Doors, The: When You're Strange
"If the doors of perception were cleansed
everything would appear to man as it is: infinite."
(aus "The Marriage of Heaven and Hell", William Blake)
Ein Film über die Doors? Schon wieder, möchte man denken – und auch wenn einem spontan bloß Oliver Stones Spielfilm aus dem Jahre 1991 dazu einfällt, so fragt man sich zumindest, was man da noch Neues erfahren könnte. Wir wissen, wie unglaublich wichtig die kurze Karriere der Doors für die Musikgeschichte war, wie einzigartig ihre Mixtur aus Blues, Psychedelic und Rock. Wir wissen, welch unglaubliche Ausstrahlung Jim Morrison hatte und welch ausschweifenden Lebensstil er pflegte. Wir kennen sogar die meisten Geschichten, die sich um seine Person ranken – vom Skandalauftritt im Whiskey A Go-Go, als er "The End" ein paar anstößige Zeilen verpasste, bis zu seinem Sterben, über das es (wie könnte es anders sein) verschiedenste Theorien gibt (Mordkomplott, Tod nur vorgetäuscht etc.).
Selbst der Regisseur des Films, Tom DiCillo, fragte sich anfangs, als man mit dem Projekt an ihn herantrat, was er wohl noch großartig zu diesem Thema beitragen könnte. Tonnenweise Archivmaterial später war ihm aber klar, welche Art von Dokumentation es werden sollte: Um so nahe wie möglich am Geschehen und Gefühl der 60er und frühen 70er zu bleiben, hielt er sich einzig und allein an das ihm vorhandene Videomaterial aus eben dieser Zeit. Für den Zuschauer ist das eine angenehme Abwechslung: Manchmal ist es ja nicht gerade erbauend anzusehen, wenn diverse Randgestalten der erzählten Geschichte im Hier und Jetzt vor der Kamera sitzen und nur den guten alten Zeiten nachjammern.
Die Bemerkungen am Rande und die Erzählung der Geschichte der Doors an sich übernimmt dafür niemand Geringerer als Johnny Depp. Und wer wäre für die Rolle des Sprechers besser geeignet als er? Man nimmt es ihm absolut ab, dass er sich mit der Band und Morrison identifiziert – mehr sogar, er verfügt ja selbst über ein gewisses Rockstarimage. Johnny Depp nimmt das Publikum mit auf eine Reise durch die Welt der Doors: Er schneidet kurz Morrisons Kindheit und Jugend an, um dann bei der Gründung im Sommer 1965 unmittelbar ins Geschehen einzusteigen.
Die Karriere der Band wurde anhand des vorhandenen Materials beeindruckend nachkonstruiert: Die Szenen aus Live-Auftritten, Interviews und Aufnahmen im Studio lassen kaum eine wichtige Station aus und gehen auch auf zeitgeschichtliches Geschehen ein. Nebenbei lässt Depp immer wieder ein paar Hintergrundinfos einfließen, die oft zu einem Aha-Moment führen: Es wird beispielsweise erklärt, woraus sich der spezielle Doors-Sound zusammensetzt, aus welchen musikalischen Winkeln die einzelnen Mitglieder stammten und wie die Gruppe überhaupt ohne Bassisten funktionieren konnte. Auch die Aufnahmedauer für die einzelnen Studioalben wird angesprochen und bringt durchaus interessante Erkenntnisse ans Licht – ebenso die Tatsache, woher der Bandname eigentlich stammt (siehe Gedichtzeile oben).
Den roten Faden bilden Szenen aus Jim Morrisons bisher unvollendetem Film "Highway", in denen er selbst als bärtiger Strolch zu sehen ist, der in seinem Auto scheinbar ziellos durch die Wüste fährt. Als man gleich zu Beginn parallel dazu eine Radiomeldung über seinen Tod hört, beginnt man unwillkürlich ein bisschen herumzuspinnen, weil einem diese Szenen so unwirklich und "geisterhaft" vorkommen. Die Idee, diese ja doch recht unbekannten und ungewöhnlich wirkenden Aufnahmen hin und wieder einzustreuen, war auf jeden Fall ein guter Kunstgriff von DiCillo.
Aber auch so gelingt es ihm erfolgreich, die Klasse dieser Ausnahmeband ebenso deutlich zu zeigen wie den dramatischen Fall des Jim Morrison. Natürlich liegt der Fokus hauptsächlich auf ihm – manchmal etwas zu sehr, aber er war eben die Person im Vordergrund, der Entertainer, der "Lizard King". Und er lieferte natürlich auch genügend Material ab: Sein unmäßiger Alkohol- und Drogenkonsum, sein wildes Gebärden auf der Bühne (im wahrsten Sinne des Wortes bis zum Umfallen), die ganze Art, wie er sich selbst in Szene setzte – diese Faszination, die von seiner Person ausging, ist selbst jetzt über den Bildschirm noch fühlbar.
Für Gänsehaut sorgt eine Aussage von Morrison nach dem Tod seiner Musikerkollegen Janis Joplin und Jimi Hendrix, beide 27-jährig verstorben: "Vor euch steht der Dritte im Bunde." – Wie wir alle wissen, sollte er Recht behalten und am 3. Juli 1971 im Alter von 27 Jahren in Paris sterben. Als Johnny Depp am Ende der Dokumentation zu dieser Stelle gelangt, hält man trotzdem unweigerlich die Luft an.
Fazit
Für seine Dokumentation "When You're Strange" hat sich Tom DiCillo lediglich auf Original-Aufnahmen beschränkt und bietet seinen Zusehern damit einen viel direkteren Zugang zur Geschichte der Doors. Gleichzeitig bekommt man auch generell einen guten Eindruck von der Zeit damals – neben dem (seine Sache sehr gut machenden) Erzähler Johnny Depp der zweite Grund, warum auch nicht ganz so fanatische Doors-Fans dennoch ihre Freude an dem Film haben könnten.
Technische Details
Format: Dolby, PAL
Sprache: Deutsch (Dolby Digital 5.1), Englisch (Dolby Digital 5.1), Englisch (PCM Stereo)
Untertitel: Deutsch
Spielzeit: 82 Minuten
DVD-Veröffentlichung: 04.11.2010
Stephanie Stummer - myFanbase
01.12.2010
Diskussion zu diesem Film
Weitere Informationen
Originaltitel: When You're Strange: A Film About The DoorsVeröffentlichungsdatum (USA): 09.04.2010
Länge: 82 Minuten
Regisseur: Tom DiCillo
Drehbuchautor: Tom DiCillo
Genre: Dokumentation
Darsteller/Charaktere
Jim Morrison
als er selbst
John Densmore
als er selbst
Robby Krieger
als er selbst
Ray Manzarek
als er selbst
Johnny Depp
als Erzähler
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