Review: #6.11 Was wäre, wenn...
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Viel zu lange mussten wir warten, um zu erfahren, wie es nach den dramatischen Ereignissen des Winterfinales bei den "Desperate Housewives" weitergeht. Doch statt uns dies in einer "normalen" Episode zu veranschaulichen, zeigen sich die Autoren und Marc Cherry von ihrer kreativen, innovativen und originellen Seite und liefern uns eine Folge der etwas anderen Art, wie man sie in dieser Serie noch nicht gesehen hatte. Das zentrale Thema ist nämlich die Frage "was wäre, wenn...", die sich alle Hausfrauen im Laufe dieser Folge selbst stellen und mutmaßen, wie ihr Leben wohl anders verlaufen wäre, hätten sie andere Entscheidungen getroffen, hätten sie an ihren Entscheidungen festgehalten, hätte das Schicksal ihnen anders zugesetzt und so weiter. Was dabei herauskommt, ist nicht nur eine durchaus amüsante Folge mit lustigen Einblicken, sondern auch eine, die enorm auf die Tränendrüsen drückt.
Dass die Serie Flashforwards einsetzt, abgesehen von dem 5-Jahres-Sprung am Ende von Staffel vier, ist neu. Flashbacks hingegen hatte es schon öfter gegeben, insbesondere im Finale der zweiten, und gleich zwei Mal in der vergangenen Staffel, als wir uns einmal von Eli und dann von Edie verabschieden mussten. Die Idee war nett, allerdings wurde der Hauptfluss immer wieder unterbrochen und wir kamen storymäßig kein Stückchen weiter, was mich immer wieder gestört hatte. Deshalb lobe ich hier schon einmal, dass es den Autoren dieses Mal gelungen ist, zusammen mit der originellen Idee, Flashforwards einzusetzen, auch den Staffelverlauf voranzutreiben. Denn eines tat die Folge: sie lieferte entscheidende Wendungen im Leben aller Hausfrauen, was die restliche Staffel bedeutsam prägen wird.
First of all...
...Karl ist tot! Nach Edie Charakter Numero Zwei, den ich nicht gekillt und gerne weiterhin in der Show gesehen hätte. Gleich zwei Hausfrauen widmen sich in ihren Vorstellungen dem charmanten Anwalt, wobei beide Vorstellungen überraschenderweise recht negativ ausfielen. Denn weder in Brees, noch in Susans Vorstellungen wird Karl im Nachhinein als guter Kerl dargestellt, sondern viel eher als untreuer, gewissensloser Mistkerl. Und das ist auch durchaus realer, als ihn als Engel darzustellen. Schließlich war Karl eben so, was Bree und Susan auch größtenteils wussten. Wieso also sollte Karl ihnen in deren Vorstellungen plötzlich als liebender, treuer, aufopfernder Ehemann in Erscheinung treten? Das wäre meiner Meinung nach vollkommener Quatsch gewesen und so mussten wir uns eben von dem Karl verabschieden, den wir seit Staffel Eins kannten. Und das war eben dieser untreue und gewissenslose Mistkerl, der jedoch durchaus eine sympathische und unglaublich charmante Art hatte und zu meinen Lieblingscharakteren zählte. Trotzdem, bzw. gerade deswegen, wurde Karls Ableben recht emotionslos dargestellt und ich als Zuschauer fühlte leider kaum mit. Das hingegen hatte mich ein wenig gestört und man hätte das, trotz der negativen Art, wir Karl dargestellt wurde, anders regeln können. Zumindest hätte man Karls Tod eine ganze Folge lang thematisieren und Susan im Zusammenspiel mit Bree zeigen können. So war ich enttäuscht, dass es kein Gespräch zwischen den zwei Frauen gab, Karls Beerdigung noch schnell am Ende der Folge über die Bühne ging und wir Zuschauer somit kaum Zeit hatten, uns wirklich von Karl zu verabschieden, weshalb, bei mir zumindest, keine Gefühle hochkamen. Schade eigentlich.
Susan thought of the Day she told Karl to leave. And she wondered what if, she hadn’t...
Susan stellte sich also die Frage, wie ihre Leben verlaufen wäre, hätte sie Karl nicht verlassen. Und das erste große Highlight folgte auch wenig später: die vielen Jahre problemerfüllter Ehe mit Karl und dem damit verbundenen Frustfressen hatten dazu geführt, dass Susan einige Kilos zugenommen hatte – das hat mich unglaublich zum Lachen gebracht. Außerdem fand ich die Idee witzig, Mike mit ins Spiel zu bringen. Diesmal jedoch nicht als Susans Ehemann, sondern als neuer Nachbar und Klempner, der Opfer von Susans "Verführungskünsten" wird und seiner potentiellen Ehefrau eine eiskalte Abfuhr gibt. Somit hatte Susan in dieser Folge also eigentlich die emotionslosesten, dafür die mit Abstand witzigsten Szenen. Schade ist eigentlich nur, dass ihre Vorstellung keinen wirklich tieferen Sinn hatte. Und meinetwegen hätte Teri Hatcher ihren Fat-Suit gleich anbehalten können, denn irgendwie gefiel mit die mollige Susan wesentlich besser als die "normale". Jetzt erst frage ich mich eigentlich, wieso alle Housewives Traumkörper haben und nicht eine dabei ist, die ein paar Pfunde zu viel hat. Aber anscheinend gibt es in der Wisteria Lane nur potentielle Models. Spätestens da merkt man, dass die Wisteria Lane eben eines ist: fiktiv.
