Review: #8.09 Puzzleteile
Ausgerechnet in der letzten Staffel bricht "Desperate Housewives" aus einer Tradition heraus und lässt Fairview in der ersten Staffelhälfte bzw. pünktlich zum Herbstfinale nicht Schauplatz einer tragischen Katastrophe werden. Zugegeben, nach einer Geiselnahme (#3.07 Peng), einem Tornado (#4.09 Tornado), einem Brand in einem Nachtclub (#5.08 Stadt in Flammen), einem Absturz eines Kleinflugzeugs (#6.10 Der große Krach) und einer riesigen Krawallaktion (#7.10 Der Aufstand) war es auch schwer vorstellbar, was sich die Autoren wohl noch ausdenken könnten. Hatten sie vielleicht noch ein Erdbeben in der Hinterhand? Oder sollte vielleicht ein riesiger Staudamm brechen, der die gesamte Wisteria Lane überflutet würde? Oder würden all die zahlreichen Charaktere, die in der Wisteria Lane bereits ihr Ende gefunden haben, wieder auferstehen und einen grausamen Rachefeldzug starten? Fakt ist, dass wir das niemals herausfinden werden. Im Übrigen gab es, laut Showrunner Bob Daily, in der letzten Staffel deshalb keine Katastrophen-Folge, weil man sich das Budget lieber für ein spektakuläres Serienfinale aufheben wolle. Na das lässt ja wirklich hellhörig werden.
Somit muss #8.09 Putting It Together, die letzte Folge des Jahres 2011, ganz ohne Katastrophe auskommen. Doch das hat die Folge auch wirklich nicht nötig, denn Tornados und Flugzeugabstürzen in aller Ehre, aber ein rachsüchtiger Polizist kann die gleichen katastrophalen Auswirkungen haben – und letztendlich auch zum Tode führen. Apropos: Schön, dass die Autoren ein solch kreatives Spektrum an Katastrophen haben, doch an so manch anderer Stelle hapert es doch gewaltig mit der Kreativität. Liebe Autoren: Man kann unliebsame Menschen auch aus dem Weg räumen, ohne sie mit einem Auto zu überfahren und man kann seinem Leben auch ein Ende setzen, ohne sich eine Kugel in den Kopf zu schießen. Das nur mal so am Rande.
Just when my friends needed each other most, they found themselves utterly alone. One with the consequences of revealing a painful secret ...
Nachdem Chuck in den letzten Folgen dem Geheimnis unserer Hausfrauen immer weiter auf die Schliche gekommen ist, war es klar, dass sich diese Folge vor allem um Chucks Ermittlungen drehen wird, die das wacklige Kartenhaus unserer Hausfrauen wohl bald zum Einstürzen bringen würden. Doch bevor wir uns dem großen Fokus der Folge widmen, werfen wir erst mal einen kleinen Blick auf einzelnen Storys der Hausfrauen, die, und das war sehr erfreulich, alle etwas mit Chucks Ermittlungen zu tun hatten. Letztendlich war es nämlich Chucks Befragung zu Beginn der Folge, der wir uns später genauer widmen werden, die den einzelnen Ereignissen den Anstoß gab.
So sah sich Lynette gezwungen, Tom endlich vom Mord an Alejandro zu erzählen und wie sie darin verwickelt ist. Dass Lynette selbst diejenige war, die Tom alles beichtete und er es nicht durch einen billigen Zufall erfuhr, empfand ich als sehr begrüßenswert, zumal Lynettes Entscheidung durch ihre Sorge um ihre Kinder, falls sie im Gefängnis landen sollte, auch noch gut gerechtfertigt wurde. Somit handelte es sich bei der Szene am Flughafen um ein kleines Highlight der Folge, vor allem auch, weil es durchaus spannend abzuwarten war, wie Tom auf die Neuigkeiten reagieren würde. Und im Prinzip ließ man uns innerhalb der Geschichte mit einem kleinen Cliffhanger zurück, denn noch wissen wir nach wie vor nicht wirklich, wie Tom reagieren wird. Natürlich war es keine große Überraschung, dass Tom den Flug abgesagt und Jane hat sitzen lassen, denn alles andere wäre in dieser Situation auch mehr als unangebracht gewesen. Es war nicht schwer zu übersehen, dass in die Beziehung zwischen Tom und Jane ein ordentlicher Keil getrieben wurde und ich bin mir auch gar nicht so sicher, ob wir Jane noch einmal zu Gesicht bekommen werden oder sie entgültig die Schnauze von Lynette, und somit mehr oder weniger auch von Tom, voll hat.
