Bewertung
Wong Kar Wai

Grandmaster, The

"People who practice martial arts go through three stages: seeing yourself, seeing the world, seeing all living beings. I learned to see myself. And I think I learned to see the world. Unfortunately, I was never able to see all living things."

Foto: Copyright: Wild Bunch Germany GmbH
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Inhalt:

Der Kung-Fu-Meister Ip Man (Tony Leung Chiu Wai) lebt im chinesischen Foshan als eines Tages der Großmeister Gong Yutian (Wang Qingxiang) erscheint und verkündet, dass er sich zur Ruhe setzen möchte und einen letzten Kampf mit einem Meister aus Südchina austragen möchte, um so sein Erbe weiterzugeben. Im Norden Chinas hat er diesen Brauch schon mit seinem Ziehsohn Ma Shan (Zhang Jin) durchgeführt. Ip Man stellt sich dieser Herausforderung, gewinnt den Kampf und besucht nun eine Schule nach der anderen, um sich Respekt und Loyalität zu sichern. Gong Er (Ziyi Zhang) ist die Tochter von Gong Yutian, und ist selbst eine Meisterin des Kung Fu, weswegen sie Ip Man nach seinem gewonnenen Kampf herausfordert.

Kurz darauf bricht der Krieg zwischen China und Japan aus, und Ip Man und Gong Er verlieren sich aus den Augen. Während des Krieges verliert Ip Man nicht nur seinen Status als Großmeister, sondern auch noch seine Familie. Gong Er übt derweil Rache an dem Mord ihres Vaters, welcher durch Ma Shan verübt wurde. Dieser kollaboriert mit den Japanern und hat unter den Kung-Fu-Schulen seinen Respekt verloren. Gong Er und Ip Man treffen sich erst nach dem Krieg in den 50er Jahren in Hong Kong wieder. Er hat mittlerweile eine neue Kampfkunstschule gegründet und sie ist Ärztin geworden...

Kritik

Wong Kar-Wai eröffnete mit seinem vor über fünf Jahren begonnen Projekt den ersten Tag der Berlinale 2013, und erntete ersichtlichen Beifall. Zugleich gab es aber auch viel Verwirrung um sein Martial-Arts-Epos um den legendären Ip Man, welcher der Lehrer von Bruce Lee gewesen ist, und sich dadurch auch im westlichen Teil der Erde einen Namen machen konnte. Für das Publikum auf der Berlinale gab es eigentlich eine verkürzte Fassung, damit die Gesamtheit des Filmes von allen verstanden wird, denn nicht selten wissen wir in Europa wenig über die Symbolkraft der chinesischen Kultur und deren Traditionen. Geholfen hat diese Verkürzung aber nicht. Die Szenerie hat zwar einen roten Faden, springt aber mit Hilfe von Flashbacks immer wieder in der Zeit zurück, wodurch dieser rote Faden schnell aus den Augen verloren werden kann.

Hauptdarsteller Tony Leung hat sich die Rolle des Ip Man vermutlich nur dadurch verdient, dass Wong bislang mit ihm in fast jedem Film zusammen gearbeitet hat. Für "The Grandmaster" war es aber trotzdem keine schlechte Entscheidung. Für die Rolle des Kung-Fu-Meisters übte Leung angeblich ein ganzes Jahr lang vier Stunden am Tag. Dass Erfahrung vor Verletzungen nicht schützt, weiß jeder Sportler, und Leung musste das selbst schmerzhaft erleben. Er brach sich bei dem Dreh einer Kampfszene seinen Arm, wodurch die Dreharbeiten länger ausfielen, als geplant. Aber was ist bei Wong schon Planung? Für seinen Film "Die verlorene Zeit" etwa hat es für eine finale Fassung ganze 14 Jahre gedauert, und auch die Idee für "The Grandmaster" trug er anscheinend schon seit zehn Jahren mit sich herum. Am Ende der fünfjährigen Produktion gab es einen fast vier Stunden langen Film. Eindeutig zu lange. In monatelanger Arbeit schnitt er dann eine Fassung für das chinesische Publikum zusammen, die im Heimatland volle Zustimmung fand.

Beim Betrachten des trotz allem an vielen Stellen langatmig wirkenden Filmes sind Richtung und Stil schnell ersichtlich. Sowohl in der Kampfkunst des Weng Chun als auch in diesem sehr künstlerisch wirkenden Film dreht sich vieles um Präzision. Die Kameraeinstellungen sind alle sehr genau gewählt worden und die Dialoge wurden auf das Notwendigste reduziert. Auch wenn der Überblick der Geschichte leicht abhanden kommt, so wirkt keine einzige Szene fehl am Platz. Ganz im Gegenteil, jede Szene trägt zum Gesamteindruck bei. Die Geschichte wird hierbei zwar melancholisch erzählt und durch den Einsatz von Dunkelheit bzw. der Farbe Schwarz untermauert, doch weist sie eine enorme Symbolik auf, die vermutlich nur ein Chinese im vollen Umfang verstehen kann. Dennoch ist einem bewusst, dass Schwarz in China nicht nur für einen hohen Würdenträger steht, sondern auch für das Element Wasser. Ein wichtiger Grund also, weshalb die Anfangsszene des Filmes mit einem Kampf bei Nacht und Regen stattfindet. Dieser Kampf beinhaltet neben Slow-Motion-Effekten der aufprallenden Wassertropfen, die hier durch den Franzosen Philippe Le Sourd eingefangen wurden, auch eine äußerst ästhetische Kung-Fu-Kunstshow, die dank Yuen Woo-Ping als wahrlich meisterhaft bezeichnet werden kann. Diese stilisierte Kampfszene soll nicht nur die Schönheit dieser Kampfkunst zeigen, sondern auch die Fähigkeiten von Ip Man, der hier den Platz mit einem weißen Hut verlässt. Ein Hut, der nicht nur für ein wenig Licht in diesen dunklen Zeiten steht, sondern auch die stählerne Kraft repräsentiert, die durch diese alten Techniken hervorgebracht werden können.

Durch sein Hauptaugenmerk auf die Symbole und Schönheit des Kung Fu verliert Wong jedoch schnell die Realität aus den Augen, denn vieles was schön aussieht, ist meist nicht real, und so wissen viele Kampfkünstler auch, dass es letztlich nicht darauf ankommt, etwas schön zu präsentieren, sondern im Grunde nur darauf, einen Kampf zu gewinnen. Regeln gibt es dann schlicht und ergreifend keine, wenn es um Leben und Tod geht. Das ist zumindest beim Duell zwischen Gong Er und Ma Shan der Fall, das sich vom Rest des Filmes abhebt. Anstatt dass am Ende der Sieger einzig und allein durch die innere Kraft vom Platz geht, wird der schier endlose, durch den Bahnhof rasende Zug zur Hilfe genommen, was den Kampf um einiges spannender macht.

Fazit

Ein schwer verständliches, aber durchweg interessantes Martial-Arts-Epos, in welchem nicht nur die Geschichte eines großen Meisters erzählt wird, sondern die von vielen Kampfkünstlern. Freunde großartiger Schaukämpfe kommen sicherlich auf ihre Kosten, auch wenn diese nicht immer im Vordergrund der Geschichte stehen mögen.

Ignat Kress - myFanbase
08.05.2013

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