Bewertung

Review: #2.09 Los Muertos

Foto: Frank Dillane & Alycia Debnam-Carey, Fear the Walking Dead - Copyright: 2016 AMC
Frank Dillane & Alycia Debnam-Carey, Fear the Walking Dead
© 2016 AMC

Die zweite Episode nach der Zersplitterung der Gruppe steht an und dieses Mal bekommen wir immer zwei Teilgeschichten präsentiert, die es beide in sich, aber auch ihre Fehlerchen haben.

"Dem Tod entspringen wir und dem Tod händigen wir uns aus."

Nick bekommt ein wenig über die Strukturen, vor allem den Glauben der Gruppe mit und da gibt es doch ein paar interessante Erkenntnisse. Zum einen glauben sie, dass die Welt sich gerade reinigt und sie zu den Überlebenden gehören sollen. Das ist wahrscheinlich eine ganz gute Strategie, denn was soll man sonst glauben. Etwas spannender ist die Zweckbeziehung, die sie zu einer Gruppe Infizierter halten, von denen sie sich Schutz versprechen und sie daher mit Opfergaben bei Laune halten wollen. Das erinnert schon sehr an die Opfergaben für die Götter, damit man eine gute Ernte hat, den Krieg gewinnt oder sonst irgendeinen Vorteil bekommt. Ich finde ja, dass man den Infizierten hier einen sehr aktiven Part zuordnet, der ihnen so etwas wie Planung, Weitsicht und Kalkül zuschreibt. Dabei würde ja schon ein bisschen Lärm helfen, um sie immer wieder in der Nähe zu halten.

Die Idee, dass die Infizierten eine Art Schutzwall darstellen, sodass die Gruppe geschützt ist, gefällt mir auch sehr gut. Hier nutzt man die tödlichen Eigenschaften für die eigenen Zwecke. Allerdings hat man das in der Darstellung offenbar gar nicht konsequent durchgehalten. Der Weg hinaus wurde noch ausführlich gezeigt. Wie Nick und Luciana dann aber mit all den Waren wieder zurück gekommen sind, hat man weggelassen. Man sieht im Hintergrund nur ein sich schließendes Tor, was die Frage hinterlässt, warum man diesen gefährlichen Weg durch den Bus gehen musste, wenn man auch auf der Straße einen einzelnen Infizierten zum "Eincremen" benutzen könnte. Das wird hoffentlich in den nächsten Episoden noch deutlicher. Außerdem ist das auch nicht die sicherste Lösung, denn man kann die Infizierten schließlich auch zum Gegner bekommen.

"Niemand würde dich vermissen."

Auch nicht schlecht war das besetzte Einkaufszentrum als eine Art zentraler Marktplatz, bei dem man Waren gegen andere Dinge wie beispielsweise Medikamente tauschen kann. Nahrung ist in Zeiten der Apokalypse ja erst mal pures Gold. Die Besetzer haben auf jeden Fall eine sehr gute Verhandlungsposition, wobei ich auch glaube, dass dieses Geschäft nicht wirklich lange funktionieren kann, weil schließlich auch irgendwann alles alle ist. Insofern ist es wohl auch spannend, inwieweit Nicks erneuter Hang zur Überschreitung von Grenzen noch ein echtes Problem darstellen wird. Allerdings verstehe ich auch nicht, warum die Kekse nicht noch irgendwie in den Korb gepasst hätten, zumal seine Absichten sehr ehrenhaft waren. Das ist auch wieder so eine Kleinigkeit, die nicht ganz stimmig ist. Immerhin war Nick wieder so clever und hat die Situation gut beobachtet, um sich in eine günstige Verhandlungsposition zu navigieren. Man muss schon zugeben, dass er doch sehr geschickt ist. Am Ende bleibt viel Wasser auf der positiven und viel Aufmerksamkeit auf der negativen Seite. Die Aktion von Nick sollte noch ein Nachspiel haben, auf welches ich mich schon freue. Trotzdem bleibt noch ein kleiner Nachgeschmack. Eigentlich verstehe ich nicht, warum Luciana Nick hilft. Eigentlich kann sie auch auf ihn verzichten, wenn er solche idiotischen Dinge abzieht, dass hat sie ihm ja zu Beginn auch deutlich gemacht. Naja.

"Alles hätte passieren können."