Und ja, was wird uns jetzt in #8.10 What’s To Discuss Old Friend? wohl hinsichtlich dieser Storyline erwarten? Dass Tom Lynette nicht anzeigen wird, dürfte klar sein. Allerdings darf man auch bezweifeln, dass Tom nun Lynette zur Seite stehen wird. Oder etwa doch? Wird dadurch die Beziehung zwischen Tom und Lynette vielleicht sogar wieder so gestärkt, dass man dadurch auf die unvermeidliche Wiedervereinigung der Scavos hinarbeitet? Oder bleibt Tom von Lynette distanziert und verspricht ihr lediglich, sich wirklich um die Kinder zu kümmern, falls Lynette ins Gefängnis wandern würde? Mit Lynettes Beichte hat man der Geschichte um die Scavo-Ehe jedenfalls einen spannenden neuen Impuls gegeben.
One with the frantic need to find her husband ...
Auch Gabys Storyline resultiere aus Chucks Befragung, denn nachdem Gaby Chuck alle möglichen Lügen aufgetischt hatte, hieß es, den in einer Entzugsklinik sitzenden Carlos so schnell wie möglich über Gabys Lügenversion zu informieren, damit ihr gesamtes Geheimnis nicht auffliegt, würde Carlos Chuck eine andere Geschichte erzählen. Da man in einer Entzugsklinik leider keinen Besuch empfangen darf, führte das Ganze zu richtig witzigen Szenen mit Gaby, die verzweifelt versuchte, dennoch irgendwie an ihren Ehemann heranzukommen. Die Unterhaltung zwischen den beiden fiel jedoch ein wenig ernüchternd aus, doch irgendwie hapert es seit geraumer Zeit an der Glaubwürdigkeit der sogenannten Solis-Ehe, wo sich so gut wie keiner um den anderen kümmert – egal, ob der weibliche Part gerade unter dem Verlust ihrer leiblichen Tochter leidet oder der männliche Part unter einem Mord. Insgesamt war vor allem der humorvolle Anteil in Gabys Geschichte überzeugend, während es sonst doch ein wenig mager ausfiel. Der Schluss jedoch, zu dem wir später kommen, macht hier berechtigt Hoffnungen auf ein wenig mehr Spannung.
And one with the feeling that she simply no longer belonged.
Eine meiner Vermutungen, die ich in der Review zur letzten Folge äußerte, lautete, dass wir Andre wohl nicht mehr zu Gesicht bekommen werden. Diese Vermutung scheint auch durchaus berechtigt gewesen zu sein. Vermutung Nummer zwei jedoch, dass dadurch auch Susans Geschichten eventuell wieder besser werden, hat sich nicht bestätigt. Denn auch in dieser Folge war Desinteresse das Einzige, was man der Geschichte entgegenbringen konnte. Eigentlich sollte es ja richtig spannend sein, wenn eine der Hausfrauen beschließt, der Stadt entgültig den Rücken zu kehren. Nur leider ist es eben absolut klar, dass es letztendlich sowieso nicht dazu kommen wird, weshalb von Spannung auch nicht die Rede sein kann und die ganze Handlung schlicht und ergreifend unnötig war. Auch wurde das Ganze alles andere als authentisch umgesetzt, wenn man mal allein die Tatsache in Betracht sieht, dass Susans kleiner Sohn M.J. mit keinen Wort erwähnt wurde, den eine übereilte Flucht aus seiner Heimatstadt wohl durchaus auch betreffen würde. Daher wurde Susans Geschichte leider zu plump umgesetzt und die recht witzigen Szenen zwischen ihr und Felix bleiben als einziges ein wenig positiv in Erinnerung.
But for one of my friends, the sense of isolation was so complete...
