Bewertung

Review: #8.21 Der Prozess

Foto: Teri Hatcher, Desperate Housewives - Copyright: 2012 ABC Studios
Teri Hatcher, Desperate Housewives
© 2012 ABC Studios

Man weiß nicht so wirklich, ob man den Autoren für diese letzte Folge vor dem Serienfinale dankbar sein oder sie doch lieber verfluchen soll. Nachdem der bisherige Endspurt der Serie nämlich relativ unspektakulär verlief, hatte man sich als Fan und Zuschauer schon irgendwie mit der Tatsache, dass "Desperate Housewives" bald enden wird, arrangiert. Mit #8.21 The People Will Hear haben die Autoren aber tatsächlich noch einmal dermaßen die Kurve bekommen und mit den diversesten gelungenen Szenen, die von witzig über ergreifend bis hin zu spannend die komplette Palette abdeckten, urplötzlich Wehmut entfacht, sodass es wohl doch ein überraschend schwerer letzter Gang durch die Wisteria Lane wird, wenn sich die Serie mit #8.22 Give Me The Blame und #8.23 Finishing The Hat verabschieden wird.

Yes, recent events in the lives of my friends had spurt up intense emotions. Exitement about startig a new chapter …

Natürlich hofft man, dass einem nach dem Serienfinale trotz des Endes der Serie irgendwie vermittelt wird, dass das Leben in der Wisteria Lane dennoch weitergeht. So wie es zur Zeit den Anschein hat, wird aber zumindest für Susan das Leben woanders weitergehen, denn gegen Ende dieser Folge hat sie die Entscheidung gefällt, zusammen mit Tochter Julie und Sohn MJ die Straße zu verlassen. Für mich war es ehrlich gesagt schon seit den Anfängen der Serie klar, dass es im Finale um den Wegzug einer der Hausfrauen gehen würde, schließlich bietet so eine Handlung eine handvoll Emotionen, angefangen bei wehmütigen Rückblicken auf das jahrelange Leben in der Wisteria Lane bis hin zu herzzerreißenden Abschieden von den besten Freundinnen. Dass es letztlich Susan sein würde, hatte ich bis zu Mikes Tod jedoch nicht in Betracht gezogen, schließlich verließ sie im Staffelfinale der sechsten Staffel bereits schon einmal die Straße. Nach Mikes Tod und mit Julies Schwangerschaft im Hintergedanken, dürfte Susans Entscheidung aber keine allzu große Überraschung mehr gewesen sein und ihre Intentionen, die Straße zu verlassen, sind auch durchaus nachvollziehbar. Das Einzige, was daran stört, ist und bleibt die Tatsache, dass durch Susans Entscheidung die Freundschaft zu den anderen Hausfrauen ein wenig degradiert wird. Schließlich ist es schon bedeutsam, dass es außer Mike offenbar nichts gibt, was sie sonst in der Straße hält. Natürlich spielt da noch Julies Schwangerschaft eine große Rolle, die nicht außer Acht gelassen werden darf, aber überhaupt kommt mir Susan in dieser Staffel viel zu abgekapselt von den anderen vor und man könnte fast meinen, dass sich die negativen Stimmungen zwischen Teri Hatcher und den restlichen drei Darstellerinnen im realen Leben auch auf das fiktive Leben in der Wisteria Lane übertrug.

Bis sich Susan zu der wegweisenden Entscheidung durchrang, die im Finale zweifelsohne dennoch für tränenreiche Momente sorgen wird, waren die einzelnen Szenen mit Susan recht unterhaltsam. Susans Umgang mit Julie gefällt mir sowieso immer gut, aber auch ihre Szene mit Porter samt ihrem herrlichen "I’m talking to the Clown!" waren schön mit anzuschauen. Leider verzichtet man gänzlich darauf, auch Lynette mit in die Handlung einzubauen, schließlich ist sie die Großmutter des kommenden Babys. Diese Tatsache wird im Finale hoffentlich noch einmal aufgegriffen, da ich beispielsweise bereits ihre gemeinsamen Szenen in #8.14 Get Out Of My Life und #8.15 She Needs Me sehr ansprechend fand.

