Bewertung
Jeremiah Zagar

Hustle

Foto: Hustle - Copyright: 2022 Netflix, Inc.
Hustle
© 2022 Netflix, Inc.

Inhalt

Stanley Sugerman (Adam Sandler) blickte einst selbst auf eine hoffnungsvolle NBA-Karriere, doch ein Autounfall mit schwerer Handverletzung hat diesen Traum zerstört. Dem Sport ist er als Talentscout der Philadelphia 76ers erhalten geblieben, wo er immer wieder einen guten Instinkt beweist, doch er ist als Familienvater das ewige Herumreisen satt und ist seinem Mentor Rex Merrick (Robert Duvall) daher dankbar, als dieser ihn zum Assistenzcoach ernennt. Doch da Rex kurz darauf verstirbt, nimmt sein Sohn Vince (Ben Foster) die Fäden in die Hand und setzt Stanley wieder als Talentscout ein. Dieser entdeckt dabei in Spanien den Basketballer Bo Cruz (Juancho Hernangomez), der eigentlich auf dem Bau arbeitet, aber abends immer seiner Leidenschaft für Basketball frönt. Stanley ist sofort überzeugt, dass der junge Mann eine große NBA-Karriere vor sich hat und knüpft sein eigenes Schicksal an dessen Erfolg, was durchaus riskant ist, denn Bo hat eine bewegte Vergangenheit und ein reizbares Temperament.

Kritik

"Chuck und Larry - Wie Feuer und Flamme", "Kindsköpfe", "Jack und Jill", "Urlaubsreif" und "Murder Mystery", was haben die alle gemeinsam? Adam Sandler in seiner stereotypen Hauptrolle in Komödien. Doch dann kam vor drei Jahren "Der schwarze Diamant" (Original: "Uncut Gem"), bei dem doch einige von Sandlers Schauspiel überrascht wurden und das scheint tatsächlich eine gewisse Kehrtwende zu sein, denn das nun mit ihm bei Streamingdienst Netflix erschienene "Hustle" ist wahrlich nicht als klassische Komödie einzustufen. Es ist zwar auch kein tiefgründiges Drama, aber eben ein intensives Sportsdrama, in dem es durchaus auch um individuell berührende Schicksale geht. Ich persönlich habe diese Seite von Sandler bislang so noch nicht gesehen und finde, dass es ihm sehr gut steht.

Bei Sportfilmen bin ich generell immer schnell am Haken, weil ich den Sport auf vielfältige Art und Weise mag und immer auf die Emotionen anspringe, die dadurch transportiert werden. Sportart Nummer Eins war für mich eigentlich immer Fußball, aber in den letzten Jahren habe ich auch eine gewisse Resignation verspürt angesichts der zunehmenden Kommerzialisierung der Sportart und der Absurdität, die zukünftige Projekt darstellen. Deswegen hat mir bei "Hustle" vor allem gefallen, dass es ganz klar ein Film von Fans für Fans ist. Auch wenn Basketball nicht meine Sportart ist und ich mich dort auch abseits der großen Namen wie Dirk Nowitzki, Michael Jordan, der bereits verstorbene Kobe Bryant und viele mehr gar nicht groß auskenne, so kann ich die Liebe fürs Detail, die ganze Hommage sofort erkennen und das berührt mich einfach. Der US-Sport ist auch kommerzialisiert, das ist nicht zu leugnen, aber der Film spielt abseits der großen Bühne. Es geht natürlich um den Sprung in die NBA und dennoch geht es in der Hauptsache um die ganzen Teilschritte davor und das hat etwas Gemütliches an sich, wo eben nicht nur auf die Fans des konkreten Sports auf ihre Kosten kommen (alleine die ganzen Gastauftritte von den Größen des Sports, unglaublich!), sondern auch Laien oder Fans von Sport allgemein.

Als Sportfilm erfindet "Hustle" das Rad definitiv nicht neu. Das Entdecken eines Talents, das dann erst auf das Niveau gebracht werden muss, damit es auch alle sehen, das sieht man nahezu überall. Auch die langanhaltende Trainingssequenz, als Bo über sich selbst hinaus wachsen muss, ist ein Klassiker, den man wohl vermissen würde, wenn er nicht geboten werden würde. Deswegen wundert es auch nicht, als "Rocky" sogar konkret angesprochen wird, denn das ist wohl für nahezu alle Sportfilme ein großes Risiko. Dennoch merkt man auch, dass der Film einen modernen Anstrich bekommen hat, was ich auch gut finde, denn wenn man schon ein beliebtes Genre bedient, dann muss man auch mit der Zeit gehen. Hier ist es die Einbindung von Social Media, was über Stanleys Tochter Alex (Jordan Hull) gewährleistet wird, die Bo einen Namen mit einem Hashtag macht, als dieser in den Fokus der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit gerückt werden muss. Ansonsten ist der Film aber auch zeitlos, denn es geht eben im Kern eben um den Sport (vor allem unterstützend durch viele Szenen direkt von der Straße) und dieser kommt auch ohne Virtualität aus.

