Bewertung
Olivier Abbou

Territories

"Welcome to the United States"

Foto: Copyright: 2011 Universum Film GmbH
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Inhalt

Fünf junge Menschen kehren von einer Hochzeit in Kanada in die USA zurück. Bei der Überschreitung der kanadisch-amerikanischen Grenze werden sie unverhofft von zwei Grenzpolizisten angehalten, die ihnen einige bohrende Fragen stellen und sie darauf aufmerksam machen, dass einer ihrer Frontscheinwerfer kaputt ist. Bei weiteren Untersuchungen des Wagens wird auch eine Tüte Marihuana entdeckt und die Situation beginnt zu eskalieren. Die angeblichen Grenzpolizisten gehen immer rabiater und gnadenloser gegen die jungen Leute vor und schnell wird klar, dass es sich bei diesen Grenzwächtern um gnadenlose Killer handelt.

Kritik

Durch Filme, wie "Saw" und "Hostel" hat sich im Genre des Horrors ein Subgenre etabliert, das sich weniger durch subtile Schrecken, als vielmehr durch gnadenlose Brutalität auszeichnet und bei dem die Maxime gilt: Je abstoßender und krasser, desto besser. Auf den ersten Blick ist auch Olivier Abbous Langfilmdebüt "Territories" ein Vertreter dieses gnadenlosen Subgenres. Doch schnell wird klar, dass Abbou die Spielregeln des Folterhorrors nur als Mittel zum Zweck benutzt, um einen gesellschaftskritischen, hoch politischen Film über die Verrohung der menschlichen Gesellschaft zu drehen. Leider gerät ihm diese gute Ausgangsidee völlig aus dem Ruder.

Dieses filmische Werk beginnt mit einem Paukenschlag und erreicht damit schon früh seinen Höhepunkt. Vollkommen willkürliche menschliche Abscheulichkeit zeigt sich hier, die nachhaltig verstört. Die Brutalität kommt aus dem Nichts und schmerzt schon beim Zusehen. Der Auftakt ist durchaus beeindruckend gestaltet und inszeniert. Leider geht es danach immer weiter bergab. Problematisch ist die Unstetigkeit, die Abbou in seinem Langfilmdebüt an den Tag legt. Da konzentriert man sich zunächst auf die fünf jungen entführten Leute, dann wird plötzlich versucht, den zwei Entführern Tiefe zu verleihen und auch die hergestellten Verbindungen zu den Grausamkeiten im US-amerikanischen Gefangenenlager in Guantanamo werden angerissen, aber nie wirklich vertieft. Alles bleibt bruchstückhaft und nicht wirklich zu Ende gedacht.

Wenn allerhand Folterszenen aneinander gereiht werden, dann verstört das, aber im Grunde will Abbou mit seinem Film mehr: Er will gesellschaftskritisch sein und zeigen, was aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten geworden ist, was für Auswirkungen die politisch legitimierte Folter auf bestimmte, kranke Persönlichkeiten haben kann. Er verfolgt diese Ansätze aber nicht in letzter Konsequenz und verliert sich in seinen durchaus gut inszenierten Gräueltaten und seiner wirren erzählerischen Unstringenz. Vollkommen den Faden verliert Abbou dann nach gut zwei Dritteln des Films, als er plötzlich noch versucht, einen ganz neuen Charakter einzuführen und sich um die vorher im Fokus stehenden jungen Leute gar nicht mehr kümmert und die Geschichte eines drogenabhängigen Privatdetektivs erzählt, der mit den Traumata seiner Vergangenheit zu kämpfen hat. Anstatt den vorher eingeführten Figuren mehr Aufmerksamkeit zu schenken oder die politische Dimension des Films näher zu beleuchten, wird unverständlicherweise die letzte halbe Stunde dafür verwendet, diesen neuen Charakter einzuführen und danach findet der Film auch schnell zu seinem Ende, welches endgültig vollkommende Ratlosigkeit hervorruft.

Fazit

Der erzählerische Ansatz Folterhorror mit einer politischen, gesellschaftskritischen Aussage zu unterfüttern, ist aller Ehren wert, doch die Umsetzung macht alle gute Ideen und Ansätze schnell zu Nichte. Die fehlende erzählerische Stringenz, die oberflächliche Behandlung der Themen und der Figuren, sowie der vollkommen misslungene Schlussakt, werden diesem Werk schließlich zum Verhängnis.

Moritz Stock - myFanbase
20.11.2011

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