Bewertung
Kelsey Mann

Alles steht Kopf 2

Foto: Alles steht Kopf 2 - Copyright: 2023 Disney/Pixar. All Rights Reserved.
Alles steht Kopf 2
© 2023 Disney/Pixar. All Rights Reserved.

Inhalt

Riley ist offiziell eine Teenagerin und mit dem Eintritt in die Pubertät ist in der Kommandozentrale auf einmal alles anders. Freude, Wut, Kummer, Ekel und Angst sind nicht länger alleine, sondern sie sollen sich den Platz fortan mit den Neuzugängen Zweifel, Peinlich, Neid und Ennui teilen. Doch die Zusammenarbeit misslingt schnell, denn Zweifel hat einen ausgeklügelten Plan, der eine Frage ins Zentrum stellt: Wer ist Riley und wer soll sie werden? Während Freude und Co. schließlich verbannt werden, müssen auch sie sich bewusst werden, wie die gemeinsame Zukunft mit Riley aussehen kann.

Kritik

"Alles steht Kopf" ist für mich einer dieser Überraschungshit von Pixar, mit denen man im Vorfeld nicht so konkret planen konnte, stattdessen geht man einfach ins Kino, weil man weiß, gute Unterhaltung gibt es eigentlich immer und ab und zu warten die Ausreißer nach oben. "Alles steht Kopf" gehörte für mich persönlich dazu, weil ich es immer wieder spannend finde, wenn sich in verschiedenen Produktionen kreativ damit auseinandergesetzt wird, wie es im menschlichen Kopf wohl zugehen könnte, um abseits von Biologie, Chemie, Physik etc. den komplexen Prozessen im Gehirn etwas Greifbares zu geben. Das war sicherlich nicht nur für die hauptsächliche Zielgruppe der Kinder spannend, sondern auch für uns Erwachsene, zumal ja auch mit Rileys Eltern und dann im Abspann das Spielchen auch mit Tieren durchgeführt wurde, so dass es eine breite Mischung war. Weiterhin war ich angesichts der Ankündigung des zweiten Teils von Anfang an optimistisch, denn es wird immer dann mit Fortsetzungen schwierig, wenn sie aus dem Boden gestampft wirken, um auf der Welle des Erfolgs zu reiten. Aber "Alles steht Kopf" endete bereits mit dem ominösen Pubertäts-Knopf, der eigentlich sofort deutlich machte, die Macher rund um Pete Docter hatten von Anfang einen Plan über den ersten Film hinaus.

Die Pubertät ist der nächste logische Schritt in der Handlung gewesen. Ich musste nur mehrfach daran denken, dass die Handlung dadurch gerade für Kinder auch weniger greifbarer wird. Diese sind zum Glück von der Pubertät noch etwas weit weg und sie sollen auch ihr völlig unbeschwertes Sein so lange wie möglich genießen, aber es ist als Thematik natürlich dennoch weiter weg. Aber das heißt keinesfalls, dass "Alles steht Kopf 2" weniger kinderfreundlich wäre, denn die Zutaten bleiben aus dem ersten Teil alle erhalten und werden durch neue Emotionen und neue Abenteuer nochmal angeheizt. Aber es wird sicherlich für Kinder unterhalb der Pubertät nicht mehr so der Identifikations-Faktor sein, wie es der erste Teil noch war. Umgekehrt bedeutet das aber für Jugendliche und Erwachsene, dass es noch einmal vielschichtiger wird und auch eine Phase des Heranwachsens beleuchtet, die wohl für alle einprägsam war. Mit den neuen Emotionen und deren Darstellung ist es dann zusätzlich der Bonus zu erkennen, jo, das hatte ich auch schon alles durch und es war wirklich eine verrückte Zeit, kein Wunder, dass in der Kommandozentrale da oben oft absolutes Chaos herrschte. Ich fand die Sinnbildlichkeit durch die neuen Emotionen auf jeden Fall genial gemacht, wenn es sicherlich auch interessant wird, sollte es einen dritten Teil geben, oder auch schon ist, wie man erklärt, dass man als Erwachsener wieder beim Grundset aus fünf Emotionen auskommt, denn eigentlich wird das Leben nur komplexer und komplexer (wenn auch oft selbstverschuldet). Aber vielleicht ist auch die Vorstellung von Nostalgie der Hinweis, denn manche tauchen nur bei Bedarf auf.

Schauen wir jetzt auf den Inhalt, da habe ich für mich persönlich ein paar Kritikpunkte entdeckt, die vor allem im Wiederholungsfaktor lagen bzw. an der mangelnden Weiterentwicklung. Von den Emotionen waren es vor allem Freude und Kummer, die im ersten Teil sehr im Fokus standen und dadurch an ihrer Freundschaft zueinander arbeiten mussten. Zwar hatten wir parallel Ekel, Angst und Wut noch in der Kommandozentrale, aber sie waren als Figuren dennoch für mich zurückstehend. Dementsprechend wäre es für mich eine logische Sache gewesen, das im zweiten Teil nun zu ändern. Ja, wir haben einige Neuzugänge, auch in Rileys Leben, die ebenfalls Profil gewinnen müssen, aber da es letztlich wieder Freude und Kummer waren, die von den altbekannten Figuren am meisten im Fokus waren, fand ich das echt schade. Freude ist das Gesicht des Ganzen, das ist klar und sie ist als Emotion sicherlich auch sehr wichtig, weil sie reinste im positiven Sinne ist und daher alles zusammenhalten muss, aber die Botschaft des ersten Teils war doch eigentlich, dass das Leben nicht nur Freude sein kann, sondern dass alle Emotionen zusammenwirken müssen, weil aus dem Kummer oft auch erst Freude entsteht und dann einen anderen Wert hat. Deswegen fühlte sich dann manches wie ein Rückschritt an. Immer noch ist es Freude, die eigentlich alle Fäden spinnt und immer noch ist es Freude, die eine Lektion nicht gelernt hat und alle schlechten Erlebnisse von Riley in den Hinterkopf packt.

