Bewertung
Peter Sohn

Elemental

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Elemental
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Inhalt

Ember ist ein Feuerelement, das mit seinen Eltern in Element City lebt, wo eigentlich alle vier Elemente zusammen leben, doch die Feuerelemente werden am meisten gemieden, so dass sie außerhalb in einer eigenen Siedlung leben. Von klein auf wurde sie erzogen, den Laden der Familie zu übernehmen, doch Ember hat mit ihrem Temperament zu kämpfen und dass sie insgeheim weiß, dass sie andere Träume hat. Als sie unbeabsichtigt dafür sorgt, dass der Keller geflutet wird, lernt sie den Stadtinspektor Wade kennen, der ein Wasserelement ist. Die beiden sind das komplette Gegenteil, aber Ember lernt durch Wade andere Seiten von sich kennen und sie muss sich mit fortdauerndem Kennenlernen fragen, ob Gegensätze überwunden werden können und ob sie ihren Platz in der Welt finden kann.

Kritik

Als ich die grafische Aufbereitung zu "Elemental" gesehen habe, musste ich unweigerlich an "Alles steht Kopf" denken. Auch dort gab es die verschiedenen Einteilungen, brav nach Farbe sortiert, aber dort ging es eben um Emotionen und dementsprechend fünf Einteilungen, hier haben wir die Elemente und das sind nur vier. Aber das sind dann eigentlich auch schon die einzigen Parallelen zwischen beiden Filmen. Für einen Vergleich möchte ich gerne beide aber noch heranziehen, denn bei "Alles steht Kopf" haben wir alle Emotionen auf ihre Art kennengelernt, während ich "Elemental" von der Verteilung des Schwerpunkts eindimensionaler empfunden habe. Wir starten zu Filmbeginn in diese neue Welt und lernen Elemental City kennen. Es ist ein Feuerwerk für die Sinne, weil es viel zu entdecken gibt und automatisch sucht man natürlich Orientierung, um durch diese vielen neuen Eindrücke sich gut zu navigieren. Da sind die Lumens als Feuerfamilie, die neu in die Stadt kommt, natürlich ein guter Anker. Man taucht in ihr Leben, in ihre Traditionen ein und ich fühlte mich mit dem Element Feuer wirklich schnell wohl, habe dann aber umgekehrt gemerkt, dass es mir mit den anderen Elementen nicht ebenso gelungen ist.

"Elemental" beruht auf den Erfahrungen von Regisseur Peter Sohn, der mit seiner Familie von Korea aus in die USA emigriert ist. Daher wundert es mich natürlich überhaupt nicht, wie gut die Lumens und damit das ganze Element, was sie verkörpern, ausgearbeitet sind. Aber warum dann eben diese ganze Elemente-Geschichte? Das soll nicht falsch verstanden werden, denn die Grundidee finde ich großartig und sie wird speziell in Fantasy gerne umgesetzt, von daher bin ich auch durch diverse Bücher mit dieser Idee vertraut. Insgesamt hätte ich mir dann aber dennoch gewünscht, dass ich alle vier Elemente auf einem Basisniveau kennengelernt hätte, damit ich am Ende das Gefühl gehabt hätte, diese reiche Ideenwelt in allen Facetten kennengelernt zu haben. Blicke ich beispielsweise auf die Familie von Wade, die das Element Wasser vertritt, die haben in voller Mannschaftsstärke genau einen Auftritt. Der hat mir aber völlig gereicht, um mir einen Eindruck von einer typischen Wasserfamilie zu verschaffen. Wade ist ja ohnehin neben Ember die zentrale Hauptfigur, man lernt ihn also bestens kennen, aber so alleine ist eben was anderes als sagen zu können, ich habe nun wirklich einen Überblick über Traditionen und Miteinander bekommen. Dementsprechend war der Auftritt der Familie genau getimt, hat mich aber im Umkehrschluss fragen lassen, was war mit Erde und Wind? Natürlich gibt es Nebenfiguren, die diese Elemente verkörpern, aber es sind kleine Auftritte und vor allem auch keine, die unbedingt auf eine Spezies verweisen, sondern eher auf individuelle Charaktereigenschaften. Das war also wirklich der größere Haken für mich bei diesem Film, weil ich mich um die Hälfte der Ursprungsidee übertrieben gesehen betrogen gefühlt habe.

