Bewertung
Pedro Almodóvar

Haut, in der ich wohne, Die

Manche Menschen sind von anderen besessen.

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Inhalt

Die wunderschöne Vera (Elena Anaya) wird als einzige Patientin von dem begnadeten Chirurgen Dr. Robert Ledgard (Antonio Banderas) in seiner privaten Schönheitsklinik behandelt und per Videokamera ständig beobachtet. Die Vergangenheit der jungen Frau bleibt im Dunkeln, einzig ihre Ähnlichkeit mit Ledgards verstorbener Frau ist auffällig. Schließlich betritt auch noch ein mysteriöser Mann in einem Tigeranzug die Klinik, woraufhin sich die Ereignisse langsam zuzuspitzen beginnen.

Kritik

Die fruchtbare Zusammenarbeit zwischen dem visionären spanischen Regisseur Pedro Almodóvar und der spanischen Schauspiellegende Antonio Banderas endete vorerst im Jahr 1990 mit der tragischen Komödie "Fessle mich!". Nun, nach über 20 Jahren, gibt es mit "Die Haut, in der ich wohne" ein künstlerisches Wiedersehen dieser für das spanische Kino so prägenden Künstler. Und dieser Film ist dann auch gleich ganz harter Tobak, ein schwerer, unterkühlt inszenierter, verstörender Kunstfilm, der immer einen Schritt weiter geht, als man zunächst denkt und der in seiner destruktiven Grundstimmung und seinem wilden Genremix ein zwiespältiges Gefühl hinterlässt.

Es gibt Filme, bei denen schon ziemlich früh ersichtlich wird, wie sich die weitere Handlung entwickeln wird und es gibt Filme, wie diesen, bei denen es unmöglich ist, die diversen Wendungen vorherzusagen. Das Spiel mit dem Undurchsichtigen, Geheimnisvollen zeichnet dieses filmische Werk aus. Der Anfang des Films ist deshalb auch bewusst kryptisch gehalten und entfacht eine beunruhigende Stimmung, die einen schaudern lässt. Auch die narrative Struktur ist wahrlich außergewöhnlich. Ohne viel vorweg zu nehmen, kann gesagt werden, dass der Film im Mittelteil eine völlig neue Richtung nimmt, die alles davor Gesehene völlig auf den Kopf stellt.

Auch die typische Genreeinteilung fällt hier schwer: Der Film ist Drama, wie auch Thriller, aber genauso weist er auch typische Elemente des Horrorkinos auf und in manchen Momenten gibt es sogar komödiantische Elemente, die sich aus der Skurrilität des Gezeigten speisen. Schnell erzeugt der Film eine ganz besondere Stimmung, die durchaus eine soghafte Wirkung hat, was auch an der sicheren, überlegten und äußerst strengen Inszenierung Almodóvars liegt, der eine ganz eigene Bildsprache entwickelt, die beeindruckt. Auch die beiden zentralen Darsteller des Films wurden mit Antonio Banderas, der hier eine verstörend gute Performance abliefert und der oberflächlich so sanft und unschuldig wirkenden Elena Anaya außerordentlich gut besetzt.

Die Probleme des Films liegen auch nicht in der Inszenierung oder den darstellerischen Leistungen, sondern in dessen erzählerischem Grundgerüst, welches einfach viel zu wackelig und in seinen gnadenlos-destruktiven Zügen schwer zu verdauen ist. In diesem Film gibt es niemanden, der auch nur ansatzweise sympathisch ist und mit dem man irgendwie mitfiebern kann. Die Welt, die Almodóvar hier zeigt, ist bevölkert von selbstsüchtigen, wahnsinnigen Menschen, für die es schwer ist, Mitleid zu empfinden. Auch die diversen behandelnden Themen werden versteckt in dieser übergroßen artifiziellen Metapher, die immer zwei Ebenen mehr andeutet, als eigentlich vorhanden sind. Das hier ist einfach zu sehr künstlerisches Kopfkino, zu abstrakt und zu weit weg vom Zuschauer.

Fazit

Der neue Film des spanischen Ausnahmeregisseurs Almodóvar ist ein außerordentlich gut inszeniertes Kammerspiel, welches getragen wird von zwei tollen Darstellern und einer soghaft-intensiven Atmosphäre. Leider verzettelt sich Almodóvar irgendwann in seinen kopflastigen Brocken von Film und verliert sich in einer kruden, verstörenden, kaltherzigen Story, der jeder emotionale Kern vollständig zu fehlen scheint. Ein zwar interessantes, aber nicht immer wirklich gelungenes Filmexperiment.

Moritz Stock - myFanbase
21.05.2012

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