Disappointment in a failure to change …

Pünktlich kurz vorm Finale gab es auch bei Lynette wichtige Entwicklungen, wobei es hier leider einiges zu bemängeln gibt. Lynettes Verhalten war nämlich erneut auf dem ähnlichen Tiefpunktniveau, wie bereits in der letzten Folge, was den Charakter so kurz vor Schluss in ein extrem unsympathisches Licht stellt. Einerseits hatte man schon sehr viel Mitleid mit Lynette, wie sie so bei Renée zu Hause saß und sich den Kopf darüber zerbrach, wie sie es nur so weit hat kommen und Tom nach Indien versetzen lassen können. Andererseits verfällt sämtliches Mitleid, wenn man sieht, wie sie Tom zu Beginn so gar nicht helfen wollte, die Versetzung rückgängig zu machen und erst dann eingriff, als ihr klar wurde, dass sie Tom noch etwas bedeutet. Normalerweise ist man ja selbstloses Handeln von Lynette gewohnt, aber hier hat sie sogar bei einer weinenden Penny noch nicht einmal sichtlich überlegt, Toms Chef umzustimmen. Und als sie das dann tat, wirkte Lynette taktloser denn je. Selbstverständlich war es klar, dass sie Greg nicht an sie ranlassen würde, aber die Art, wie sie ihn letztlich eine Abfuhr gab, war wirklich eiskalt und eigentlich hat es mich überrascht, dass Greg dann doch noch Lynettes Bitte durchsetzte und Tom nicht nach Indien versetzen ließ.

Or guilt over causing anothers pain …

Der eigentliche Sympathieträger dieser Handlung war dann Tom selbst, dessen Worte an Lynette zu Beginn der Folge bereits wirklich ergreifend waren. Und dann kam es zu der Szene in Gregs Büro, in der Tom Greg ins Gesicht schlug, weil dieser schlecht über Lynette redete. Endlich, nachdem man immer nur Lynettes Standpunkt kannte, wurde deutlich: Tom liebt Lynette immer noch. Das musste dann auch Jane einsehen, die in dieser Folge ihren letzten Auftritt hatte und tränenreich Abschied von Tom und ihrer Beziehung zu ihm nahm. Nach Lynettes Verhalten in dieser Episode hatte ich ehrlich gesagt fast schon mehr Mitleid mit Jane selbst, als sie weinend Tom noch klarmachte, dass sie ihn geliebt habe. Natürlich wird Jane den meisten auf ewig unliebsam als die Frau in Erinnerung bleiben, die zwischen Tom und Lynette stand. Aber irgendwo muss man auch bedenken, dass Jane letztlich die gesamte Zeit über bei weitem moralischer handelte als Lynette selbst.

Mit Toms endgültiger Einsicht, dass er Lynette noch immer liebt, wäre es für die Beiden im Finale recht unspektakulär vonstatten gegangen, weshalb natürlich am Ende noch ein kleiner Twist kommen musste, der der Wiedervereinigung zwischen den Beiden im Weg steht. Billiger hätte dieser Twist jedoch nicht ausfallen können, denn ich konnte mein Gehirn vor Augenrollen fast selbst sehen, als Tom natürlich exakt zu dem Zeitpunkt vor ihrer Tür steht, als Lee ihr das Brautjungfernkleid für Renées Hochzeit auszieht, sodass Tom nun annimmt, Lynette habe eine Beziehung. Das hätte nun wirklich nicht sein müssen, aber letztlich ist es mir auch egal, da es nach wie vor eine riesige Überraschung wäre, würden die Beiden am Ende nicht wieder zueinander finden und ich mich einfach schon auf den Moment freue, in dem genau das passiert. Zwar frage ich mich, wie man diese Handlung noch auf zwei Episoden strecken möchte, aber vielleicht sieht Lynette am Ende von #8.22 ja, wie Renée Tom die Krawatte richtet, sodass man auch noch in #8.23 grandioses Konfliktpotential hat (Ironiealarm!).

Then there are those who are asked to put all emotion aside in order to make a cold-hearted decision.

