Bewertung
Peter Weir

Einzige Zeuge, Der

Eli Lapp: "Das ist nicht unser Weg."
John Book: "Vielleicht nicht eurer, aber meiner."

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Inhalt

Pennsylvania, 1985: Die junge Witwe Rachel (Kelly McGillis) und ihr kleiner Sohn Samuel (Lukas Haas) gehören zu den Amisch. Diese christliche Religionsgemeinschaft lehnt den technischen Fortschritt ab. Ihre Mitglieder führen ein Leben, wie vor Jahrhunderten. Sie benutzen Pferdevorwerke und verzichten auf Elektrizität, also auch auf Telefone, Radios oder Fernseher. Als überzeugte Pazifisten lehnen die Amischleute zudem jede Form von Gewalt ab und setzen sich selbst dann nicht zur Wehr, wenn sie angegriffen werden.

Auf dem Weg nach Baltimore, wo Rachels Schwester wohnt, kommt es zu einem furchtbaren Ereignis: Auf einer Bahnhofstoilette in Philadelphia wird Samuel zufälliger Zeuge eines Mordes. Bei dem Opfer handelte es um einen Polizisten - und Samuel identifiziert in Gegenwart des ermittelnden Detectivs John Book (Harrison Ford) auf einem Foto einen Kollegen (Danny Glover) als Täter. Als John daraufhin seine Informationen dem Falschen anvertraut, gerät er selbst in tödliche Gefahr. Bei den Amisch, deren Lebensweise ihm fremd ist, findet er vorerst Unterschlupf. Doch während Rachel und John einander zaghaft näher kommen, haben seine Gegner längst die Fährte aufgenommen...

Kritik

Packender Thriller, intelligentes Drama und sanfte Romanze. Dem Film gelingt das Kunststück, drei verschiedenen Genres scheinbar mühelos miteinander zu verweben. Seine Spannung bezieht "Der einzige Zeuge" dabei aus zwei zueinander parallel verlaufenden Handlungssträngen. Zum einen sind da die korrupt-skrupellosen Feinde Johns, die ihn und Samuel aufspüren und töten wollen. Wie der Abstand zwischen Verfolgern und Gejagten immer geringer wird, ist geschickt inszeniert, so dass man als Zuschauer gar nicht anders kann, als mitzufiebern.

Zum anderen sind da Rachel und ihre Gemeinschaft. Peter Weirs Werk erzählt nicht nur die Geschichte eines Verbrechens, sondern auch - und bereits allein das hebt "Der einzige Zeuge" inhaltlich über den Durchschnitt - von einem Zusammenprall der Kulturen. John und Rachel leben zwar im selben Land, doch es scheint, als kämen sie aus unterschiedlichen Universen. Er, der raubeinige Polizist, stammt aus der modernen Großstadt, trägt im Dienst eine Waffe und schlägt, wenn er wütend wird, auch schon mal zu. Sie, die bescheidende Amischfrau, lebt ohne elektrischen Strom, betet selbst vor dem Verzehr eines simplen Hot Dogs und fasst Johns Pistole mit einem solchen Ekel an, als handle es sich dabei um eine tote Ratte. Dennoch ist die aufkeimende Liebesgeschichte zwischen diesen beiden so unterschiedlichen Gemütern glaubwürdig und unaufdringlich dargestellt.

Überhaupt ist "unaufdringlich" das richtige Worte dafür, um zu beschreiben, wie Peter Weir und die Drehbuchautoren uns die Lebensart der Amischleute schildern. Zu keinem Zeitpunkt wird sie der Lächerlichkeit preisgeben. Diese sensible Erzählweise, in der auch nüchtern-kritische Töne vorkommen, trägt ihren Teil dazu bei, dass dem Film der Sprung zu einem sehr guten gelingt.

Etwas verwunderlich ist jedoch die Entscheidung, die Amisch in der Originalversion miteinander auf Hochdeutsch kommunizieren zu lassen. Pennsylvaniadeutsch dagegen, der Dialekt der wahren Amisch wird dagegen in "Der einzige Zeuge" weitaus seltener verwendet. Der Atmosphäre tut dies natürlich keinen Abbruch, doch weicht der Film hier von seinem sonstigem Authenzitätsanspruch ab.

Beeindruckende acht mal war "Der einzige Zeuge" für den Oscar nominiert, u. a. für den Besten Film. Am Ende gab es die begehrte Trophäe für das Beste Originaldrehbuch und den Besten Schnitt. Harrison Ford, den die meisten wohl in erster Linie mit seiner Rolle als Han Solo aus "Krieg der Sterne" oder der als Indiana Jones verbinden, erhielt hier für seine intensive spielerische Leistung die einzige Nominierung seiner bisherigen Karriere. Verdient hätte eine solche Ehre auch die tolle Kelly McGillis, die mit größter Hingabe die facettenreiche Figur der Rachel zum Leben erweckt. Eine weitere bemerkenswerte Leistung vollbringt der damals achtjährige Lukas Haas. Ihm nimmt man die Faszination über die Welt außerhalb der Amischsiedlung genauso ab, wie den tiefen Schock über die beobachtete Gewalttat.

In Nebenrollen überzeugen zudem Jan Rubes als Schwiegervater Rachels, Alexander Godunov als ihr Verehrer, Brent Jennings als Partner Johns sowie Danny Glover und Josef Sommer als dessen Feinde. Viggo Mortensen, der spätere Aragon, liefert sein Leinwanddebüt ab und hat einen Recht kurzen Auftritt als Amisch.

Fazit

Ein klasse Thriller, der auch auf eine kluge und unaufdringliche Weise vom Aufeinanderprall zweier gegensätzlicher Kulturen erzählt. Packend inszeniert und einfach großartig gespielt.

Maren Langos - myFanbase
02.11.2009

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