Bewertung
Baltasar Kormákur

Deep, The

Jenseits des Menschenmöglichen

Foto: Copyright: 2013 MFA+ Filmdistribution
© 2013 MFA+ Filmdistribution

Inhalt

Vor der Küste eines kleinen isländischen Fischerdorfs kentert ein Boot und kippt ins eisige Meer. Die Crew kämpft ums Überleben, doch es gelingt nur Gulli (Ólafur Darri Ólafsson), sich stundenlang über Wasser zu halten und ans Festland zu schwimmen. Normalerweise hätte ein Mensch in dem eisigen Wasser keine Stunde überlebt und Gulli gilt als wandelndes Wunder. Während er versucht, in den Alltag zu finden, suchen Wissenschaftler nach einer logischen Erklärung für sein Überleben.

Kritik

Das isländische Drama "The Deep" beruht auf einer wahren Begebenheit und macht den Film noch um einiges eindrucksvoller, wenn man im Hinterkopf behält, dass ein Mann wie durch ein Wunder im eiskalten Wasser des atlantischen Ozeans mehrere Stunden überleben konnte.

Mit einem etwas langatmigen Beginn steigen wir in Gullis Leben ein, das so nüchtern wie möglich gestaltet ist. In seinem kleinen Fischerdorf ist er ein gewöhnlicher Seemann, der bei seinen Eltern lebt und in See sticht. Anfangs entspricht "The Deep" exakt der konventionellen isländischen Machart der Filme. In einem ruhigen Ton und realistischen Setting wird sich viel Zeit genommen, um den Hauptcharakter Gulli und sein Umfeld so detailgetreu wie möglich darzustellen. Auch wenn sich einige Szenen ziehen, ist das genau der richtige Weg, den man eingeschlagen hat.

Denn als es der unaufhaltbaren Katastrophe zu geht und das Boot kentert, fiebert man mit Gulli und seinen Kameraden mit. Realistisch und dramatisch ohne Übertreibungen fällt das Boot den schwarzen Wellen zum Opfer und Gulli treibt im dunklen Nichts stundenlang umher. Im Gegensatz zu Filmen wie "Deep Blue Sea" oder "Open Water" verzichtet "The Deep" auf dramatische Einfälle wie Haiattacken, sondern konzentriert sich allein auf Gulli und seinen Willen, weiterzuschwimmen. Die bedrohlichen Wellen werden packend inszeniert und genau dadurch, dass kein künstlicher Spannungsaufbau vonstatten geht, wirkt der Film in seiner Erzählweise. Die Geschichte ist echt und geht unter die Haut. Ein großes Lob muss man an Ólafur Darri Ólafsson und seine tiefgründige Schauspielleistung aussprechen. Es ist, als wäre ihm die Rolle auf den Leib geschneidert worden. Um Abwechlsung hinein zubringen, kommen bei Gulli Kindheitserinnerungen hoch, die nicht minder emotional sind.

Interessant ist das letzte Drittel des Films. Die Heimkehr des einzig Überlebenden wird nicht oft thematisiert, denn meistens geht der Vorhang nach der Rettung und der glücklichen Heimkehr auf. Doch "The Deep" ist an dieser Stelle noch nicht zu Ende, sondern erzählt, wie der Protagonist sich nach seinem Trauma in der Normalität zurechtfindet. Ebenso gut gelungen ist die Darstellung der Familien, die um die Verstorbenen trauern und deren Leben nie wieder normal sein wird. Auch hier kratzt der Film nicht nur an der Oberfläche, sondern zeigt in emotionalen Szenen ohne viele Worte die Auswirkungen des Dramas auf den Einzelnen. Letztlich wird auch das Geheimnis um Gullis Überleben wissenschaftlich erklärt und am Ende steht die Analyse, wie das Wunder passieren konnte, im Vordergrund. "The Deep" ist somit ein facettenreiches Drama, das in sich stimmig ist und einen erstaunt zurücklässt, wenn man bedenkt, dass die Westmännerinseln in Island das felsenreichste und kälteste Gewässer auf der Erde zu bieten haben und ein Mensch darin überleben konnte.

Fazit

"The Deep" ist ein sanft erzähltes Drama, das durch die bewusst nüchterne Erzählweise sehr realistisch ist und unter die Haut geht.

Tanya Sarikaya - myFanbase
15.11.2013

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