Bree began to dream. A Dream about what her Life would have been like if Karl hadn’t die...
Wie gesagt, beschäftigte sich auch Bree mit Karl und träumte davon, wie ihr Leben wohl verlaufen wäre, hätte sie Karl geheiratet. Schnell ist klar, dass Bree es in ihrem Traum nicht gelungen ist, Karl zu bändigen und er immer noch der alte war. Sprich: Karl betrügt Bree mit ihrer Yogalehrerin. Zwar wurde uns dadurch Karl auf seine typische Weise präsentiert, allerdings wird dadurch auch gleich die gesamte Beziehung, die sich zwischen den beiden im Laufe dieser Staffel entwickelt hatte, sofort zunichte gemacht, da Bree Karl anscheinend sowieso niemals hätte vertrauen können. Die Folgen zuvor (speziell in #6.09) hatte das allerdings noch ganz anders ausgesehen. Ich wiederhole mich: das ist keine Kritik an der Darstellung des Charakters Karls, sondern viel mehr eine an Brees plötzlichen Sinneswandel. Vielleicht war es auch kein Sinneswandel, sondern einfach nur eine Schutzreaktion von Bree, so besser über Karls Tod hinwegzukommen. Ich denke, dass das einfach Interpretationssache ist und von daher schwer zu verallgemeinern sein wird.
Doch die Medaille hat ja bekanntlich zwei Seiten, und so hat mir der "zweite Teil" von Brees Traum sehr gut gefallen und war eine sehr einfühlsame und rührende Szene. Brees Scheidung hat Orson also im wahrsten Sinne des Wortes das Herz gebrochen, wie seine Vermieterin es so schön ausgedrückt hatte, und Bree wird klar, wie sehr ihr ehemaliger Ehemann unter der Scheidung gelitten und wie sehr er sie noch geliebt hat. Dass Orson anscheinend doch der passende Mann für sie ist, wurde Bree dann auch in der Realität klar, da sie ziemlich glücklich erschien, dass Orson den Flugzeugabsturz überlebt hat. Das Ehepaar Bree und Karl Mayer wäre zwar irgendwie interessanter gewesen, aber ich bin nicht unbedingt traurig, dass sie und Orson offenbar verheiratet bleiben. Eher bin ich neugierig, was kommt. Denn Friede, Freude und Eierkuchen wird es im Hause Hodge mit Sicherheit noch nicht geben. Zudem kommt das Problem dazu, dass Orson ab nun querschnittsgelähmt zu sein scheint. Und damit hätten wir auch schon interessanten Stoff für den weiteren Verlauf der Staffel.
Before she drifted off to sleep, Gabrielle wondered what if her Daughter was destined to be a great Actress...
Ich bin ehrlich: ich habe die Symbolik, die hinter Gabrielles Traum stecken sollte, nicht wirklich verstanden. Ich fand es auch ein wenig lächerlich, dass Gaby auf einmal wie besessen davon war, dass ihre Tochter sicherlich etwas Besonderes wird, nur weil Gott sie angeblich gerettet hatte. Uh, Gaby wird gläubig? Hinter der Geschichte steckte eigentlich nichts, als die Moral, dass Eltern ihre Kinder zu nichts drängen sollen, was sie nicht selbst wollen. Und umgekehrt, die Kinder eben selbst entscheiden sollen, was sie aus ihrem Leben machen wollen. Durchaus eine gute Moral, aber dennoch fand ich Gaby in dieser Folge leider am schwächsten, da mich ihre Traum weder bewegt, noch groß amüsiert hat. Einzig Gabrielle als 60-jähriges Großmütterchen brachte mich zum Schmunzeln, doch mehr konnte ich mit ihrer Geschichte nicht anfangen. Vielleicht fehlt mir dazu auch einfach das nötige Interpretationsvermögen.
And Angie asked herself, what would happen if Mona Clark lived...
