Bewertung
Éric Tessier

5150 Elm's Way

Spiel um Dein Leben.

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Inhalt

Nachdem der Filmstudent Yannick (Marc-André Grondin) einen leichten Fahrradunfall hatte, sucht er Hilfe im Haus des Taxifahrers Jacques Beaulieu (Normand D'Amour). Als Yannick in dem scheinbar normalen Familienhaus plötzlich auf einen schwer verletzten Mann stößt, beginnt für ihn ein Alptraum. Jacques Beaulieu ist ein Serienmörder, der sich für einen Krieger des Guten hält und Kriminelle tötet.

Da Yannick kein böser Mensch ist, will Jacques ihn nicht töten, aber ihn laufen zu lassen, kommt auch nicht in Frage. So wird Yannick von Jacques und dessen Familie als Geisel genommen. Die Gefangenschaft, die Angst um das eigene Leben und der Einfluss der Familie bewirken, dass Yannick mehr und mehr den Verstand zu verlieren droht. Schließlich erhält er eine Chance, sich seine Freiheit zu verdienen: Wenn es ihm gelingt, Jacques im Schach zu besiegen, darf er gehen.

Kritik

Schach, jenes uralte, von taktischen Fähigkeiten und Urteilsvermögen geprägte Spiel, bei dem eine Armee aus weißen Figuren einem Heer schwarzer Figuren gegenübersteht, ist schon seit längerem als Metapher für den Kampf zwischen Gut und Böse bekannt. In dem franko-kanadischen Thriller "5150 Elm's Way" wird dieses Motiv einmal mehr aufgegriffen – und das auf eine zunehmend makabere Weise. Der Hauptcharakter Yannick, ein Filmstudent, der stets seine Videokamera dabei hat, gerät durch Zufall in die Fänge der Familie Beaulieu. Deren Oberhaupt Jacques gilt als freundlicher Taxifahrer und ungeschlagener Schach-Champion, doch hinter dieser gutbürgerlichen Fassade schlummert ein Serienmörder, der es als seine Pflicht erachtet, böse Menschen umzubringen. Seine tiefreligiöse Ehefrau Maude (Sonia Vachon) ist ihm seit Jahren hörig, doch ihre Zweifel werden immer stärker. Die älteste Tochter Michelle (Mylène St-Sauveur) soll in die blutigen Fußstapfen ihres Vaters treten, allerdings sieht sie die Welt deutlich anders als Jacques. Statt sich dazu berufen zu fühlen, Verbrecher schnell und lautlos zu töten, neigt sie eher zu roher Gewalt, die sich gegen jeden richtet, der ihr ein Dorn im Auge ist. Die jüngste Tochter Anne (Élodie Larivière) schließlich spricht niemals und verhält sich sehr seltsam. Sie hasst ihren Vater.

"5150 Elm's Way" ist kein Folterfilm. Es gibt zwar einige Gewaltszenen, doch handelt es sich dabei nicht um in die Länge gezogene Folterungen, sondern um Mord – und Kampfszenen, die nicht blutiger als nötig inszeniert sind. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Psychologie. Yannick verändert sich, ebenso wie er die Dynamik in der Familie Beaulieu verändert. Jedes Familienmitglied projiziert etwas auf Yannick, von verzweifelter Hoffnung auf Rettung über neidvollen Hass bis hin zum Wunsch nach einem Erben. Im Endeffekt kann Yannick aber niemandem in der Familie etwas geben, denn er ist ein Opfer, das geistig immer weiter abbaut.

Je tiefer wir in die Psyche von Yannick und Jacques eindringen, desto bildreicher und makaberer wird der Film, übertreibt es dabei aber nie. Die surrealen Szenen ufern nicht aus. Neben der Schachmetapher spielt dabei noch ein weiteres Motiv eine nicht unwesentliche Rolle: "Alice im Wunderland". Yannick liest das Buch von Lewis Carroll gerade und hat es im Rucksack, als er von den Beaulieus gefangen genommen wird. Wer den oft fälschlicherweise als Kinderbuch kategorisierten Literaturklassiker, einschließlich der Fortsetzung "Alice hinter den Spiegeln", ein bisschen kennt, weiß, dass auch darin Schach von einiger Bedeutung ist. Mit zunehmender Dauer seiner Gefangenschaft erlebt Yannick Visionen, die eine gewisse Verwandtschaft zu dem besitzen, was Alice im besagten Wunderland widerfährt.

Die Schwächen des Films sind letztlich solche, die man auch aus vielen anderen Thrillern kennt: Löcher in der Logik. Für einen erfahrenen Serienmörder macht Jacques Beaulieu doch einige sehr vermeidbare Fehler, ganz besonders zu Anfang, als er Yannick alleine lässt und sich dann am Telefon verquatscht, so dass Yannick mal eben den halbtoten Mann im Haus findet, der ungestört bei offener Tür um Hilfe schreien darf. Da fragt man sich schon, wie Jacques es geschafft hat, seit Jahren überhaupt nicht auf den Radarschirmen der Polizei aufzutauchen. Das ist keine allzu auffällige Schwäche, aber dennoch ein Beleg, dass das Drehbuch besser hätte sein können.

Fazit

Der franko-kanadische Thriller "5150 Elm's Way" ist recht gut gemacht und mit interessanten Metaphern durchsetzt, aber nicht ganz frei von Schwächen.

Maret Hosemann - myFanbase
15.06.2011

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