Aus einer möglichst objektiven Perspektive bleibt für mich vor allem die schöne Beziehung zwischen Stanley und Bo in Erinnerung. Den großen Cast hätte es gar nicht gebraucht, weswegen beispielsweise so Figuren wie Teresa (Queen Latifah) und Kat (Heidi Gardner) leider etwas zu kurz kommen. Aber die beiden Männer haben schnell ein inniges Verhältnis und das Schöne ist, dass sie sich zwar im Grunde beide ausnutzen, was dann aber quasi wegfällt, weil sie auch anerkennen, wofür sie einander brauchen. Bo versteht Stanleys obsessive Liebe für den Sport und dass er das goldene Ticket für ihn sein könnte und Stanley weiß als Familienvater, bei dem gemeinsame Zeit immer zu kurz kommt, dass Bo alles der finanziellen Unterstützung seiner Mutter Paola (María Botto) und seiner Tochter Lucia (Ainhoa Pillet) unterordnen würde. Sie haben auch Geheimnisse voreinander, was aber ebenfalls verständlich ist, weil das Vertrauen erst wachsen muss. Aber das wird nach und nach so intensiv, dass Stanley mental zu seinem Vater wird, der alles für ihn tun würde. Als schließlich rauskommt, dass Stanley schon länger gefeuert ist und gar nicht mehr den direkten Draht zu den 76ers hat, da war für Bo die Enttäuschung groß, aber gleichzeitig reifte auch die Erkenntnis, dass er für ihn hat alles stehen und liegen lassen. Das Beachtliche ist auch, dass Bo-Darsteller Juancho Hernangomez gar kein Schauspieler ist, sondern wirklich in der NBA spielt, was im Übrigen für einige Teile des Casts gilt. Auch wenn ich seine schauspielerische Leistung nun wahrlich nicht in die Höhe loben wollen würde, weil seine Rolle auch eher wortkarg daherkommt, so spielt er aber auch eine Rolle, wo es nicht nur auf die Fähigkeiten am Ball ankommt, sondern auch die eines Mannes, der sehr früh Vater geworden ist, eine Vorstrafe hat und gegen einige Hürden des Lebens ankämpfen muss. Das hat er wirklich einnehmend gespielt und die aufgebaute Chemie zu Sandlers Rolle ist echt gut gelungen.

Dass der Film keine reine Komödie ist, habe ich eingangs schon erwähnt, aber dennoch ist natürlich eine gewisse Note drin. Mir hat das persönlich sehr gut ausgereicht, weil die Familiendynamik der Sugermans beispielsweise herrlich locker war und weil sich eben Stanley und Bo viele Sprüche gedrückt haben, aber weil das auch schon alles war, ist es auf der ernsthaften Ebene geblieben, die ich persönlich für diese Art von Film als angenehmer empfunden habe. Vor allem konnte ich Stanley so als Figur wirklich ernst nehmen, wo ich ansonsten schon mal Probleme habe, wenn ich Sandlers Rollen sonst so sehe. Inhaltlich nimmt der Film ein paar Biegungen zu viel mit. Die Provokationen zwischen Bo und dem zweiten großen Talent des Drafts, Kermit (Anthony Edwards), ist einmal zu viel bedient worden, auch weil es einfach viel zu durchsichtig für alle Zuschauer*innen war, so dass man sich die Szene im Vorfeld bereits selbst hätte erzählen können. Zudem war es für mich als Laiin auch nicht ganz nachvollziehbar, warum es immer noch eine Möglichkeit für Bo gab, in die NBA zu kommen und warum auch Kermit immer dabei war, der doch gefühlt eh schon alle überzeugt hatte. Hier steht sich der Film etwas selbst im Weg, aber dennoch ist das kein dominanter Kritikpunkt, weil es trotz der Dauer des Films alles in allem nicht überlang gewirkt hat.

Fazit

"Hustle" hat mir als Sportfilm insgesamt gut gefallen, auch weil ich den ernsteren Adam Sandler zu schätzen wusste, der hier als glühender Basketballfan genau den Film auf den Leib geschneidert bekommen hat, den er sich wohl immer gewünscht hat. Nicht nur die zahlreichen VIP-Gastauftritte, sondern auch die Darstellung des Sports im Allgemeinen wirkt sehr leidenschaftlich, was sich unweigerlich auf die Zuschauer*innen überträgt. Dennoch ist es keine Neuerfindung des Genres, aber dafür eine Version, die man sich wirklich gut angucken kann.

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Lena Donth - myFanbase
10.06.2022

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