Bewertung
Michael Lehmann

40 Tage und 40 Nächte

Gibt es noch eine amerikanische Komödie, also einen Film, der die Lachmuskeln strapazieren kann? Mal sehen, dachte ich (mit einigen Vorbehalten und den Ärger einkalkulierend in Erwartung einer Teenie-Sitcom), was Michael Lehmann (»My Giant«, 1998, mit Billy Crystal und Kathleen Quinlan) in dieser Hinsicht zu Wege bringt.

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Inhalt

Matt Sullivan (Josh Hartnett) trauert – seit einem halben Jahr trauert er seiner Ex-Freundin Nicole (Vinessa Shaw) hinterher, die inzwischen von einem gelackten Anzugtypen geangelt wurde. Matt macht der Sex nicht nur keinen richtigen Spaß mehr. Sobald er – der nun wahrlich mehr als gut aussieht – mit einem der ihm massenhaft zur Verfügung stehenden jungen Frauen schläft, phantasiert er eine aufreißende Zimmerdecke und ein schwarzes Loch. Und zu allem Überfluss muss ihm dann der Bagel-Verkäufer (dessen Namen wir nicht erfahren, Michael C. Maronna) auch noch von Nicole und ihrer Verlobung erzählen: »Sie ist so heiß, da brauchst du eine von diesen Sonnenfinsternis-Brillen, damit du dir nicht die Augen verletzt, wenn du sie anschaust.«

Jetzt reicht's. Matt geht zu seinem Bruder John (Adam Trese), dem angehenden Priester, in die Beichte. Doch der versteht ihn anscheinend überhaupt nicht. Warum Matt denn immer nur Sex im Kopf habe. Habe er doch gar nicht. Im Gegenteil: Er wolle endlich Nicole vergessen und daher sei er auf die Idee gekommen, die gerade beginnende Fastenzeit zu nutzen und ein Gelübde abzulegen: 40 Tage und Nächte keinen Sex, keine Masturbation, nicht einmal Streicheln, oder gar Kratzen oder sonst irgend etwas. John ist platt und ungläubig. Das schaffe er sowieso nicht. Doch Matt ist entschlossen.

Auch Zimmerkollege Ryan (Paulo Costanzo) kann es nicht fassen und erklärt Matt zum absoluten Spinner. Ja, und dann trifft Matt zu allem Überfluss im Waschsalon auch noch auf die mehr als hübsche und sympathische Erica Sutton (Shannyn Sossamon), die ihn um eine Zeitschrift und Waschpulver bittet. Matt ist im wahrsten Sinn des Wortes sprachlos, vor allem weil Erica ihn am nächsten Donnerstag wieder im Waschsalon sehen möchte. Matt kämpft.

Womit er allerdings nicht gerechnet hat, ist, dass der verdammte Ryan sein Geheimnis den Arbeitskollegen und Bekannten weitererzählt. Die haben inzwischen eine Website eingerichtet - extra für Matt, oder genauer: für ihre Wetten, ob er es schafft oder nicht. Matt ist entsetzt, aber was soll er machen?

Er trifft sich wieder mit Erica. Als er sie nach Hause bringt und sie ihn küssen will, schreckt er zurück. Einige seiner Bekannten wollen ihm zudem übel mitspielen und setzen Mädchen auf Matt an. Doch der widersteht allen Versuchungen - und platzt bald vor lauter Gelübde.

Erica erfährt über Dritte von Matts Gelübde und ist enttäuscht. Warum hat er ihr nichts erzählt? Warum macht er das überhaupt? Und zu allem Überfluss mischt sich dann auch noch Nicole ein, deren geschniegelter Freund sie verlassen hat ...

Kritik

Alles klar? Eine typische Teenie-Komödie mit Josh Hartnett, dem wahrscheinlich nur wenige widerstehen können, und Shannyn Sossamon, für die ähnliches gilt. Um ganz ehrlich zu sein: Ich habe nicht nur an einigen Stellen geschmunzelt, sondern - pubertär wie ich offenbar noch immer bin – laut gelacht.

