Review: #8.02 Mutter des Kodex
Obwohl die Autoren hier eine Richtung einschlagen, die wir noch nicht gesehen haben, scheinen sie wohl etwas richtig zu machen. Die Anspannung ist während der gesamten Episode sehr hoch und uns wird eine brillante Szene nach der anderen präsentiert. Hinzu kommt ein wunderbares Kameraspiel, das einen die Zeit vergessen lässt.
"It's a long way from being friends to 'I think my son might be a serial killer.'"
Nach dieser Folge wird einem sehr schnell bewusst, dass Michael C. Hall ein sehr guter Regisseur ist. Man hat gemerkt, dass er sich viel Spielraum gelassen hat und das Ergebnis ist großes Kino. Es gibt sehr viele Nahaufnahmen, die die Szenen noch viel intensiver wirken lassen und man hat das Gefühl, direkt vor Ort zu sein. Auch die Totale wurde sehr sorgfältig ausgewählt und betont gerade das Gespräch mit Dexter und Dr. Vogel, sowie Dexter und Debra. Besonders das Ende der Episode, als Dr. Vogel Dexter klar macht, dass er perfekt sei und wir dann einen erleichterten Dexter sehen, der kurz danach mit einem dunkelroten Übergang ins Schwarze ausgeblendet wird, hat eine sehr starke Wirkung und man selbst hat plötzlich das Gefühl, Dr. Vogel würde hier die pure Wahrheit sprechen.
Doch bis es soweit gekommen ist, ist einiges passiert. Dr. Vogel zeigt Dexter einige Filme von Harry, um sein Vertrauen zu gewinnen. Es hat sehr viel Spaß gemacht, mit Dexter in die Vergangenheit zu reisen und sich Dr. Vogels Worte anzuhören. Sie steckt wohl sehr stark in der Sache mit drin und ist anscheinend tatsächlich diejenige, der Dexter sein derzeitiges Leben zu verdanken hat. Sie hat gemeinsam mit Harry den Kodex entwickelt, den Dexter sein Leben lang schon befolgt. Obwohl diese Information sehr interessant ist und wir dadurch ein wenig mehr von Dexters Vergangenheit erfahren, so ist hier an der Sache ganz klar etwas faul. Dr. Vogel mag vielleicht auf Dexter großen Einfluss haben, aber es steckt sehr viel mehr hinter dieser Frau. Ihr Verhalten lässt die Alarmglocken läuten, so als ob msn genau wüsste, dass sie etwas Schlimmes im Schilde führt. Noch kann man sie sehr schwer einschätzen, doch sie findet genau die Worte, die Dexter in seiner momentanen Situation hören muss. Auch wenn er selbst manchmal weiß, dass er menschlich ist, so muss auch er es manchmal hören, ganz besonders jetzt, wo seine Beziehung zu Deb in Trümmern liegt. Dr. Vogel schleust sich Schritt für Schritt in sein Leben und bringt ihn sogar noch dazu, ihr zu helfen. Diese Entwicklung kam unerwartet und selbst wenn sie böse enden sollte, so ist die Umsetzung bisher sehr gelungen, gerade weil Dr. Vogel so viele Informationen über Psychopathen preisgibt und Dexters Verhalten zu erklären versucht. Es macht unglaublich Spaß, diese Serie von dieser Seite aus zu sehen und mehr Verhaltensforschung mitzuerleben. Dieser Aspekt wurde bisher immer unter den Tisch gekehrt und es ist faszinierend, Dexter dabei zuzuschauen, wie er damit konfrontiert wird.
Die Gespräche zwischen ihm und Dr. Vogel waren alle sehr intensiv, was gerade durch die Kameraeinstellungen verstärkt wurde. Hinzu kommen Dr. Vogels Worte und Dexters Reaktion darauf. Er scheint selbst nicht zu wissen, wie er Dr. Vogel einschätzen und was er von ihr halten soll. Sie geht aber den richtigen Weg und erklärt ihm am Ende, dass er perfekt sei. Hinzu kommt, dass sie ihm bereits zuvor deutlich macht, dass man Zuneigung für ihn empfinden kann, weil er vor allem faszinierend sei und je länger man sich mit ihm beschäftigt auch noch liebenswert. Genau in diesem Moment, als sie diese Worte ausspricht, wird einem selbst bewusst, dass sie vollkommen Recht hat. Man empfindet als Zuschauer Mitgefühl für Dexter. Man macht sich Sorgen um ihn und er ist auf seine Art und Weise einfach liebenswert. Es ist schwer zu sagen, wie sowas überhaupt möglich ist, aber eines ist klar: Michael C. Hall trägt hier einen sehr großen Teil dazu bei. Die Endszene, als Dr. Vogel Dexter im Arm hat, geht einem sehr unter die Haut, vor allem weil man innerlich auch merkt, dass hier irgendwas faul an der Sache ist. Es ist schwer zu beschreiben, doch Dr. Vogel kann einfach nicht die sein, die sie uns vorspielt. Es bleibt also spannend und man kann nur hoffen, dass Dexter ihr nicht zu sehr vertraut und auf sein Gefühl hört. Wahrscheinlich wird das schwer sein, jetzt wo sie ihm genau die Worte in den Kopf setzt, die er hören muss, doch gerade diese Entwicklung ist unheimlich interessant zu verfolgen und macht Lust auf mehr.
"Anything can happen in this hell hole that is now my life. Your gift to me, Dexter."
