Bewertung

Nur noch ein einziges Mal - It Ends with Us

Foto: Nur noch ein einziges Mal - It ends with us - Copyright: 2024 Sony Pictures Entertainment Deutschland GmbH
Nur noch ein einziges Mal - It ends with us
© 2024 Sony Pictures Entertainment Deutschland GmbH

Inhalt

Lily Bloom (Blake Lively) lässt Maine hinter sich, um in Boston neu anzufangen. Doch der Tod ihres Vater (Kevin McKidd) reißt alte Wunden auf, so dass sie in einer schicksalshaften Nacht den attraktiven Neurochirurgen Ryle (Justin Baldoni) kennenlernt, der sie mit seiner hartnäckigen Art um den Finger wickelt. Während Lily sich den Traum eines eigenen Blumenladens erfüllt und mit Ryle immer enger zusammenwächst, begegnet sie auf einmal ihrem alten Jugendfreund Atlas (Brandon Sklenar), der eine Erinnerung an ein dunkles Kapitel ihrer Vergangenheit ist, doch die alte Vertrautheit ist sofort da. Dieser kommt auch Ryle auf die Schliche und Lily muss eine ganz neue Seite an ihm kennenlernen.

Kritik

Colleen Hoover ist eine dieser Autorinnen, bei denen ich mir schon früh gewünscht habe, dass es viele ihrer Bücher als Film oder TV-Serie zu mir schaffen. Nicht nur, dass sie sich selbst literarisch immer neu erfindet, sondern sie schafft auch spezielle Beziehungen durch eine wunderschöne Sprache und ikonische Dialoge. Das sind jeweils Voraussetzungen, die man auf den Bildschirm sehr gut übertragen kann. So richtig wollte mein Wunsch aber viele Jahre nicht in Erfüllung gehen, bis ich Anfang Januar 2023 genau die News abtippen durfte, dass "Nur noch ein einziges Mal" adaptiert werden wird. Auch mit Blake Lively und Justin Baldoni als zentrale kreative Köpfe hatte ich ein extrem gutes Gefühl, weswegen die Berichterstattung der letzten Woche umso mehr schmerzt. Nachdem den Fans aufgefallen ist, dass Lively und Baldoni auf keinen gemeinsamen Fotos abgelichtet wurden und auch keine gemeinsame Promoveranstaltung absolviert haben, wurde nach und nach offensichtlich, dass etwas vorgefallen ist, was die Bewerbung der Adaption schwer belastet. Ich möchte auf Spekulationen zu den Gründen hier nicht näher eingehen, weil es aktuell einem Hin und Her am Zuschieben von Vorwürfen gleicht, aber es hat bei mir die Stimmung doch deutlich gedämpft, auch weil es angesichts der Thematik des Film doppelt prekär ist. Dementsprechend sind auch schon Vorwürfe laut geworden, dass der ganze Rummel von der Wichtigkeit des Themas ablenkt und ich denke auch, dass das mehr hätte im Vordergrund stehen müssen, auch wenn es natürlich nicht alles ist, was "Nur noch ein einziges Mal" ausmacht. Deswegen von mir hier aber der Hinweis: Der Film ist keine reine Liebesromanze, sondern behandelt auch das Thema häuslicher Missbrauch. In meiner Kinovorstellung sind tatsächlich auch Besucher*innen früher gegangen, die offensichtlich durch das Marketing in die Irre geführt wurden. Abseits dieses ganzen Aufruhrs habe ich mir aber meine Neugier auf die Umsetzung bewahren können, auf die ich nun näher eingehe.

In meiner Buchrezension hatte ich bereits erwähnt, dass das Buch einen tiefen Eindruck bei mir hinterlassen hat, so dass ich auch sieben Jahre nach Erscheinung der deutschen Ausgabe noch sehr prägnante Erinnerungen an das Geschehen habe. Dementsprechend war es zunächst an einigen Stellen etwas irritierend, so viele Serienstars in den Rollen zu entdecken. Vor allem auch Serienstars, die sehr langlebig eine Rolle bekleiden und damit nicht von Gast- und Nebenrolle zur nächsten ziehen, sondern tatsächlich sehr eng mit dieser einen Rolle verknüpft sind. Neben Baldoni, von dem ich aber schon vorab wusste, waren das vor allem McKidd und Amy Morton. Auch Lively habe ich natürlich lange in einer Serienhauptrolle erlebt, aber da sie sich zuletzt dem Filmgeschäft gewidmet hat und dort viele Seiten von sich ausleben konnte, wurde sie für mich auch schnell zu Lily Bloom. Und in meinen Augen auch zu einer sehr guten Lily Bloom. Eben diese Figur war es, die das Buch für mich so großartig gemacht hat, und es war wirklich toll, dass ich diese Stärke in der Verletzlichkeit hier sofort angeboten bekommen haben. Weiteren Applaus gibt es für das Casting von Isabela Ferrer als jüngere Version von Lily. Die beiden sind keine Doppelgängerinnen, das wäre jetzt etwas übertrieben, aber je nach Schnittwechsel ist es sehr deutlich geworden, dass sie eine optische Ähnlichkeit haben und dass es Ferrer vor allem gelungen ist, kleinere Gestiken von Lively zu übernehmen. Bei den beiden hatte ich wirklich den Eindruck, sie sind eine Lily, ohne einen Bruch wahrzunehmen. Bei Sklenar und Alex Neustaedter in der jüngeren Version fand ich das nicht ebenso gut gelungen, unangenehm war es deswegen aber nicht. Denn letztlich ist vor allem entscheidend, dass jeweils die Chemie zwischen Lively und Sklenar in der Gegenwart sowie Neustaedter und Ferrer in der Vergangenheit stimmte und dem war eindeutig so. Insgesamt liest sich hoffentlich raus, dass ich mit dem Casting alles in allem zufrieden war. Auch wenn es an manchen Stellen eine Gewöhnung war, aber letztlich hat auch die Geschichte selbst geholfen, dass sich alles gut und mitreißend zusammengesetzt anfühlte.

