Bewertung
Andy Fetscher

Urban Explorer

Entdecke die dunkle Seite von Berlin

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Inhalt

Die vier Rucksacktouristen Lucia (Nathalie Kelley), Denis (Nick Eversman), Marie (Catherine de Léan) und Juna (Brenda Koo) entscheiden sich bei ihrem Berlin-Aufenthalt für einen ganz besonderen Abenteuertrip: Sie steigen hinab in die Berliner U-Bahnschächte, um dort den Fahrerbunker zu besichtigen, welcher zur Zeit des Zweiten Weltkriegs das Quartier der Chauffeure von Adolf Hitler war. Was als unbeschwerte Reise beginnt, wandelt sich mehr und mehr in einen grausamen Albtraumtrip, bei dem es für die jungen Menschen ums nackte Überleben geht.

Kritik

Für das Horrorkino kann es kaum einen geeigneteren Ort für die Erzeugung von Unwohlsein geben, als dunkle, verlassene U-Bahnschächte. Die Wirkung dieses urbanen Grauens wussten auch schon die Macher des britischen Horrorschockers "Creep" zu nutzen, in dem Franka Potente in der Londoner U-Bahn um ihr Leben kämpfen muss. Nun entdeckt der deutsch-rumänische Regisseur Andy Fetscher in seiner zweiten Regiearbeit das Horror- und Terrorpotenzial der deutschen Hauptstadt. Dem gelernten Kameramann gelingt es auch mit einem vergleichsweise geringen Budget einen maximalen visuellen Effekt zu erzielen, bei dem die albtraumhafte Stimmung der Berliner Unterwelt in elektrisierend-schaurige Bilder eingefangen wird und die U-Bahnschächte so zu einem weiteren Akteur des Films werden. Leider schafft es Fetscher nicht, die gruselig-beunruhigende Stimmung, die das erste Drittel des Films prägt, über die restliche Laufzeit aufrechtzuerhalten und driftet spätestens im Mittelteil seines Films in ein übertrieben brutales Folter- und Gewaltgewitter aus, bei dem jegliche Form von Subtilität gänzlich verloren geht.

Taucht man unvorbereitet in diesen Film ein, so ist man anfangs der Überzeugung, dass Fetscher sich dazu entschlossen hat, einen Horrorfilm zu drehen, der eher in die subtile Gruselecke einzuordnen ist. Die vier Protagonisten stolpern, geführt von einem deutschen U-Bahnschächte-Experten, durch die äußerst gruselige Berliner Unterwelt und langsam baut sich ein Unwohlsein im Zuschauer auf, da man sicher sein kann, dass irgendwo tief in diesen verlassenen U-Bahnschächten etwas Grauenvolles lauert. Und das tut es auch. Die Überleitung von subtilem Tunnelhorror hin zum plakativen Folter- und Terrorhorror ist dann aber mehr als ungelenk. Genau wie die Figureneinführung, bei der man irgendwie noch zwei kleine Liebesgeschichten dazwischen gequetscht hat, die für den Fortlauf der Handlung wenig relevant sind und die nur ein plumper Versuch des Sympathisierens mit den Hauptfiguren darstellen, der aber misslingt. Das liegt daran, dass sich die Charaktere, wie in Horrorfilmen üblich, in entscheidenden Situationen einfach wenig intelligent verhalten und die Charakterzeichnung, genau wie der Großteil der englischen und deutschen Dialogfetzen, schlichtweg schwach ausfällt.

Dies sind aber nicht die Hauptprobleme dieses Low-Budget-Schockers: Diese liegen in der Entscheidung begründet, sich irgendwann komplett von jeglichem subtilen Horror zu verabschieden und sich genüsslich der primitivsten Art von ultrabrutalem Folter-Horror hinzugeben, bei der die Maxime gilt: je ekelhafter und kranker, desto besser. Der finstere, in den Tiefen der Berliner Unterwelt hausende psychopathische Killer ist dabei auch eine solch überzeichnete Karikatur und vom Schauspieler Klaus Stiglmeier mit einem grenzenüberschreitenden Over-Acting verkörpert, dass es nur so kracht und nicht selten ins Lächerliche abdriftet.

Was dann in der zweiten Filmhälfte folgt, ist eine Aneinanderreihung von Abartigkeiten und schnellem Durch-die-Tunnel-Rennen, garniert mit den typischen Krankheiten des Horrorfilms, die darin liegen, dass der finstere Gegenspieler nicht wirklich tot zu kriegen ist und immer und überall gleichzeitig zu sein scheint, bei gleichzeitigem unnachvollziehbaren Verhalten der gejagten Person. Da hilft dann auch eine hochwertige und rasante Inszenierung nicht mehr viel, wenn einem irgendwann nichts mehr Neues einzufallen scheint. Sonderlich gut ausgearbeitet ist der politische Subtext, der irgendwie immer mitschwingt, dann ebenfalls nicht und mag sich auch nicht wirklich in den sonstigen Ton dieses Films einfügen, was das Ganze noch unausgegorener macht.

Fazit

Der deutsche Horrorschocker "Urban Explorer" beginnt vielversprechend, um dann immer weiter abzubauen und schließlich in einem trivialen, vor Brutalität nur so strotzenden Folterhorrorfilm zu münden, der jegliche Subtilität gänzlich vermissen lässt. Dieser Streifen ist wohl nur eingefleischten Genre-Fans uneingeschränkt zu empfehlen.

Moritz Stock - myFanbase
10.05.2012

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