Bewertung

Review: #8.10 Fehler der Vergangenheit

Foto: Michael C. Hall, Dexter - Copyright: Paramount Pictures
Michael C. Hall, Dexter
© Paramount Pictures

Bei einem Episodentitel wie #8.10 Goodbye Miami könnte man vermuten, dass Dexter und Hannah nun aufbrechen, um sich ein neues Leben aufzubauen. Doch Dexter muss vorher noch eine Sache zu Ende bringen, um friedlich aus Miami zu verschwinden. Er will Dr. Vogel vor ihrem Sohn retten, damit er sich keine Sorgen um sie machen muss. Die Jagd nach Oliver Saxon gerät jedoch ein wenig außer Kontrolle und durchkreuzt Dexters Pläne komplett, sodass der Abschied aus Miami verschoben wurde und am Ende ganz anders aussehen könnte.

"Hanging out with two serial killers. Doesn't get better than that."

Je näher das Serienfinale rückt, umso schwerer ist es, sich selbst vorzustellen, wie die Serie denn enden sollte. Es stehen so viele Möglichkeiten offen und man selbst kann sich nicht entscheiden, was man sich für Dexter wünscht. Sollte er mit Hannah glücklich werden? Sollte er sterben? Sollte er geschnappt werden? Was ist denn ein würdiges Finale für diesen Charakter? Zum Glück machen es einem die Autoren hier auch nicht einfach, denn bis zum jetzigen Zeitpunkt könnte immernoch alles passieren. Dafür muss man ihnen danken, denn auf diese Weise ist es viel spannender, die Geschehnisse zu verfolgen, als bereits zu wissen, in welche Richtung es gehen wird. Mit Dr. Vogels Tod hat man zumindest dafür gesorgt, dass Dexter sich höchstwahrscheinlich an Saxon rächen möchte. Die letzte Szene dieser Episode kam so überraschend und schnell, dass man sehr viele Gefühle in diesem Moment empfindet. Zum einen konnte man schon ahnen, dass Dr. Vogel in Gefahr ist und etwas passieren wird. Doch dass Saxon ihr plötzlich vor Dexters Augen die Kehle durchschneidet, war ein großer Schock. Ein Schock, der die komplette Episode über ausgeblieben ist und am Ende dafür umso tiefer sitzt. Das liegt jetzt nicht daran, dass man Dr. Vogel viel zu gern hatte und sie nicht sterben sehen möchte, sondern viel eher an Saxon und Dexter selbst.

Saxon war die gesamte Folge über einfach nur herrlich creepy. Sein Gesichtsausdruck, sein Psychoblick, sein Verhalten - all das sorgte für Gänsehaut, weil man sich hier näher mit einem Psychopathen beschäftigt, der einem unter die Haut geht. Es deutete zwar die ganze Zeit darauf hin, dass er seine Mutter umbringen wird, aber dass er es dann auf diese Weise macht, war erschreckend. Hier sind keinerlei Emotionen im Spiel, außer vielleicht die Wut, die er auf seine Mutter hat, weil sie sich für Dexter entscheidet. Doch auch diese Wut ist kaum spürbar, denn Saxon hat konstant den gleichen Blick drauf und macht einen als Zuschauer damit einfach nur wahnsinnig. Das war eine großartige Leistung von Darri Ingolfsson, der hier wohl einen Award für Creepyness bekommen sollte. Die Frage ist jetzt nur, welches Ziel er hat. Er könnte hinter Dexter her sein, er könnte hinter seiner Familie her sein oder er könnte Dexters Geheimnis verraten. Es gibt sehr viele Möglichkeiten und am Ende wird es wohl nicht gut ausgehen. Dafür ist Saxons Charakter zu gut aufgebaut worden. Erst der nette Freund der Nachbarin, dessen Existenz man nicht wahrgenommen hat. Dann der Killer, der sich in Dexters Leben einmischt und am Ende dann der Mann, der herzlos seiner Mutter die Kehle durchschneidet. Hier sieht man, wie gefährlich er ist und dass die nächsten Folgen nicht einfach für Dexter sein werden. Doch genau diese Gefahr macht es so spannend und die Vorfreude auf das Ende ist groß - gerade eben, weil man nicht sagen kann, was letztlich passieren wird.