Ganz anders sah es da schon bei Bree aus, die mittlerweile zu einem mehr als bemitleidenswerten Charakter verkommen ist, aber in dieser Staffel noch einmal gewaltig auftrumpfen kann, nachdem die siebte Staffel storytechnisch ein extrem schwaches Jahr für sie war. Bemitleidenswert und tragisch, aber gleichzeitig unabstreitbar witzig fiel die Szene aus, in der sich eine betrunkene Bree zu einer Gruppe von Frauen setzt und diese als neue Freundinnen zu gewinnen versucht, aber auch hier nur Abweisungen kassiert und man als Zuschauer nicht so recht wissen soll, ob man lachen oder Bree bemitleiden soll. Nicht nur aufgrund dieser, sondern auch aufgrund der allerletzten Szene der Folge – zu der wir ebenfalls später kommen werden (ja, ich mache es heute verdammt spannend) – ist es unerlässlich, Marcia Cross’ Schauspielleistung zu erwähnen, die einfach ganz groß war. Als störend empfinde ich stellenweise nur die Tatsache, dass die Autoren nicht auf die Idee kommen, mal wieder Andrew auftauchen zu lassen. Generell ist es schade, dass man ihn seit #7.18 Momente im Wald (!!) nicht mehr gesehen hat und da wäre es doch die perfekte Möglichkeit gewesen, ihn hier als fürsorglichen Sohn zu zeigen. Schließlich ist Bree gar nicht so einsam, wie man in dieser Episode hätte vermuten können. Aber das nur mal so am Rande, denn insgesamt gesehen gab es an Brees Geschichte rein gar nicht auszusetzen.
Als etwas unnötig empfand ich dann schon die paar Szenen zwischen Renée und Ben. Vorweg: Nach wie vor finde ich, dass man mit Ben nicht nur einen ziemlich facettenreichen, sondern vor allem einen sehr sympathischen neuen Charakter mit an Bord geholt hat und allerspätestens seit #8.06 Paranoia wissen wir auch, wie viel Spaß die Szenen zwischen ihm und Renee machen können. Aber Renees Eifersüchteleien und Vermutungen, er könne eine Affäre mit Bree haben, waren nicht nur ziemlich abgedroschene Elemente, sondern haben auch irgendwie sonst so gar nicht in diese Episode gepasst.
... there might be no escaping it.
Ohne lange um den heißen Brei herumzureden, kommen wir jetzt zum Highlight der Episode, nämlich so gut wie alles, was mit Chuck und dessen Ermittlungen zu tun hatte, die in dieser Episode ihren Höhepunkt erreichten. Bereits die Befragung von Lynette, Gaby und Susan zu Beginn der Folge waren richtig gelungene Minuten, obwohl ich irgendwie doch glaube, dass man das Ganze dramaturgisch besser hätte inszenieren könne, hätte man beispielweise die einzelnen Befragungen über die Folge verteilt gezeigt und Chuck dabei beobachtet, wie er Stück für Stück die Puzzleteile dann zu einem großen Ganzen zusammenfügt. Doch davon mal abgesehen, profitierte die Episode durchweg von Chuck, da dessen Ermittlungen die ganze Folge über für eine kontinuierliche Spannung sorgten und noch einmal Chucks boshafteste Seite zum Vorschein brachte, damit man mit dessen späteren Schicksal als Zuschauer wohl noch besser zurecht kommt. Besonders während des sehr stark inszenierten Gesprächs zwischen Chuck und Bree, während dem Bree Chuck ein Ultimatum und sich selbst als Sündenbock anbot, wurde noch einmal klar, dass es Chuck schon lange nicht mehr nur um Alejandros Verschwinden ging, sondern darum, sich an Bree zu rächen.
In meinen Augen richtig grandios und bis zum Anschlag packend waren dann die letzten gut zehn Minuten der Folge, in denen die Spannung noch einmal ordentlich angeschraubt wurde, da Chuck nach und nach dabei war, das Geheimnis um Alejandros Verschwinden zu lüften. Nicht nur wurden wir Zeugen, wie er Ben klarmachte, dass der letzte Funkkontakt von Alejandros Handy auf Bens Baugelände ausfindig gemacht werden konnte und daher die gesamten Bauarbeiten für längere Zeit gestoppt werden müssen, sondern auch, wie Chuck endlich die große Verbindung zwischen Alejandro und den Damen lüftete, nämlich, dass dieser Gabys Stiefvater war.