Ansonsten ist "Elemental" in meinen Augen aber ein gelungener Pixar-Film geworden. Die von Sohn angesprochene Familiengeschichte als Grundlage fand ich auf jeden Fall toll, nicht nur, weil es eben ein persönlicher Hintergrund ist, sondern weil es auch eine Lebenserfahrung ist, die nicht nur seine Familie vor vielleicht 30 Jahren gemacht hat, sondern weil es eine ist, die Familien immer wieder neu über verschiedene Jahrzehnte hinweg, mit verschiedenen Heimatländern, hin zu unterschiedlichen Destinationen durchmachen. Viele erkennen sich darin wieder, so dass es eine universelle Thematik ist, die aber immer wieder neu sensibilisiert, speziell wenn in vielen Ländern ergiebige Debatten über Migration geführt werden. Die Lumens sind mit ihrer Geschichte sehr repräsentativ. Sie haben ihre Heimat verloren, was sofort an Flucht wegen Klima bedingten Katastrophen oder auch wegen Krieg denken lässt. Dann fangen sie neu an, sind gleichermaßen bemüht um ihre Traditionen, aber auch um Anpassung an eine neue Welt. Sie sind geduldet, aber sind sie auch wirklich willkommen? Die Feuerwesen sind etwas abseits untergebracht, sie bleiben notgedrungen unter sich, weil sie für die anderen in den alltäglichen Begegnungen eine Gefahr darstellen und sie haben auch noch ein Fleckchen Land zugewiesen bekommen, das stetig unter der Gefahr steht, weggeschwemmt zu werden, weil man sich um die Weiterleitung oder Sammlung des entstehenden Wassers nicht kümmert. In dieser Geschichte steckt wirklich so viel Wahres drin, dass viele vor dem Bildschirm sitzen und sich verstanden fühlen. Spätestens so eine Figur wie Wade bricht das gut auf, weil er allen, denen er begegnet, stets die offenen Arme ausstreckt und genau das ist dann eben der Wendepunkt, der die eigentliche Geschichte erst auslöst.

Die groben Handlungen mit Ehre für die Eltern, aber nicht in ihre Fußstapfen treten wollen, mit Verlieben von Zweien, die eigentlich nicht zusammenpassen, wie die Mehrheit sagen würde, die sind alle bekannt und von Disney schon genug behandelt worden. Dennoch finde ich es hier noch einmal neu verpackt. Denn wo sonst zwei Liebende vermeintlich keine Beziehung eingehen dürfen, da sind es Fehden unterschiedlichster Art, die eine Rolle spielen, aber hier sind es Feuer und Wasser. Da braucht man nicht mal Chemie in der Schule gehabt haben, um eben zu wissen, dass diese beiden miteinander nicht funktionieren. Entweder das Wasser löscht das Feuer aus oder das Wasser ist so erhitzt, dass es langsam verdunstet, bis nichts mehr übrig ist. Aber beide miteinander, ohne Reaktion? Unmöglich. Deswegen sind Ember und Wade natürlich eine Paarung, wo man gar nicht an eine Lösung glauben kann. Aber es ist natürlich Fiktion. Und dennoch ist das Ergebnis, dass Gegensätze eben doch miteinander können, eine wirklich schöne Botschaft. Eine, die für die anderen Themen drum herum so wichtig ist, aber auch eine, die allgemein immer etwas Positives ausstrahlt. Wade war für mich sowieso als Figur unschlagbar. Ember war eben mehr verkopft. Sie ist generell die, die sich selbst im Weg steht, aber nicht absichtlich, sondern weil sie eben nicht nur an sich selbst denkt, sondern weil sie sich in einer Tradition sieht. Wade ist dagegen viel freier, er sieht nicht das Trennende, sondern das Verbindende, er macht sich einfach weniger Gedanken und lebt einfacher. Es ist nicht so, als würde der Film das als Ideal darstellen, ganz im Gegenteil sogar, denn Wade muss um die Anerkennung im Job auch kämpfen. Aber es zeigt eben, dass es oft auch Gegensätze geben muss, damit es im chemischen Verständnis eben zu einer Reaktion, also zu etwas Neuem kommen kann. Und angesichts der vielen Themen auf der Welt, die uns Menschen umtreiben, ist das eine wichtige Botschaft, auch eine, die problemlos bei verschiedenen Altersgruppen ankommt. Pixar ist sonst nicht so für die Liebesgeschichten bekannt, aber hier war es eine gute Wahl, weil es die Kernaussage deutlicher unterstrichen hat.

Fazit

"Elemental" hat mich mit den Themen, den Ideen und den Botschaften überzeugt. Ich habe wieder viel Neues entdeckt und den Film wird man sich problemlos wiederholt ansehen können. Aber ein großes Manko gibt es auf jeden Fall. Dafür, dass es um vier Elemente geht, sind eigentlich nur zwei behandelt worden. Das war mir zu wenig für diese Grundidee. Vielleicht will man ja auch einen zweiten Film noch machen, aber bleibt es dabei, dann wurde aus dem Potenzial faktisch nur die Hälfte rausgeholt.

Lena Donth - myFanbase
02.10.2023

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