Mit am meisten entgegenzufiebern bleibt der Handlung um Brees Prozess bezüglich Alejandros Todes. Bisher hatte diese Storyline trotz ihres riesigen Potentials und einem grandiosen Scott Bakula leider nicht wirklich zünden wollen. Zum einen verlief diese Handlung nämlich bisher viel zu harmlos und Bree schien nie wirklich in Gefahr zu sein, hinter Gittern zu landen, zum anderen wurden Lynette, Susan und Gaby bei dieser Story zu sehr außen vor gelassen. Das änderte sich in dieser Folge nun gewaltig und bis zuletzt hätte ich niemals damit gerechnet, dass man diesen Storyarc noch so spannend gestalten könnte. Dazu bei trug praktisch jede Szene, die im Gerichtssaal spielte.

Angefangen bei den ersten Worten der Staatsanwältin, die sie nicht besser hätte wählen können. "How well do we know our neighbors?", fragte sie zu Beginn die Geschworenen, was eine genaue Wiederholung der Frage war, die Bree selbst in #1.02 Unter der Oberfläche ihren Freundinnen stellte und gleichzeitig auch Grundprämisse der Serie ist. Die Szenen rund um Brees Verhandlung wurden auch wirklich immer interessanter, denn, wie schon erwähnt, sah es für Bree die ganze Zeit über relativ gut aus und es wollte einem so gar nicht in den Sinn kommen, wie es für Bree gefährlich werden könnte. Das änderte sich dann, als die Staatsanwältin Bree plötzlich mit ihrem Abschiedsbrief konfrontierte, den sie zu Beginn von #8.10 Reden ist Silber, Schweigen ist Gold verfasste und diesen Abschiedsbrief sowie Brees Beinah-Selbstmord mit Chucks Tod in Verbindung brachte. Mir gefiel es sehr, dass man hier plötzlich wieder so viele vergangene Storyelemente aus dieser Staffel hervorgrub, was eigentlich für die Serie vollkommen untypisch ist, da die Autoren ja gerne Geschehenes einfach unter den Teppich kehren. Stattdessen ist es also ausgerechnet fast schon Vergessenes, was Bree plötzlich in ernsthafte Schwierigkeiten bringt, wodurch der Verlauf der Handlung an einigen Stellen wirklich sehr überraschend war. Marcia Cross, der in dieser Staffel generell extrem viel abverlangt wird und dies bisher in den verschiedensten Folgen der achten Staffel grandios gemeistert hat, hat auch in dieser Episode eine sehr achtbare Leistung vollbracht und besonders für den Moment, in dem sie Brees Abschiedsbrief vorlesen musste, gebührt ihr riesiges Lob.

Auch an der zweiten bisherigen Schwachstelle der Handlung wurde erfolgreich gewerkelt, denn endlich scheinen auch die anderen drei Hausfrauen voll und ganz in Brees Story involviert zu sein und noch viel besser: endlich scheint auch Gaby klar zu werden, was sie ihrer Freundin alles zumutet. Ihre Entwicklung in dieser Folge war wirklich sehr schön zu verfolgen und insbesondere die Szene im Supermarkt, in der sie Bree verteidigte, gehörte zu den Höhepunkten. Ich hoffe nur, dass sie nach der Erkenntnis, dass Bree nun wirklich ins Gefängnis gesteckt werden könnte, mehr tut, als ihr einfach nur die für das Verfahren passende Garderobe zu besorgen. Zwar wurde das am Ende dieser Episode noch nicht deutlich, aber ich gehe wirklich davon aus, dass Gaby noch viel unternehmen wird, um ihre Freundin zu beschützen. Ungeheure Brisanz erhält das Ganze natürlich dadurch, dass nun Bree in einer echten Zwickmühle steckt, nachdem ihr Anwalt Trip auch herausfand, dass Alejandro Gabys Stiefvater war. Wird Bree Gaby bzw. Carlos tatsächlich noch ans Messer liefern, oder wie weit geht Brees Liebe zu ihren Freundinnen wirklich? Ehrlich gesagt bin ich der festen Überzeugung, dass es ein Happy End für alle geben wird, aber auf den Weg dorthin bin ich sehr gespannt. Ebenfalls toll waren Lynettes und Susans Sorgen um Bree und ihr nächtlicher Spaziergang durch die Wisteria Lane ließ einen selbst ungeheuer wehmütig werden, da wir solche Szenen bald nicht mehr zu Gesicht kriegen werden.