Mich hat es sehr gefreut, dass wir sogar dem Staffelgeheimnis ein Stückchen näher gekommen sind. Sogar ein recht großes Stückchen. Denn Angie fragt sich, was passieren würde, wenn Mona (die tatsächlich noch nicht sofort tot war) aufwachen und ihr Geheimnis ausplaudern würde. Also, was würde passieren? Angie käme für lebenslänglich in den Knast. Grund? Mord an einen liebevollen Ehemann und Vater, was allerdings ein Unfall war und ihr sichtlich Leid tat, was die Szene gezeigt hatte, in der Angie ein paar Worte an die Angehörigen des Opfers richtet. Dass Drea de Matteo wieder einmal unglaublich überzeugend gespielt hat, brauche ich an dieser Stelle wohl kaum erwähnen, oder? Übrigens scheint Angie gar nicht die Mörderin des Mannes zu sein, denn von dem offenbar korrupten Agent Padilla (mit dem Nick bereits am Ende der achten Folge heimlich telefoniert hatte) bekommen wir den Namen Patrick Logan zu hören, der anscheinend nicht nur Angies Ex-Freund war, sondern auch der wahre Mörder. Wieder einmal stellen sich viele Fragen: erst einmal die Frage, wer genau Patrick Logan ist, wie der "Unfall" passieren konnte bzw. was der Unfall überhaupt war und natürlich auch, inwiefern Agent Padilla mit der ganzen Sache zu tun hat. Auch nach der bereits elften Folge ist dieses Staffelgeheimnis immer noch so spannend und undurchsichtig, wie am Anfang und ich kann es wirklich kaum noch erwarten, bis wir im Staffelfinale endlich die Auflösung geliefert bekommen. Denn Vorhersehbarerweise stirbt Mona, sodass Angies Geheimnis eben auch ein solches bleibt ... jedenfalls vorerst. Und natürlich steht eine Frage immer noch im Raum, die bei den ganzen Ereignissen langsam aber sicher untergeht: wer hat Julie versucht umzubringen?
We’d gonna name him Patrick. And he would have been amazing.
Getreu des Mottos "Das beste kommt zum Schluss" komme ich nun zu Lynette, die mich in dieser Folge wirklich umgehauen hat und deren Szenen mir noch sehr, sehr lange in Erinnerung bleiben werden, da sie einfach mit zu den besten Szenen gehören, die die Serie bisher in petto hatte. Es war schließlich schon ein sehr anspruchsvolles und interessantes Thema, um das es in Lynettes Vorstellungen ging. Denn die erste Frage, die sich Eltern wohl stellen, die ein behindertes Baby auf die Welt bringen, ist: werde ich dieser Herausforderung gewachsen sein? Und Lynette zweifelt in ihren Träumen eben daran, wie die erste Szene zweifelsohne zeigte. Noch viel intensiver war dann aber die zweite Szene, in der Lynette ihrem 10-jährigen behindertem Sohn klarzumachen versuchte, dass er endlich lernen muss, selbstständiger und verantwortungsbewusster zu werden, da sie schließlich nicht auf ewig für ihren Sohn da sein kann. Gänsehaut war das, was ich bekommen habe, als Felicity Huffman diese Szene gespielt hat und ihr Charakter dabei kurz vor einem Zusammenbruch stand. Das sind Szenen, die ihre Auszeichnung mit dem "Emmy" noch einmal rechtfertigen. Nicht die Streitgespräche mit ihrem pubertierendem Ehemann. Die Abschlussrede ihres Sohnes, in der er seiner Mutter für alles dankt, war einfach nur eines: herzerwärmend und schön.
Und dann, wo Lynette endlich klar wurde, dass, egal wie ihr Kind zur Welt kommt, sie es pflegen, großziehen und lieben wird, holt Lynette die traurige Realität ein: eines der Zwillinge hat es nicht geschafft und ist gestorben. Cleverer Schachzug der Autoren, uns vorher die Szenen mit Lynette und ihrem unbegeborenem Sohn zu zeigen. Ohne diese Szenen hätte man wohl kaum groß mitgelitten, da uns das Baby nicht näher gebracht worden wäre. Aber innerhalb dieser zehn Minuten (wenn überhaupt) hatte man uns das Ungeborene als sympathischen Jungen präsentiert, dem das Leben schwer zugesetzt hatte, aber der dank seiner Mutter dennoch weiter gekommen ist, als ihm jeder Arzt vorrausgesagt hatte. Und diese paar Minuten haben schon ausgereicht, dass man als Zuschauer plötzlich von dem Tod eines Menschen mitgenommen war, den man zuvor gar nicht kannte.
Und spätestens bei Lynettes Statement an Gaby, sie hätte ihren Sohn Patrick genannt und er wäre großartig geworden, werden wohl bei einigen die Tränen geflossen sein. Apropos großartig: das ist das passende Adjektiv zu Felicity Huffman, Lynette, dem Schauspieler des 10-jährigen Patrick und allgemein die gesamten Szenen, die damit verbunden waren. Denn alles zusammen war einfach nur großartig.
Fazit
Mir bricht es fast das Herz, dass ich dieser Folge nicht die volle Punktzahl geben kann. Leider gab es eben einige Dinge, die mich gestört haben und da es nun mal die gesamte Folge ist, die bewertet werden muss, gibt es dieses Mal "nur" acht Punkte. Nichtsdestotrotz wird mir diese Episode als eine der emotionalsten, interessantesten und außergewöhnlichsten Folgen in Erinnerung bleiben, die "Desperate Housewives" jemals zu bieten hatte.
Manuel H. - myFanbase
Die Serie "Desperate Housewives" ansehen:
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: If...Erstausstrahlung (US): 03.01.2010
Erstausstrahlung (DE): 17.03.2010
Regie: David Grossman
Drehbuch: John Pardee und Joey Murphy
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