Doch nicht nur Saxon war ein großes Highlight dieser Folge, auch Dexter hat mit vielen Szenen punkten können. Anfangs war noch nicht ganz verständlich, was er überhaupt will. Will er mit Hannah ein neues Leben haben? Will er Dr. Vogel retten? Man kommt bei seinen Entscheidungen nicht hinterher und genau dieses Durcheinander spiegelt den Charakter Dexter wunderbar wider. Zum einen will er wirklich nur mit Hannah verschwinden, ganz besonders, als Deputy Marshal Clayton den beiden auf die Schliche kommt. Dann wiederum hat er das große Bedürfnis, Dr. Vogel retten zu müssen, obwohl es ihm auch egal sein könnte. Man hat deutlich gemerkt, dass Dexter sich verändert hat und tatsächliche Gefühle empfinden kann. Somit hätte er sich auch einfach für Hannah entscheiden können. Doch die Szene am Ende der Folge zeigt, warum er es nicht getan hat. Dr. Vogel ist für Dexter ein sehr wichtiger Mensch geworden. Sie ist wie seine Mutter, die auf ihn aufgepasst hat, obwohl er es nicht wusste. Sie ist dafür zuständig, dass er so geworden ist, wie er ist. Und wie Harry so schön gesagt hat, Dexter hatte etwas zu verlieren. Genau das sieht man in der letzten Szene wunderbar. Dexter verliert einen geliebten Menschen, seine Lehrerin, seine Mutter. Michael C. Hall kann diese letzten Minuten großartig darstellen, denn man sieht ihm die Mischung seiner Gefühle perfekt an. Sei es Trauer, Wut, Verzweiflung, Schock oder Hilflosigkeit - alles ist hier vertreten und es schmerzt einen selbst, dass Dexter diesen Verlust hinnehmen muss. Das liegt aber wie bereits erwähnt nicht an Dr. Vogel selbst, sondern an Dexter, den man über die Jahre ins Herz geschlossen hat und dem man nicht Böses wünscht.

"I want to be your mother again. I'll do whatever it takes."

Neben Dexters Hin und Her und dem großartigen Psychopathen Saxon hatte die Folge jedoch einige Schwierigkeiten. Zum einen wäre da Dr. Vogel selbst, die mit ihrem Verhalten ein wenig auf die Nerven ging. Man kann sich zwar gut vorstellen, dass sie Schuldgefühle hat und ihre Fehler wieder gut machen möchte. Doch dass sie so blind gegenüber Saxon ist, ist nicht wirklich verständlich. Sie müsste doch wissen, dass er sich nicht erneut einweisen lassen möchte und dass sie mit ihren Worten nur Schlimmes anrichtet. Deshalb ist es schwer, im Laufe der Folge mit ihr mitzufühlen. Dasselbe betrifft ihren Tod. Hier war es tatsächlich nur Dexter, mit dem man trauert.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Beziehung zwischen Dexter und Debra. Es ist wirklich sehr schade, dass man die starke Chemie, die die beiden in der siebten Staffel und zu Beginn dieser Staffel hatten, einfach in den Hintergrund stellt. Das Besondere dieser Beziehung ist komplett verschwunden und es ist so, als ob nichts zwischen den beiden vorgefallen wäre. Dexter will sein Leben leben, Deb hat Schwierigkeiten damit, aber auch nur, weil sie dann alleine da steht. All die Probleme, die die beiden hatten, existieren plötzlich nicht mehr. Debs Schwierigkeiten, dass sie in einen Serienmörder und ihren Bruder verliebt ist, sind weg. Ebenso wie ihre Probleme, dass sie jetzt zurück zum Miami Metro kehrt, obwohl sie Laguerta erschossen hat. All diese Punkte fühlen sich an, als ob sie vor einer Ewigkeit passiert wären und jetzt keine Erwähnung mehr wert sind. Bei Dexters und Debras Gespräch hatte man das Gefühl, dass hier zwei Geschwister Abschied voneinander nehmen, wie es eben normal der Fall wäre. Doch das ist es nicht. Das hier sind immerhin Dexter und Debra und zwischen ihnen steht so viel, aus dem man noch guten Stoff machen könnte.

