Bewertung
Terrence Malick

Tree of Life, The

Where were you when I laid the earth's foundation? Tell me, if you understand. Who marked off its dimensions? Surely you know! Who stretched a measuring line across it? On what were its footings set, or who laid its cornerstone while the morning stars sang together and all the angels shouted for joy? - Job 38 4,7

Foto: Copyright: 2011 Concorde Filmverleih GmbH
© 2011 Concorde Filmverleih GmbH

Inhalt

Den Inhalt von "The Tree of Life" in einen kurzen, prägnanten Absatz zu bringen, ist definitv keine leichte Aufgabe – quasi unmöglich. Denn auch wenn es die Geschichte des erwachsenen Jacks (Sean Penn) ist, der an sein jüngeres Ich (Hunter McCracken) zurückdenkt, an seinen machtsüchtigen Vater, an seine liebevolle Mutter und an seine beiden Brüder, ist "The Tree of Life" eigentlich viel mehr als diese Geschichte. Der Film erzählt vom Kampf der Macht gegen die Gnade, vom Glauben gegen die Wissenschaft, von Schuld gegen Unschuld und vor allem von der Macht der Liebe, der Natur und der Vergebung.

Kritik

OK, sagen wir es mal so, wer den Kinosaal nach 139 Minuten "The Tree of Life" verlässt, wird vielleicht – wie ich – die Reaktion des Films bei seiner Uraufführung in Cannes verstehen können. Dort buhte das Publikum zuerst einmal, bevor Applaus zu hören war. Am Ende des Festivals jedoch gewann "The Tree of Life" die Goldene Palme als Bester Film. Es ist tatsächlich nicht leicht, den Film in Worte zu fassen, noch sein Empfinden dabei. Eines ist jedoch klar: Gefühle, Empfindungen und eine Meinung wird der Film in jedem auslösen – eine gute oder eben eine schlechte. Meine persönliche Meinung ging von verwirrt und fasziniert innerhalb einiger Stunden nach dem Film zu begeistert und fasziniert über – jetzt einen Tag später ist es reine Begeisterung.

Es ist schon eine große Aufgabe, die sich Regisseur Terrence Malick gestellt hat, will er in "The Tree of Life" doch nicht nur das Bild jener 50er-Jahre-Familie zeichnen, sondern die Zuschauer auch gleich auf die Reise mitnehmen, wie das Universum entstand. Das führt dazu, dass der Zuschauer in den ersten 40 Minuten des Films nach einem kurzen Prolog vor allem eines zu sehen bekommt: wunderschöne Bilder von Natur, Meer und Animationen von Lava und – besonders skurril – von Dinosauriern. Diese 30 Minuten Film mit einem atmosphärisch, fast mystischen Score könnten dabei in jedem großartigen Dokumentationsfilm ebenso vorkommen und würden dort wahrscheinlich doch weniger zur Geltung kommen. Nur von kurzen Bibelzitaten unterbrochen, die Fragen über das Leben stellen, wirkt diese Einleitung noch bedeutender und wird wohl in jedem Zuschauer andere Emotionen wecken, mit denen man dann in den Hauptteil des Films – der Geschichte der O'Briens in Texas - startet.

Dabei präsentiert sich das Leben dieser Familie als so herrlich normal, dass man sich schnell ebenso zu Hause fühlt, wie es die drei Kinder taten. Das Haus, die Straße, die Umgebung, alles wirkt genau so, wie man es sich für eine Familie in den 50ern mitten in Amerika vorstellt. In einer texanischen Kleinstadt gedreht, spielt sich dort die scheinbar perfekte Idylle ab und obwohl auf den ersten Blick alles wie nach eben jener aussieht, so wird schnell klar, dass dem nicht so ist. So sehen wir, dass die Mutter das Herz der Familie ist, sie jeden ihrer drei Jungs über alles liebt und ihnen nie auch nur ein Haar krümmen würde. Anders der Vater, der glaubt, dass aus ihnen starke Männer heranwachsen müssen, die – ebenso wie er – fest im Leben stehen und sich nicht mit Dingen wie Glaube und Vergebung abgeben. Der Konflikt des Films ist dabei vor allem derer zwischen Vater und Mutter, zwischen der Vergebung, des Vertrauens, der Liebe gegen die Macht und die Gewalt. Die Mutter stellt dabei die uneingeschränkte Vergebung dar, während der Vater für Macht steht.

