Bewertung
Sherry Hormann

Anleitung zum Unglücklichsein

"Der Mensch ist unglücklich, weil er nicht weiß, dass er glücklich ist." - Fjodor Dostojewski

Foto: Copyright: 2012 STUDIOCANAL GmbH
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Inhalt

Obwohl ihr Feinkostladen in Kreuzberg gut läuft und sie ein angenehmes Leben führt, glaubt Tiffany Blechschmid (Johanna Wokalek), vom Pech verfolgt zu werden. Ständig befürchtet sie, ihre mühsam aufgebaute kleine Welt könnte in sich zusammenfallen und so sieht sie überall das Pech - egal ob es rote Ampeln sind, der komische Obdachlose vor dem Laden oder ihr Liebesleben. Während Tiffany versucht, mit ihrer Vergangenheit abzuschließen, begegnet ihr nicht nur ihr alter Klavierlehrer Hans Luboschinski (Richy Müller) wieder, auch der großspurige Polizist Frank (Benjamin Sadler) und der verträumte Photograph Thomas (Itay Tiran) bringen ihr Leben gehörig durcheinander...

Kritik

Der österreichische Philosoph und Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick, auf dessen Anti-Ratgeber dieser Film beruht, stellte zu den Irrungen und Wirrungen menschlicher Kommunikation viele sehr interessante Theorien auf - unter anderem die der berühmten selbsterfüllenden Prophezeiung, nach der genau das eintritt, was man befürchtet, eben weil man es befürchtet. Dieses Phänomen des Sich-selbst-im-Weg-Stehens, das sicherlich jeder von uns kennt, spielt auch in Sherry Hormanns neuem Film "Anleitung zum Unglücklichsein" eine wichtige Rolle. Protagonistin Tiffany hat eigentlich keinen Anlass, unglücklich zu sein, doch steht sie ihrem eigenen Glück ständig im Weg und kann sich nicht fallen lassen aus Angst, dass ihr das Glück wieder weggenommen wird.

Damit spiegelt Tiffany wohl die Lebenseinstellung vieler Menschen heutzutage wider, die in Zeiten sozialer Instabilität und finanzieller Krise lieber erst gar nicht glücklich sind, damit sie bei etwaigen Enttäuschungen nicht zu tief fallen. Wokalek spielt die oft missgelaunte, aber gleichzeitig liebenswert-schrullige Tiffany mit einer angenehmen Bodenständigkeit und gibt dem Publikum das Gefühl, eine authentische Person vor sich stehen zu haben. Tiffany kann ein echter Miesepeter sein, doch eigentlich ist sie ja einfach selbst nur unglücklich und einsam. Je weiter der Film voranschreitet, desto besser versteht man auch, warum. Die Zeit, die man mit ihr allein verbringt, gibt uns einen Einblick in ihren Alltag, in ihre durchorganisierte kleine Welt, in der sie auch mal fiktive Gespräche mit ihrer toten Mutter (Iris Berben) führt oder ihrem Date Frank in der Not halbnackt die Tür öffnet. Tiffany ist sympathisch, ohne aber zuckersüß zu sein, und das ist erfrischend.

Im Kern ist der Film natürlich Tiffanys Geschichte und ihr Weg raus aus dem Unglück, das sie eigentlich sich selbst verschuldet. Dabei stehen ihr viele liebe Menschen zur Seite, die teilweise von namenswerten Darstellern wie etwa David Kross, Richy Müller oder Michael Gwisdek dargestellt werden. So baut der Film einen eigenen kleinen Kosmos rund um das Blechschmid's und seine Mitarbeiter und Besucher auf. Das Liebeschaos, dessen Ausgang relativ vorhersehbar ist, dient dabei als Katalysator, um Tiffany aus ihrer Passivität herauszureißen. So ist "Anleitung zum Unglücklichsein" in seinem Kern eigentlich vielmehr eine Coming-of-Age- als eine Lovestory. Das kitschige Happy-End zum Schluss gibt es aber trotzdem.

Fazit

Paul Watzlawick hat mal geschrieben: "Zu lange hat man uns eingeredet [...], dass die Suche nach dem Glück uns schließlich das Glück bescheren wird." Diese recht pessimistische, aber wohl realistische Sicht versucht "Anleitung zum Unglücklichsein" zu überwinden und bietet knappe eineinhalb Stunden kurzweilige Unterhaltung mit Herz, Witz und der Forderung, sein eigenes Glück endlich mal einzusehen.

Maria Gruber - myFanbase
15.11.2012

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