Nebenbei hat Dexter weiterhin Schwierigkeiten, an seine Schwester ranzukommen, weil Deb gerade ihr eigenes Leben lebt. Auch in dieser Folge muss man Jennifer Carpenter ein großes Lob aussprechen, denn sie schafft es, dass man mit ihr mitfühlt und ihr Debs Gefühle sofort abkauft. Sie ist am Ende, sie ist verloren und weiß nicht weiter. Sie ist innerlich kaputt und das merkt man in jeder einzelnen Szene. Doch was sehr überraschend kommt, ist der Mord, den sie begeht. Sie hat El Sapo tatsächlich umgebracht und hier ist einem dann doch die Kinnlade runtergefallen. Nach allem, was sie nach Laguertas Tod durchgemacht hat, ist bei ihr eine Sicherung durchgebrannt und sie hat El Sapo einfach erschossen. Das muss man erstmal schlucken. Die Frage ist, wie es dazu kommen konnte. War sie wirklich wie betäubt, nachdem er sie verprügelt hat? War sie wütend und voller Schmerzen, sodass sie etwas tun musste, um sich nicht mehr als machtloser Mensch zu fühlen? Debs Verhalten ist zur Zeit unberechenbar und das macht sie zu einem sehr interessanten Charakter.
Viel interessanter sind jedoch die Gespräche, die sie mit Dexter führt. Als er sie zuhause besucht, muss man die Luft anhalten. Man hat gemerkt, wie unwohl Dexter sich fühlt. Wie er spürt, dass Debs momentane Lage nur seine Schuld ist. Wie er gerne möchte, dass sie ihn wieder liebt, sei es als Bruder oder sogar mehr. Seine Worte, dass er sich um sie sorgt, waren so emotional, dass man beinahe einen Kloß im Hals hatte. Er ist verzweifelt, möchte alles wieder gut machen und seiner Schwester das Leben erleichtern. Er ist jedoch hilflos und das merkt man in jeder einzelnen Sekunde. Was auf diese Hilflosigkeit folgt, ist Erstaunen und vielleicht auch Angst. Dexter stellt Debra nach El Sapos Mord zur Rede und ist plötzlich überwältigt, als sie den Mord gesteht. Er ist fassungslos und empfindet in dem Moment wohl genauso wie der Zuschauer. Debra hat den Mord begangen und reagiert auf eine Art, die man nicht erwartet hätte. Anstatt zusammenzubrechen, scheint ihr das alles egal zu sein und das ist ein Moment, wo man glaubt, plötzlich im falschen Film zu sein. Hinzu kommt noch ihre Aussage, dass Dexter ihre Waffe austauschen solle, und sie sagt dies so selbstverständlich, dass einem erneut die Kinnlade runterfällt. Debra scheint hier einen Weg einzuschlagen, den man so nicht hätte voraussehen können und der nicht das geringste darüber sagt, was in Zukunft noch auf uns wartet. Wird Debra nun auch zum Killer und bringt jeden um, der ihr in den Weg kommt? Wird Dexter erkennen, dass sie eine von den "Bösen" ist, sodass sie letztendlich auf seinem Tisch landet? Werden die beiden gemeinsam Menschen umbringen? Alles Fragen über Fragen, auf die man noch keine Antwort hat, die man aber unbedingt herausfinden möchte. Bisher ist Umsetzung sehr gut gelungen und die Freude auf diese restliche achte Staffel ist sehr, sehr groß.
"Sooner or later, someone's going to be holding a piece of my brain in a jar."
Neben diesen beiden großen Entwicklungen existiert weiterhin ein Serienkiller in Miami, den es zu schnappen gilt. Wer oder was wird hier noch nicht deutlich, aber es scheint alles mit Dr. Vogel zusammenzuhängen. Die Frage ist nur, wie weit sie darin involviert ist und ob sie nicht selbst die Mörderin ist und Dexter alles nur vorspielt. Momentan kann man sich das sehr gut vorstellen, weshalb es enttäuschend wäre, wenn sich das tatsächlich als Wahrheit herausstellt. Dafür ist es noch zu früh in der Staffel. Außerdem passt die Rolle der Verhaltensforscherin viel besser zu ihr, da dadurch noch mehr Aufmerksamkeit auf Dexter gelenkt wird.
Die Nebenstory mit Quinn und Jamie funktioniert bisher noch überhaupt nicht und muss auch nicht sein, wenn Jamie nur die eifersüchtige Freundin von Quinn darstellen soll. Darauf kann man in einer finalen Staffel verzichten. Viel interessanter ist Quinns Rolle in Debs Storyline, da er offensichtlich Gefühle für sie hat und nicht klein bei geben wird. Ob ihn das in Schwierigkeiten bringen wird, das wird sich noch zeigen. Jedenfalls überzeugt er in der Story mehr, als mit Jamie und Batista zusammen. Schließlich könnte er Deb auf die Schliche kommen und dadurch eine Gefahr für sie darstellen. Hier muss man sich wohl überraschen lassen, was die Autoren für ihn in petto haben.
Fazit
Sowohl die Entwicklung bei Dexter und Deb, als auch die Storyline mit Dexter und Dr. Vogel funktioniert bisher sehr gut. Die Reise in Dexters Vergangenheit ist gut geglückt und die Interaktionen zwischen ihm und Dr. Vogel sind sehr intensiv, sodass man an den Bildschirm gefesselt ist. Debs Entwicklung ist sehr vielversprechend und zeigt Dexter von einer ganz anderen Seite, die einen als Zuschauer selbst sehr mitnimmt. Hinzu kommen die großartigen Kameraeinstellungen, die der Story noch mehr Kraft verleihen und schon hat man eine weitere, fast perfekte "Dexter"-Episode. Was noch fehlt, ist das i-Tüpfelchen, da bisher nur der Grundstein dafür gelegt wurde.
Alex Olejnik - myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Every Silver Lining...Erstausstrahlung (US): 07.07.2013
Erstausstrahlung (DE): 05.05.2017
Regie: Michael C. Hall
Drehbuch: Manny Coto
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