Nachdem Madison sich überzeugen lassen konnte, dass die Suche nach Travis und Chris hoffnungslos ist, müssen sie alle zusammen feststellen, dass ihr Boot weg ist und keine Zuflucht mehr liefert. Also quartieren sie sich in einem Hotel ein, welches sich aber nicht als Jackpot für Schutz und Nahrungsmittel herausstellt. Im Prinzip ist alles geplündert. Victor, Madison, Alicia und Ofelia versuchen das Beste aus der Situation zu machen, allerdings jeder auf seine Weise. Während Alicia und Ofelia die Hotelzimmer durchsuchen und wenigstens mal duschen gehen, entscheiden sich Strand und Madison für die Bar und saufen sich einen an. Es ist wohl eine Mischung aus dem Wunsch nach Normalität und Verzweiflung aufgrund der Aussichtslosigkeit der Situation, die das kleine Saufgelage rechtfertigt. Ein bisschen sehr naiv ist es allerdings auch. Immerhin erfahren wir viel über Madisons Verhältnis zu Nick und das sein Vater bei einem wohl selbst verschuldeten Autounfall ums Leben gekommen ist. Während Nick also wieder die Gefahr sucht und vor nichts zurückschreckt, erfahren wir, dass Madison sich Vorwürfe macht, nicht für ihn da gewesen zu sein, ihn gleichsam nie verstanden zu haben. Die ehrlichen Momente zwischen Strand und Madison sind wirklich gelungen. Man spürt eine Art Chemie zwischen den beiden, wobei ich auf keinen Fall so weit gehen würde, dass sie unter anderen Umständen ein Paar werden könnten. Ich hoffe sehr, dass Strands hypothetische Aussagen, die schon wie eine Anmache zu deuten waren, nicht noch Folgen haben werden. So eine Liebesgeschichte brauche ich gerade nicht. Was ich mir aber vorstellen kann, ist, dass Strand sich irgendwann für Madison opfern wird. Das Ende der Episode würde ihm schon mal eine Möglichkeit geben. Der Cliffhanger ist ziemlich ungemütlich. Die Lage ist aussichtslos, aber das war ja noch nie ein Problem für die Macher der Geschichte. Für mich stellt sich eigentlich nur noch die Frage, wo eigentlich die Gruppe ist, die vorher im Hotel offenbar ganz gut strukturiert gewohnt hat. Sind sie noch in der Nähe, ein Hotel weiter? Oder sind sie schon so lange weiter gezogen, dass man sich damit gar nicht weiter beschäftigen muss? Auch das wird uns vielleicht die nächste Woche zeigen, wobei der Cliffhanger nach "The Walking Dead"-Art nun auch bedeuten könnte, dass wir erst mal eine Episode mit Travis und Chris zu sehen bekommen.

"Wenn wir den Glauben verlieren, sind wir tot."

Ein paar Worte muss ich noch über Alicia loswerden, die sich echt gemacht hat. Zu Beginn der Serie befürchtete ich, dass Alicia die pubertierende, verzogene Göre ist, die sich nur um sich kümmert und nicht wirklich versteht, was hier vor sich geht. Inzwischen halte ich sie für einen starken, gefestigten Charakter, der seine Meinung sagt, verteidigt und vor allem nicht die Hoffnung aufgibt. Sie sucht sich kleine positive Momente, scheint das richtige Maß zu haben und denkt auch noch klar (etwas, was sie Chris voraus hat). Ich bin sehr gespannt, wie sich sich im Rest der zweiten Staffel noch weiter entwickelt. Ofelia hingegen ist eher verzweifelt, was in Anbetracht der Tatsache, inzwischen beiden Eltern verloren zu haben, sehr verständlich ist. Warum sie so gemein ist und Alicia einfach alleine lässt (ohne Notiz), kann ich aber nicht erklären. Jedenfalls müsste sie wissen, dass Alicia sie suchen wird und sich dabei auch in Gefahr begeben könnte, deswegen finde ich es auch enorm schwach von ihr.

"Ich muss es nicht glauben, ich habe es gesehen."

Zu guter Letzt noch ein weiterer, interessanter Aspekt. Alejandro, der Apotheker, soll von einem Infizierten gebissen worden sein, hat sich aber nicht selbst infiziert. Luciana könne das bezeugen. Das wäre auf jeden Fall sehr skurril und würde sehr viele Fragen aufwerfen. Den kurzen Blick, den man von der Wunde erhaschen konnte, überzeugt allerdings nicht. Für mich hat das alles auch eher etwas Sektenhaftes. Alejandro ist der Messias, es gibt mit Luciana eine wichtige Person, die seine Thesen stützt und Zeugin ist und schwupps stehen da alle versammelt und sprechen im Chor. Die Gruppendynamik bringt sogar Nick dazu, mit einzusetzen. Könnte Alejandro nicht einfach noch mal gebissen werden, um zu beweisen, wie auserwählt er ist?

Fazit

Diese Episode von "Fear the Walking Dead" macht durch viele kleine Details einige Fortschritte, kann aber auch nicht wirklich überzeugen, weil es kleinere Dinge gibt, deren Lösung umständlich oder nicht zu Ende gedacht wurde. Insofern kommt man wieder nur auf sechs Punkte, die noch wohlwollend sind.

Emil Groth - myFanbase

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