Die Geschichte der Eltern und der Kinder wird überaus beschaulich und einfühlsam erzählt, was perfekt durch den Score und vor allem durch die immer wieder aus dem Off erzählten Gedanken ergänzt wird. Wie auch der Film gar nicht erst versucht, Mainstream zu sein, versucht die Kamera auch nicht, die künstlerischen Aspekte zu verbergen. So wirkt auch das Bild des Films wie eine perfekte Symphonie, die sich gemeinsam mit dem Score und der Geschichte entfaltet.

"The Tree of Life" ist einer dieser Filme, die lange in der Vorbereitung gewesen sind, da Malick seine Idee nicht unterordnen wollte gegen Studiovorgaben und auf die perfekten Darsteller und die perfekte Zeit warten musste. Zunächst war auch einmal Heath Ledger in Gesprächen für eine Rolle gewesen, bis Brad Pitt zum Projekt stieß und sowohl als Produzent, als auch als Hauptdarsteller einstieg. Sean Penn kam dann auch bald dazu, der den erwachsenen Jack O'Brien spielt, der sich in der Großstadt den Erinnerungen seiner Kindheit hingibt. Obwohl Penn maximal fünf Minuten im Film zu sehen ist und in dieser Zeit auch nicht viel mehr zu tun hat, als in einem Aufzug zu stehen und durch Felder und über Steine zu gehen, so bringt er doch einiges für den Film mit. Einen Dialog hat er dabei nicht und so hört man ihn eigentlich nur, wenn er aus dem Off zu uns spricht.

Brad Pitt ist als strenger, gnaden- und liebloser Vater zu sehen. Eine Rolle, die auf den ersten Blick kaum zu ihm passt, der er sich aber schnell annimmt und sie tatsächlich großartig darstellt. Wenn er seine Filmkinder dazu bringt, ihn mit Sir anzusprechen, sie im nächsten Moment aber doch zu einem Gute-Nacht-Kuss zwingt, wird einem das Innere der Figur noch rätselhafter. In der Rolle der Mutter ist die Broadway-Schauspielerin Jessica Chastain zu sehen, die es schafft, die Güte und die Reinheit ihres Charakters bereits in ihrer ersten Szene darzustellen. Nicht nur optisch, sondern auch ihre Gesten schreien quasi die Eigenschaften ihres Charakters aus. Gerade im Zusammenspiel mit den drei Kindern schafft sie es, ihre Rolle in dem Film darzustellen und in jedem ihrer Blicke sieht man die Liebe, die Mrs. O'Brien für ihre Kinder empfindet. Für die Darstellung der drei Kinder hat man dann drei schauspielerisch unerfahrene Jungs gecastet und diese – ebenso wie ihre Familien – kaum in die Geschichte der Rollen eingewiesen. So wirkt die Unbeschwertheit der Jungs authentisch und echt. Gerade Hunter McCracken, der den jungen Jack O'Brien darstellt, ist mit seinem reinen, herzzerreißendem Spiel eine wirkliche Entdeckung.

Fazit

"The Tree of Life" erzählt vom Leben, von der Natur und von der Liebe. Ein absoluter Außenseiterfilm, der keinesfalls etwas für jeden ist. Wer sich jedoch auf das Abenteuer einlässt und sich treiben lässt, ohne zu hinterfragen, der wird vielleicht tatsächlich etwas von diesem Film lernen.

Eva Klose - myFanbase
22.05.2011

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