Weiter mehr oder weniger deplaziert wirkt die kleine Romanze zwischen Bree und Trip und die Offensichtlichkeit, wie gezwungen man versucht, Bree ein Happy End an der Seite eines Mannes zu bescheren. Im Prinzip macht mir das nicht viel aus, denn Bree hat nach all der schweren Zeit wirklich mit am meisten ein glückliches Ende verdient und sie und Trip geben ein sehr sympathisches Paar ab, aber ihre Szenen mit Trips vermeintlichen Freundin Lyndsey sowie ihren Eifersüchteleien wollten irgendwie nicht zum Rest ihrer Handlung passen. Aber dennoch: Die Szene, in der Trip Bree mitten in der Nacht einen Besuch abstattet und sie mit ihrem Lieblingsfilm sowie einer Packung Donuts vom kommenden Prozess ablenken will, war wirklich rührend, sodass die in dieser Folge eher nebensächlich behandelte Andeutung einer Romanze nicht wirklich negativ auffällt.

Fazit und Ausblick

So kurz vor dem Finale gab es mit #8.21 The People Will Hear also eine Episode zu sehen, die tatsächlich für die nötige Brisanz, die nötige Spannung und die nötige Unterhaltung sorgte, die der bisherige Endspurt der Serie fast gänzlich missen ließ. Einige Handlungen, nämlich die von Susan und Lynette, fallen für ein kommendes Finale insgesamt gesehen zwar weiterhin relativ unspektakulär aus, dafür wurden aber Bree und Gaby wirklich tolle Szenen zugeteilt, die interessante Weichen für das Finale legen. Überhaupt gab es in dieser Folge Momente, in denen einem erstmals so richtig deutlich wurde, dass das Ende der Serie bald naht – und man die Serie vielleicht mehr vermissen wird, als man es sich zugestehen möchte.

Und was sollen wir jetzt vom Finale der gesamten Serie erwarten? Was ich nicht erwarte, und da bin ich ganz ehrlich, sind Überraschungen. Der Ausgang der meisten Handlungen dürfte eigentlich glasklar sein: Bree wird durch Gabys Hilfe auf irgendeine Art und Weise freigesprochen, Lynette und Tom werden wieder das Paar, das wir all die Jahre so liebgewonnen haben, Susan wird wehmütig die Straße verlassen, aber freudig einem neuen Kapitel ihres Lebens entgegenblicken und Renée wird ihr Glück als Ehefrau von Ben finden. Doch ganz ehrlich: Was soll’s? Ich erwarte kein Finale, an dessen Ende mir vor Überraschung die Spucke wegbleibt. Ich erwarte ein Finale, das auf dem Weg zu diesem Ende noch einige spannende und emotionale Momente liefert, jedem Charakter noch einmal einen schönen Abschluss verleiht, noch einmal die Freundschaft der Hausfrauen wunderbar in Szene setzt und vielleicht auch noch einmal deutlich macht, weshalb man die Serie eigentlich all die acht Jahre verfolgt hat.

Und ein 08/15-Finale kommt mir im Falle von "Desperate Housewives" sowieso nicht in den Sinn, denn wenn man schon alleine sieht, welche ehemaligen Darsteller im Serienfinale noch einmal auftauchen werden, wird klar, dass das Finale die Handlungen nicht gradlinig und einfallslos zuende erzählen, sondern es hier und da noch kleine Momente geben wird, die bis zu den Wurzeln der Serie zurückreichen. Auch wenn mein Optimismus während der vergangenen Episoden ein wenig verloren ging, würde ich meine Hand dafür ins Feuer legen, dass #8.22 Give Me the Blame und #8.23 Finishing The Hat gebührend diejenige Serie abschließen werden, die man sich all die Jahre gar nicht aus der aktuellen Serienlandschaft wegdenken konnte, in wenigen Tagen jedoch tatsächlich zu Ende gehen wird.

Manuel H. - myFanbase

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