Bewertung
M. Night Shyamalan

Village, The - Das Dorf

Covington ist ein kleines Dorf aus dem 19. Jahrhundert, in dem die Menschen friedvoll miteinander leben. Es gibt nur eine Regel: niemand darf jemals in den anliegenden Wald gehen...

Foto: Copyright: Walt Disney Studios Motion Pictures Germany
© Walt Disney Studios Motion Pictures Germany

Inhalt

Die Bewohner des puritanischen Dorfes leben in striktem Abkommen mit den Wesen, die im anliegenden Wald ihr Dasein fristen. Die Grenze zwischen dem Lebensraum der Einwohner und „Derer, von denen wir nicht reden“ muss geachtet werden.

Als nach einem krankheitsbedingten Todesfalls der junge Lucius (Joaquin Phoenix) die Dorfältesten um seine Mutter Alice Hunt (Sigourney Weaver) und Lehrer Edward Walker (William Hurt) um Erlaubnis bittet, das Dorf verlassen und durch den Wald in die Städte gehen zu dürfen, um Medikamente zu holen, scheint das friedvolle Leben beendet. Denn auch nachdem Lucius mehrmals gewarnt wurde, überschreitet er die Grenze, worauf die Wesen nach langer Zeit wieder das Dorf betreten. Eine doppelte Last für den wortkargen Handwerker Lucius, denn nicht nur fühlt er sich für das Geschehen verantwortlich, er fürchtet vor allem um die Sicherheit seiner heimlichen Liebe, Walkers blinder Tochter Ivy (großartig: Bryce Dallas Howard, Tochter des Regisseurs Ron Howard). Eine wunderschöne, zarte Liebesgeschichte umspannt sich um die beiden. Als das Dorf schließlich von einem unerwarteten Verbrechen heimgesucht wird, ist es Ivy, die sich auf den Weg durch den mysteriösen Wald macht.

Was ist das für eine Gemeinschaft, die im gegenseitigen Friedensabkommen mit bedrohlichen Waldbewohnern lebt? Die Wesen sind Bestandteil ihres Lebens. Schon in der Schule wird den Kindern das Wesentliche über die Kreaturen beigebracht. Die Akzeptanz und die Angst sind Teil der Erziehung. Der Shyamalan-übliche Plot-Twist erfolgt relativ rasch und die Bedeutung ist gravierend. Schlagartig findet man sich als Zuschauer mit unzähligen Gedanken konfrontiert. Die selbst auferlegte Isolation der Covington-Einwohner, der inzwischen verallgemeinernde Begriff der „towns“, von denen stets in der Plural-Form gesprochen wird, wodurch das bedrohliche Unbekannte abstrahiert wird, das Weiterreichen der Angst von einer Generation zur nächsten…und die im Film so wunderbar auf den Punkt gebrachte Erkenntnis, dass Schmerz und Leid nun einmal zum Leben gehören. Die Grausamkeit, welche ebenso wie Freude und Glück Bestandteil dieser Welt ist, lässt sich nicht aussperren. Der Irrglaube, man könne seine Kinder vor Schmerz bewahren, wird spätestens bei der Beerdigung von August Nicholsons (Brendan Gleeson) Sohn zu Beginn des Films nichtig und das Verbrechen, das durch den eifersüchtigen, geistig zurückgebliebenen Noah (Adrien Brody) an Lucius verübt wird, zwingt die Bewohner, ihre modifizierte Lebensweise und Einstellung zu überdenken. Das Dorf, das durch seinen einfachen, bedürfnislosen Charakter (Geld ist hier ein Fremdwort) doch einen Ort der Unschuld darstellen sollte, ist „beschmutzt“ worden.

Ivy entwickelt sich zur Schlüsselfigur, nicht nur, weil sie für die Liebe einen beschwerlichen Weg auf sich nimmt, ihre Begegnung mit der Außenwelt erzeugt eine völlig neue Perspektive. Shyamalan gelingt ein intelligenter Aha-Effekt, der sich für den Zuschauer wie ein Schlag ins Gesicht anfühlt. Wie verzweifelt, verletzt, enttäuscht können Menschen sein, dass sie auf eine solche Weise Schutz suchen.

Umso bedeutungsvoller, dass es die nächste Generation um Ivy und Lucius ist, die die Grenze nicht mehr länger akzeptieren will, sondern zum Wohle der Gemeinschaft, und wenn es nötig ist, die Regel des Nicht-Betretens des Waldes außer Acht lassen will. Die Kinder als Zukunft des Dorfes. Wie weit darf man sie einschränken? Was ist noch ethisch vertretbar?

Die Liebe zwischen Ivy und Lucius jedenfalls kennt keine Einschränkung durch Monster im Wald oder innerdorfliches Unglück. Shyamalan erzählt diese Liebesgeschichte mit wunderbaren Gesten, Worten und Bildern und viel Zartheit. Bryce Dallas Howard und Joaquin Phoenix spielen als unschuldige, zarte Lehrertochter mit Vorliebe für burschikoses Handeln und introvertierter, lakonischer Handwerker im wahrsten Sinne zum Verlieben schön. Und spätestens seit dem gleichermaßen reservierten Inman in „Cold Mountain“ weiß man, dass in den wortkargen Menschen meist die romantischsten Seelen schlummern, wobei uns „The Village“ die wohl romantischste Liebeserklärung der Filmgeschichte beschert.

Kritik

Dass Shyamalan nicht nur ein großartiger Geschichtenerzähler ist, sondern auch magische Filmmomente zu schaffen weiß, zeigt er mit der auch handwerklich perfekt in Szene gesetzten Liebesgeschichte, wie etwa in der wunderschönen Sequenz, in der Lucius beim ersten Angriff der Wesen Ivys Hand ergreift, sie in Zeitlupe und unterlegt mit wunderschöner Musik ins Haus zieht und sie die ganze Zeit über nicht loslässt. Die Hände spielen eine tragende Rolle. Ein fester Halt inmitten von Angst und Verwirrung. Ivy tastet in der Dunkelheit, Lucius ergreift ihre Hand. Als bei der Hochzeit ihrer Schwester Kitty (Judy Greer) auf einmal aufgrund der Wald-Wesen Unruhe aufkommt, tastet sich Ivy in dem allgemeinen Durcheinander vor bis Lucius ihre Hand ergreift. Solch kostbare Momente machen die Lucius/Ivy-Beziehung so wunderbar und zeigen ihre Signifikanz, wenn letztlich die Liebe als treibende Kraft fungiert und die Grenzen des Dorfes überschritten werden müssen.

Die Atmosphäre von „The Village“ ist beeindruckend und zeigt sich vor allem in jenen nächtlichen Sequenzen, in denen Fackeln den Waldrand beleuchten und die Wachtposten auf ihren Türmen unheimliche Geräusche hören. Überhaupt spielt die bei Shyamalan übliche Farbbedeutung auch hier wieder eine Rolle, etwa wenn die Farbe Rot die Monster aus dem Wald anzieht, die Menschen aus dem Dorf demgegenüber in der Nähe des Waldes gelbe Umhänge zum Schutz tragen, oder wenn Ivy einen Menschen an dessen Farbaura erkennt.

James Newton Howards ergreifende, von der Violine dominierte Musik unterstützt die poetische Inszenierung, bei der am Ende überraschenderweise auf einen moralischen Denkzettel verzichtet wird.

Britta - myFanbase
27.03.2005

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