Bewertung
Uli Edel

Baader Meinhof Komplex, Der

... wenn das Wort zum Widerstand nicht reicht.

Foto:

Inhalt

Es ist eine wahre Geschichte. Heute ist der Baader-Meinhof-Komplex und die RAF (Rote Armee Fraktion) ein Mythos, früher war es ein Kampf um soziale Gerechtigkeit. Wir schreiben das Jahr 1967. Ulrike Meinhof (Martina Gedeck) ist eine Journalistin, die ihre Stimme nutzt, um soziale Missstände in Deutschland und der Welt anzuprangern. Im Zuge ihrer Recherchen lernt sie Gudrun Ensslin (Johanna Wokalek) und Andreas Baader (Moritz Bleibtreu) kennen. Als sie merkt, dass das Wort nicht mehr ausreicht, um bei den Menschen das Bewusstsein für soziale Ungerechtigkeit zu wecken, greift sie zur Waffe. Kurz darauf beteiligt sie sich an der Befreiung Baaders aus dem Gefängnis. Die RAF ist geboren.

Ensslin, Baader, Meinhof und andere RAF-Mitglieder flüchten in den Jemen und erhalten dort eine Kampfausbildung. Die RAF kehrt nach Deutschland in den Untergrund zurück und versucht nun mit radikaleren Methoden ihren Unmut auszudrücken. Sie verüben einige Banküberfälle, um gegen den Kapitalismus zu demonstrieren und bekennen sich zu Bombenanschlägen auf deutsche Institutionen, Polizeiquartiere und den Axel-Springer-Verlag. Als aber zu viele Zivilopfer beklagt werden, dreht sich die öffentliche Meinung gegen die Gruppe und viele der RAF-Mitglieder werden verhaftet. So auch die Köpfe Baader, Meinhof, Ensslin, Raspe und andere, doch nicht einmal das Gefängnis kann eine Gruppe wie die RAF aufhalten. Sie haben sich ihrer Sache verschrieben - bis zum Tod.

Kritik

Der Regisseur Uli Edel schafft mit diesem Film ein Stück Zeitgeschichte auf die Leinwand. Der Mythos um die Baader-Meinhof-Gruppe und die RAF ist genauso legendär wie jener über Che Guevara. Auf brutale und fesselnde Weise schafft es der Regisseur eine Geschichte zu erzählen, die Raum für eine Auseinandersetzung mit den Taten der RAF bietet, um so ihre Handlungen besser verstehen und verurteilen zu können. Nach dem Selbstmord von Baader, Ensslin und Raspe im Gefängnis richtet Brigitte Mohnhaupt ihr Wort noch einmal an die jungen und wütenden Anhänger der RAF und meint: "Ihr kanntet sie nicht, macht sie nicht zu jemanden, die sie nicht waren." Der Film ermöglicht es dem Zuseher, sich über die RAF-Terroristen und ihre Handlungen ein klares Bild zu verschaffen und lässt keinen Platz für Verherrlichung und Mythenbildung.

Historisch einwandfrei ist der Film allerdings nicht, denn einige Figuren sind fiktiv oder namentlich geändert worden. Dem Polizeipräsidenten Horst Herold wurde im Film ein Assistent zur Seite gestellt, um Dialoge und Gedanken besser darzustellen. Es kam auch nach dem Film zu medialem Aufruhr und der Rückgabe des Bundesverdienstkreuzes von Ignes Ponto - der Witwe des Bankiers Jürgen Ponto -, die damit gegen die verfälschte Darstellung der Ermordung ihres Mannes demonstriert. Trotz der Brutalität der RAF-Terroristen haben die Schauspieler ihre Rollen sehr gekonnt und überzeugend rübergebracht.

Martina Gedeck spielt eine verzweifelte und machtlose junge Journalistin, die die Welt gern ändern möchte und an diesem Vorhaben scheitert. Der Charakter der Ulrike Meinhof ist so gefühlvoll und authentisch dargestellt, dass man sogar Verständnis für den Charakter zeigt, obwohl sie für den Tod von vielen unschuldigen Menschen verantwortlich ist. Moritz Bleibtreu überzeugt in seiner Rolle als Andreas Baader und wird spätestens nach diesem Film – wenn nicht schon nach "Free Rainer" – in die deutsche Kinogeschichte eingehen. Den Charakter des wütenden, aggressiven und mächtigen Andreas Baader bringt Moritz Bleibtreu so gut rüber, dass dem Zuseher die Haare zu Berge stehen. Seine würdige Partnerin und Gefährtin findet Bleibtreu in Johanna Wokalek, die als Gudrun Ennslin in ihrer Gelassenheit und Brutalität die Zuseher fesselt.

Der Film ist der Realität so nahe, dass es manchmal Angst macht. Das liegt nicht nur an der wahren Geschichte, sondern vor allem an dem hervorragenden Schnitt. Die verschiedenen Einspielungen aus Nachrichtensendungen der 60er-Jahre, wie zum Beispiel jene aus dem Vietnamkrieg, verleihen dem Film eine Note, die dem Zuseher das Blut in den Adern gefrieren lässt. Durch die originelle Kameraführung wird dem Publikum ein anderer Blickwinkel ermöglicht, der Situationen auch ohne große Dialoge perfekt beschreibt.

Die Musikwahl ist gut und öffnet dem Kinobesucher ein Fenster in eine andere Zeit. Dies ist mitunter auch ein Grund, weshalb die zweieinhalb Stunden so schnell vergehen, dass man nach dem Kinobesuch noch ein bisschen Zeit braucht, um sich zu fassen und das Gesehene zu verarbeiten.

Fazit

Ein historisch wertvoller Film, der, obwohl nicht alles faktengetreu dargestellt wurde, den Zuseher zum Nachdenken über sinnlose Gewalt und politischen Widerstand bringt.

Maja Zaric - myFanbase
13.10.2008

Diskussion zu diesem Film