Deswegen fand ich es von der Handlung her genau richtig, dass mit den vier neuen Emotionen erstmal völliges Chaos ausbricht. Freude fühlt sich natürlich sofort in ihrer Autorität bedroht und das zurecht, denn mit Zweifel ist nicht zu spaßen. Sie ist eigentlich die Kopie von Freude und mit den eigenen Waffen geschlagen zu werden, das weiß jeder, nicht schön. Wenig verwunderlich war dann auch, dass ich kein großer Fan von Zweifel als Charakter war, aber zu ihrer ganzen Art und wofür sie steht, passte ihr Handeln echt perfekt. Da ging es dann weniger darum, als welcher Mensch sich Riley bislang entwickelt hat, sondern da ging es darum, sie an gesellschaftlichen Erwartungen entlang zu einer vermeintlich perfekten Person zu machen, um sie allen Herausforderungen des Lebens zu entziehen, einfach weil sie auf alles vorbereitet ist und auf alles eine Antwort hat. Ja, das passt, dass das die Mission von Zweifel ist. Deswegen hat es der Film auch gut ausgespielt, dass Zweifel ähnlich zu Freude agiert, nur aus ganz unterschiedlichen Motiven heraus. Daher hatte der Film grob gesehen das Motto Team Freude gegen Team Zweifel. In der Folge hat es gut getan, dass für mich die Entscheidung nicht ganz klar war. Denn Freude ist als Figur anstrengend und oft so unbelehrbar, dass ihre Pläne nicht automatisch wie die ideale Lösung für Riley wirken. Immerhin wurden von ihr aber auch andere Seiten gezeigt. Sie ist von Kummer inzwischen wirklich eine ehrliche Unterstützerin geworden und hat sie daher aus Überzeugung auf eine alleinige Mission geschickt. Gleichzeitig ist sie nicht nur Freude, es ist ihre Aufgabe, immer alles optimistisch anzugehen, aber auch in ihr säen sich Zweifel und die Frage nach dem Sinn. Genau das wäre doch ideal gewesen, um auch Angst und Co. mehr Raum zu geben, aber es bleibt nur bei kleinen rausstechenden Momenten.

Umgekehrt blicke ich auf Team Zweifel und auch wenn es alles Neulinge sind und man oft automatisch zu den Alteingesessenen hält, so hatte ich mit denen auch meinen Spaß. Vor allem Ennui war mit ihrer ganz coolen Art eine gute Abwechslung und Peinlich musste einem unweigerlich ans Herz wachsen, auch weil die Paarung mit Kummer eine echt clevere Idee war. Die beiden ergänzen sich in vielem und es war sofort für mich verständlich, warum Peinlich ausgerechnet für sie in beiden Teams spielt. Wenn ich auf den Handlungsverlauf blicke, dann war es auf einer Art dem ersten Teil sehr ähnlich. Diesmal sind es alle fünf Grundemotionen, die außerhalb der Kommandozentrale landen, aber wir erleben wieder die Herausforderungen, in den komplexen Arealen des Gehirns den Weg dorthin zu finden, wo man gerne hin möchte. Das erschien mir etwas einfallslos. Dennoch war die Weiterentwicklung der Inseln, der genauere Blick in die Traumfabrik, der Gedankenstrom etc. gute neue Ideen, aber auch der Tresor mit den Geheimnissen war charmant. Letztlich ist es aber ohnehin die Botschaft des Films, die wieder heraussticht. Das eine ist sicherlich die Akzeptanz, dass Freude nicht mehr so leicht die dominierende Emotion sein kann, weil das Leben einem immer wieder so viele Steine in den Weg legt, so dass es eher auf die Mischung ankommt. Daran anschließend ist das andere natürlich, dass der Mensch oft voller Widersprüche ist. Er kann im Kern gut sein und dennoch Fehler machen. Er kann sich in neue Abenteuer stürzen und dennoch Zweifel haben und vor allem prägen ihn die herausfordernden Momente viel mehr als das, was dem Menschen eher zufliegt. Somit war am Ende alles rund und vor allem tatsächlich wieder nah an unserer Lebenswelt dran, so dass es sich auch wieder tröstlich anfühlt.

Fazit

"Alles steht Kopf 2" ist ein sehenswerter zweiter Teil, der total logisch in der Gestaltung wirkt und wieder sehr viel Spaß und Erweiterungen bietet. Ich hätte mir in der Konsequenz bei einigen Aspekten mehr Entwicklung und völlig andere Impulse gewünscht, aber der kurzweilige Filmspaß punktet letztlich auch mit der Botschaft und deutet an, dass es durchaus noch weitere, sinnige Abenteuer geben könnte.

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Lena Donth - myFanbase
19.06.2024

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