Bewertung
Maximilian Erlenwein

Stereo

"Spürst du das Adrenalin?"

Foto: Copyright: Wild Bunch Germany 2014
© Wild Bunch Germany 2014

Inhalt

Erik (Jürgen Vogel) lebt ein beschauliches und glückliches Leben in einer Kleinstadt: Er hat seine eigene Motorrad-Werkstadt, lebt in einer ihn erfüllenden Beziehung mit seiner Freundin Julia (Petra Schmidt-Schaller) und kümmert sich liebevoll um deren Tochter Linda. Doch eines Tages taucht eine geheimnisvolle Gestalt (Moritz Bleibtreu) in Eriks Leben auf, beobachtet ihn und weicht ihm schließlich nicht mehr von der Seite. Je mehr er versucht diese Personen aus seinem Leben zu vertreiben, desto mehr muss sich Erik mit den Dämonen seiner Vergangenheit auseinandersetzten, vor denen es kein Entkommen zu geben scheint.

Kritik

Jürgen Vogel und Moritz Bleibtreu gehören zweifelsfrei zu den bekanntesten Schauspielern im zeitgenössischen deutschen Kino und man könnte meinen die beiden hätten in ihrer langen Karriere schon öfters zusammengearbeitet, was aber faktisch nicht der Fall ist. Erst im Jahr 2013 sind sie in dem Drama "Quellen des Lebens" erstmals zusammen auf der großen Leinwand prominent in Erscheinung getreten, als Vater und Sohn. Der kompromisslose Genre-Beitrag "Stereo" ist nun aber der erste große Kinofilm, in dem die beiden Charakterdarsteller die tragenden Hauptrollen spielen und der komplett auf sie zugeschnitten ist. Aber nicht nur die Darsteller-Wahl ist spannend, sondern auch das Gesamtprodukt, wagt er doch einen Schritt, den nicht viele deutsche Filme sich trauen und zwar düsteres, knallhartes Genrekino ohne Kompromisse. Das allein ist schon aller Ehren Wert und entschädigt so auch für manche Übertreibung und Überzeichnung.

Dies ist einer jener Filme, dem man sich am besten ohne viel Vorwissen ansehen sollte, arbeitet er doch mit vielen Plotwendungen und Überraschungseffekten, die man nicht immer kommen sieht und die einen deshalb auch umso effektiver treffen. Der Film fängt bedächtig und ruhig an, um dann immer mehr dem Wahnsinn zu verfallen und in einer Welt des Schmerzes und der Dunkelheit fast zu ertrinken. Soviel Wagemut sieht man im deutschen Kino selten. Knallhart und mit einer enormen Wucht wird hier die Story vorangetrieben und inszenatorisch auch in dreckig-durchgestylte Bilder verpackt, die erst auf der großen Leinwand vollends ihre Wirkung entfalten, etwas was man nicht von vielen deutschen Filmen behaupten kann.

Darstellerisch weiß der Film auch vollständig zu überzeugen, besonders Jürgen Vogel schmeißt sich voll in diese Figur und diesen Film rein, zeigt die komplette Bandbreite einer brüchigen, ambivalenten, von seiner Vergangenheit verfolgten Figur und liefert so eine beeindruckende Performance ab. Moritz Bleibtreu fällt da etwas ab und wirkt in seiner teilweise etwas gestellt wirkenden Bosheit und zur Schau gestellten Amoralität etwas hölzern, wenn auch diese Figur eine spannende und interessante Entwicklung durchmacht und für allerhand Überraschungen gut ist. In jeder Sekunde ist dem Film zudem anzumerken, dass er sich vom deutschen Filmeinheitsbrei abheben will, was manchmal zu einer zu dick aufgetragenen Metaphorik und zu vielen filmischen Spielereien führt, die in diesem Ausmaß etwas störend wirkend und vom Kern der Geschichte ein wenig ablenken.

Fazit

So rau, dreckig und kompromisslos hat man das deutsche Kino lange nicht mehr erlebt: Regisseur Maximilian Erlenwein kreiert mit "Stereo" ein mutiges Stück deutsches Genrekino, was durch Tempo, allerhand überraschenden Wendungen und einem stark aufspielenden Jürgen Vogel in der Hauptrolle trotz kleinerer Schwächen zu überzeugen weiß.

Zum Interview mit Jürgen Vogel

Moritz Stock - myFanbase
21.05.2014

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