Sicherlich, die Geschichte ist - mal abgesehen von der einigermaßen originellen Idee - nicht immer logisch. Zum Beispiel: Warum trauert Matt der zickigen und verschlagenen, egoistischen und reichlich naiven Nicole nach?

Andererseits: Michael Lehmann benutzt Komik, um menschliche (vor allem: männliche) Schwächen offenzulegen. Wenn es heißt, Männer würden alle zwei Minuten an Sex denken, so denken die Männer in diesem Streifen ungefähr alle zwei Sekunden daran, also immer. Sie werden regelrecht von ihren Genitalien regiert und meinen, die gesamte weibliche Spezies stünde ihnen Tag und Nacht zur Verfügung. Lehmann übertreibt das alles bewusst, indem er Josh Hartnett zusätzlich in die Finsternis schickt: das Keuschheitsgelübde. Und zu den besten Szenen dieses Films zählt jene, in der Matt und John bei den Eltern essen, der Vater von seinem künstlichen Hüftgelenk erzählt und im Detail anhand von Zeichnungen (aufgebaut wie eine Betriebsanleitung) erläutert, welche Stellungen er mit der neuen Errungenschaft noch hinbekommt.

Oder: Wenn Ryan von den anderen Boys beauftragt wird, Matt zu überprüfen, ob er nicht etwa onaniert hat. Er checkt Matts Bett mit einer Ultraviolett-Lampe nach Sperma ab.

Was regiert die Welt? Macht, Geld und Sex. Wie versuchen wir, alle drei zu kontrollieren? Mit Demokratie respektive Widerstand, Solidarität und Triebsublimierung. Geld und Macht spielen bei Lehmann keine Rolle. Die Beteiligten haben genug zum Leben vom ersteren und Macht scheint in ihrem Leben keine Rolle zu spielen. Doch halt. Zur Hintertür kommen beide wieder herein. Es wird auf Matt gewettet, und das nicht zu knapp. Und einige Jungens versuchen ihn vor Ablauf der 40 Tage und Nächte zu überrumpeln: Man setzt reizende Kolleginnen auf ihn an und löst Viagra in seinem Saft auf, den dann allerdings ein anderer trinkt. Und auch Triebsublimierung muss erzwungen werden: ausgerechnet durch ein kirchliches Gelübde.

Lehmanns Komödie – Teenie hin oder her – ist eine stellenweise gelungene Satire auf Sex- Besessenheit. Dass er dabei realistische Bezüge in den Beziehungen der beteiligten Personen fast gänzlich ausblendet, zeugt zum einen von der Konzentration auf die Geschichte selbst, zum anderen aber auch von begrenzten Sichtweise des Drehbuchs in bezug auf die sozialen Netze und deren Strickmuster, die »so etwas« erst möglich zu machen scheinen. Lediglich Shannyn Sossamon scheint da eine Ausnahme zu sein. Sie besteht auf Ehrlichkeit, wirklicher Zuneigung. So sagt sie: Wenn man sich das erste Mal küsst, dann weiß man, ob man richtig liegt, sprich: nicht wenn man das erste Mal miteinander schläft. Doch die Konfrontation der geilen Jungmännerwelt mit der Welt der Liebe Ericas ist allzu plakativ und simpel, als dass sie wirklich ernst genommen werden könnte. Lediglich Shannyn Sossamons intelligentes und attraktives Spiel der Rolle der Erica trägt dazu bei, dass dieser Kontrast nicht in Peinlichkeit erstarrt.

Josh Hartnett ist jetzt zumindest weg von seinem »Pearl Harbor«-Image; auch ganz gut.

Fazit

Im Vergleich zu anderen Sex-Sitcoms dieser Art ist »40 Tage und 40 Nächte« nicht so dämlich, nicht so flach in den Dialogen und nicht so trivial im Plot. Ein Muss für Twens und Teenies, die müssen, aber auch für Erwachsene, die an so was ab und an Spaß haben. Alle anderen sollten lieber daheim bleiben.

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Nicole Brandt - myFanbase
16.11.2004

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