Da war es passiert: Das Kartenhaus war eingestürzt, das dünne Eis eingebrochen. Und spätestens zu diesem Zeitpunkt dürfte klargewesen sein: Wenn Chuck nicht doch noch ein Sinneswandel widerfährt und Bree zu decken versucht, dann würden wir wohl das erste Todesopfer dieser Staffel haben. Daher kam der Schluss wenig überraschend, wobei ich doch schmunzeln musste, dass erneut ein Auto im Spiel war. Schließlich wurde bereits Mama Juanita Solis von einem Auto tödlich verletzt (#1.06 Schlachtfelder), Mike wurde von Orson über den Haufen gefahren (#2.23 Erinnerungen) und in #6.21 Geheimnisse hat Patrick Logan versucht, sich Angies Ehemann Nick durch eine unsanfte Fahrweise zu entledigen. Andererseits hätte man Chuck auch schlecht erschossen auf der Straße liegen lassen können, da wir sonst mit exakt dem gleichen Ende in die Winterpause entlassen worden wären, wie bereits im letzten Jahr, nur dass dort Paul das Opfer war.
Dennoch stellt man sich nach dieser Episode fast die gleiche Frage, wie nach #7.10. Zwar nicht "Wer erschoss Paul Young", dafür aber "Wer überfuhr Chuck Vance?". Die letzten Minuten der Folge haben viel Raum für Spekulationen veranlasst, da man dafür sorgte, dass es wirklich jeder hätte sein können: Ben, weil Chuck die Bauarbeiten stoppen und auf dem Gelände Untersuchungen einleiten wollte; Mike, weil Chuck dafür verantwortlich ist, dass Susan die Stadt verlassen möchte; Carlos, weil er eine riesige Bedrohung in Chuck sieht und letzten Endes natürlich noch Bree. Dazu kommt, dass Carlos aus der Entzugsklinik geflohen ist, Ben nicht daheim war, als Renee bei ihm klingelte und Bree in ein Auto stieg, kurz bevor Chuck überfahren wurde. Kompliment jedenfalls an die Autoren, dass man diesmal wirklich muntere Rätselraterei betreiben darf.
Die letzte Szene ließ die Folge dann fast schon episch zu Ende gehen. "Episch" scheint ein etwas zu starkes Adjektiv zu sein, aber für mich war diese letzte Szene wirklich eine der besten, die die Serie zu bieten hatte. Ja, Bree wird sich selbstverständlich nicht erschießen, aber wie sie völlig verzweifelt und alleine in dem Motelzimmer saß, sich plötzlich mit einer Halluzination von Mary-Alice unterhielt und Mary-Alice auf die Frage, ob sie dort, wo sie jetzt ist, glücklich sei, mit einem "I’m not unhappy" antwortete, löste bei mir, spätestens nach dem so verzweifelten Blick von Bree, eine enorme Gänsehaut aus. Wie gesagt, als Cliffhanger kann man den Schluss nicht unbedingt bezeichnen, da der Ausgang klar sein dürfte. Aber das schmälert nicht die Intensität dieser tollen letzten Szene.
Fazit
Kein Tornado, kein Flugzeugabsturz, keine Massenpanik, aber trotzdem mal wieder richtig spannende Minuten, mit denen sich die "Desperate Housewives" aus dem Jahr 2011 verabschiedet haben. Die teils unspektakulären und langweiligen Einzelgeschichten wurden fast voll und ganz von der packenden Atmosphäre überschattet, die Chucks immer intensiver werdenden Ermittlungen und deren Auswirkungen auf die Hausfrauen mit sich brachten und besonders im letzten Drittel der Folge den bisherigen Höhepunkt der Staffel markierten. Mit den Fragen, wer Chucks Mörder ist, wer den ominösen Brief an Bree geschickt hat und ob das Geheimnis um Alejandro nach Chucks Tod nun sicher ist, dürfte auch für die allerletzten Episoden der Serie Spannung gesichert sein. Und selbst wenn nicht, so wird man 2012 dennoch jede einzelne Folge genießen, die uns noch mit den Hausfrauen bleiben werden, ehe es im Mai getrost dem Motto der Staffel heißen wird: "Kiss them Goodbye".
Manuel H. - myFanbase
Die Serie "Desperate Housewives" ansehen:
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Putting It TogetherErstausstrahlung (US): 04.12.2011
Erstausstrahlung (DE): 22.02.2012
Regie: David Warren
Drehbuch: Sheila Lawrence
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