Doch irgendwie sehen die Autoren das noch nicht und lassen Deb stattdessen wieder mit Quinn zusammenkommen. Ich bin zwar ein Fan der beiden und ich bin sehr froh, dass die Beziehung zwischen Quinn und Jamie vorbei ist, aber der Aufbau zwischen Quinn und Deb fühlte sich übereilt und falsch an. Vor ein paar Monaten war sie in ihren Bruder verliebt und ist dadurch nicht mehr mit ihrem Leben klar gekommen. Und nun hat sie immer noch Gefühle für Quinn und alles ist gut? Das kann ich einfach nicht hinnehmen. Das ging viel zu schnell und hat viel zu viele Faktoren auf der Strecke gelassen. Hoffentlich lässt man das zwischen Dexter und Deb nicht einfach so stehen und sie wird jetzt glücklich mit Quinn, denn das wäre nach den letzten Staffeln "Dexter" einfach nicht richtig.

"You're trying to live in two different worlds, and it's got you paralyzed."

Neben diesen Kritikpunkten gibt es aber auch noch eine Entwicklung, die Potenzial hat und das ist Deputy Marshal Clayton. Er tauchte aus dem Nichts auf und stellt jetzt plötzlich eine viel größere Gefahr dar, als gedacht. All seine Informationen führen in die richtige Richtung und er könnte für Dexter die große Überraschung werden. Schließlich weiß er jetzt, dass Dexter das Land verlassen will, dass Hannah in seiner Nähe ist und dass sie womöglich noch zusammen sind. Nach diesen Informationen wird er nicht einfach aufgeben, sondern weiterforschen, bis er das bekommt, was er will. Hannah befindet sich in großer Gefahr und die Neugier, wie man diese Handlung auflöst, ist riesengroß. Wird sie auch jemand sein, den Dexter verliert? Wird er am Ende alleine sein? Wird er die Gefahr aus dem Weg räumen, obwohl er genug um die Ohren hat? All das sind Möglichkeiten, die ein sehr packendes und ereignisreiches Finale versprechen.

Was hier besonders gut überzeugen konnte, war der Fokus auf Dexter. Obwohl Hannah die Gesuchte ist, stellt man sie dabei nicht in den Vordergrund, sondern konzentriert sich auf Dexter und die Auswirkungen auf ihn. Wie würde er wohl auf Hannahs Verschwinden reagieren? Wie würde er den Verlust überstehen? Wird er wirklich glücklich, wenn er mit ihr verschwindet und sich ein neues Leben aufbaut? Hannah ist zwar die gesamte Zeit präsent, aber man nimmt sehr wenig von ihr wahr, weil man sich auf Dexter selbst und die Auswirkungen auf ihn konzentriert - und das ist auch gut so! Ich mag Hannah mittlerweile sehr, weil sie Dexter gut tut, doch am Ende wird mich nur sein Ende und nicht ihr Ende interessieren. Deshalb gelingt es den Autoren sehr gut, Hannah trotz ihres Daseins in den Hintergrund zu rücken.

Randnotizen

  • Wen interessiert es, dass Masukas Tochter Niki Marihuana raucht?
  • Die Erleichterung, dass die Beziehung von Jamie und Quinn endlich ein Ende nimmt, war so groß, dass mir doch tatsächlich ein Freudenschrei entwischt ist.
  • Ich möchte bitte EIN Kind sehen, das sich so ruhig verhält, nachdem es ein aufgeplatztes Kinn hat und ohne Ende blutet. Das war dann doch ein wenig zu viel des Guten.

Fazit

Nur noch zwei Episoden bis zum Serienfinale und momentan ist noch alles offen. Die Ungewissheit über das Ende ist wohl das größte Geschenk, das uns die Autoren in dieser Staffel geben können, denn auf diese Weise könnte sich "Dexter" vielleicht doch noch mit einem Knall verabschieden, auch wenn es einige Tiefen gab. Bis dahin kann Michael C. Halls Leistung gerne weiterhin begeistern, Saxon als Psychopath für Gänsehaut sorgen und Claytons Dasein ein ungutes Gefühl hinterlassen. Nur der Fokus auf Dexter und Deb sollte unbedingt in den nächsten beiden Folgen wieder zunehmen, da es doch das ist, was in der letzten Staffel so überzeugt hat.

Alex Olejnik - myFanbase

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