergangenheit immer zu ihm ging - umgekehrt natürlich genauso, als Dawson damals mit Jen ein Verhältnis hatte.

Blanke Ironie ist auch Paceys Äußerung, dass am Ende Dawson gewinnen würde. Immerhin ist es Dawsons Serie - Dawson's Creek. Am Ende soll er jedoch nicht recht behalten - ein Happy End für Dawson ist nicht in Sicht. Das gemeinsame ET-Schauen ist ein Rückgriff auf die erste Staffel, doch dieses Mal schaut Joey nicht in den Fernseher - es gibt wieder einmal viele Symbole.

Wesentlich ist auch das Zusammentreffen mit Andie. Sie empfindet keinen Hass gegen ihn, womit zumindestens eines der durch "The Longest Day" zerrütteten Verhältnisse wieder auf den Weg gebracht worden ist.

Letztlich wird die Unauflösbarkeit des Konflikts aber ein weiteres Mal gesteigert. Maßgebend dafür sind die Wortgefechte zwischen Dawson und Pacey. Dawson wirft Pacey vor, dass er stets die hilflose Situation anderer Menschen ausnutze, was an und für sich zwar auf der einen Seite eine Bösartigkeit darstellt, aber auch nicht gänzlich aus der Luft gegriffen wirkt. Umgekehrt muss sich Dawson anhören, dass er seine Seelenverwandtschaft zu Joey nur darauf stütze, dass sie 15 Jahre lang gemeinsam Videos gesehen und eineinhalb eine sehr durchwachsene Beziehung durchlebt haben - nicht unbedingt eine wirkliche Rechtfertigung für Seelenverwandtschaft. Die Unauflösbarkeit besteht aber vor allen Dingen auch und gerade darin, dass der Zuschauer selber in diesen Konflikt miteinbezogen wird. Er wird praktisch dazu gezwungen, da die Situation für die Charaktere unlösbar ist, selber seine Favoriten zu bestimmen. Das kann bei der Wahl zwischen zwei Protagonisten, beide Sympathieträger, zwangsläufig nicht funktionieren. Selbst das obengenannte Wunschziel Joeys - wenngleich optimaler als die jetzige Situation - würde letztlich die Zuschauerschaft in zwei Lager spalten.

Nebenbei gibt es aber auch noch zwei andere Handlungsstränge in dieser Episode, Dawsons Eltern und Jen betreffend.

Bei Dawsons Eltern bahnt sich das endgültige Ende der Krise an. Wie bereits in einem der vorhergehenden Reviews angesprochen, ist das angesichts stürmischer Zeiten für Dawson zumindestens intern eine Entspannung der Lage, was auch dadurch deutlich wird, dass seine Eltern nicht mehr nur mit sich selber beschäftigt sind, sondern auch Dawsons Probleme mit Pacey ansprechen. Die Auflösung der Krise wurde die gesamte Staffel über langsam vorbereitet, so dass das gemeinsame Essen in dieser Episode verdient erscheint.

Absolut lächerlich wirkt dagegen der Handlungsstrang rund um Jen und Henry. Henry spielt ein weiteres Mal den "reumütigen Hund", womit er endgültig die Möglichkeit auf ein eigenes Profil verspielt hat. Dabei war seine Kritik in "The Longest Day" noch nicht einmal unangemessen. Wie bereits im letzten Review angesprochen, war Jens Einmischung nicht wirklich zulässig. Und dass Henry dabei immer eine untergeordnete Rolle spielt, ist ihm gegenüber nicht wirklich fair. Allerdings muss man ihm auch entgegenhalten, dass es ihm wirklich nur um das eine ging.

Zumindestens ist der Zeitpunkt nicht wirklich angebracht, darüber zu sprechen, wie sehr sich Jen doch verändert habe. Sie hat zwar das Rebellische der ersten beiden Staffeln abgelegt, doch ihre leichte Überheblichkeit, der angeblichen Erfahrungen aus New York wegen, ist immer noch spürbar.

Auf alle Fälle rangiert diese Episode bei der Bewertung zwischen Gut und Sehr gut. "The Longest Day" zu übertreffen war nicht möglich - das ist klar. Doch die Aufarbeitung dessen, was in dieser Episode geschehen ist, gelingt hier doch recht gut. Es ist angemessen, dass man nicht klären, sondern erstmal ordnen will. Auch haben wir hier die Fortsetzung der Konfrontation der Charaktere. Da Dawson und Joey sich bereits in "The Longest Day" ausgesprochen haben, ist ihr Verhältnis bereits aufgeklärter als das der anderen. Vor allen Dingen Pacey und Dawson kamen aber zu kurz und ihr Verhältnis wird hier sehr eindeutig charakterisiert. Es sind nur noch zwei Episoden bis die Staffel endet und die Zeit bis dorthin wird mehr und mehr zur Zerreißprobe, welche Paarkonstellation denn letztlich das Rennen machen wird und vielmehr noch: Warum?

Malte Kirchenr

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