Der zentrale Themenschwerpunkt für Buch und Film ist wie erwähnt der häusliche Missbrauch. Hoover selbst hat es auf privater Ebene bei ihren Eltern erlebt und deswegen für ihr Buch sich der Thematik angenommen, auch um ein generationenübergreifendes Trauma abzubilden. Das wird hier dadurch vermittelt, dass Lily bei ihren Eltern Andrew (McKidd) und Jenny (Morton) erlebt hat, wie es gewesen ist. Auch wenn sie selbst in die Wutausbrüche des Vaters nie selbst involviert war, aber sie ist dennoch gezeichnet fürs Leben. In der Gegenwart haben wir dann wiederum Lily, die bei Ryle entsprechende Seiten immer öfters entdeckt, die sie aber mit seinen Erklärungen lange als Unfälle oder Missverständnisse durchgehen lässt. Hier war für mich persönlich interessant, welch großer Unterschied Buch und Film für mich darstellten. Während ich bei der Vorlage inhaltlich noch völlig unbedarft war, hatte es bei mir dort sehr gut funktioniert, für Ryle Sympathien zu entwickeln. Das war auch das Ziel der Autorin, weil sie aufgrund ihrer eigenen Gefühle für ihren Vater nicht das Bild eines Gewalttäters zeichnen wollte, weil es auch nicht ihre Realität war. Im Film war das schon etwas anders. Ich wusste natürlich, was passieren würde und dementsprechend habe ich Ryles Art ganz anders wahrgenommen. Dennoch ist er letztlich kein Antagonist. Das liegt natürlich auch an der Einbindung von seiner Schwester Allysa (Jenny Slate), die auch als Brücke zwischen Ryle und Lily fungiert, weil sie alle Seiten ihres Bruders kennt und damit auch uns Zuschauer*innen vermittelt, dass Ryle wie wir alle sehr viele verschiedenen Seiten hat, ohne dass aber die eine die andere entschuldigen darf.

Insgesamt sehe ich die Darstellung der Thematik etwas zweigeteilt. Gerade da im Marketing schon bei der Buchveröffentlichung einiges schief gelaufen ist und es auch mit der Filmveröffentlichung offenbar nicht ideal rübergekommen ist, ist es positiv, dass die entsprechenden Szenen im Schnitt aufs Minimum reduziert sind. Es sind mehr Andeutungen als explizit dargestellte Gewaltszenen. Es gibt lediglich eine längere Szene zwischen Lily und Ryle, die aber in dieser Konsequenz auch notwendig war, weil es letztlich der Aufwach-Moment ist. Ansonsten gibt es durchaus prägnant eingebautd Momente, die durchaus helfen, die viele Seiten einer missbräuchlichen Beziehung zu verstehen. Auch wenn es etwas dünn bleibt. Beispielsweise hat mir bei Jenny einiges gefehlt. Sie ist die Frau, die geblieben ist und sie hat genau eine Szene, in der Lily sie konfrontiert und das war es dann auch schon. Umgekehrt hat es das Buch natürlich erlaubt, in die Gedankengänge von Lily einzudringen, was unwahrscheinlich geholfen hat, um alles besser nachzuvollziehen, nicht nur für sie, sondern auch für die anderen Rollen. Das fällt hier natürlich weg, weil wir so eine klare Erzählstimme nicht haben. Das bedeutet in der Konsequenz, dass vieles Geniale aus der Vorlage fehlt oder stilistisch einfach nicht so intensiv rübergebracht werden kann. Wenn ich die Laufzeit des Films bedenke und auch nicht auf Anhieb genug Szenen vor Auge habe, die man problemlos hätte streichen können, dann hätte umgekehrt eine noch längere Laufzeit auch nicht geholfen, vor allem nicht im Angesicht der Thematik. Dennoch kommt für mich rüber, was Hoover ursprünglich aussagen wollte und so ein Film kann auch zur allgemein besseren Verständigung beitragen, einfach weil eine Debatte so angestoßen wird.

Kommen wir am Ende nochmal bei Lively aus, weil sie den Film für mich in der Hauptsache gestemmt hat. Sie hatte sich begeistert zum Buch geäußert und das kam auch rüber. Sie wollte Lily Bloom sein und sie war es. Sie hat viele Seiten von sich zeigen können, das Unsichere, das Verletzliche, das Wütende, das Mutige, das Verführerische, das Schlagfertige, das Witzige und noch so viel mehr. Auch wenn sie mit Ryle und Atlas zwei so völlig verschiedene Menschen in ihr Leben gelassen hat, aber dennoch ist Lily dabei stets sich selbst treu geblieben. Deswegen bleibe ich auch bei meinem Bucheindruck, dass es letztlich gar nicht um eine Liebesgeschichte geht, sondern nur um Lily als Individuum. Dementsprechend hat es mir auch gefallen, wie sanft alles mit Atlas in der Gegenwart dargestellt wurde. Er ist nicht ihr Retter, er ist ein offenes Ohr, der selbst Gewalt kennt und deswegen so empfindlich darauf reagiert, und letztlich ein Begleiter auf dem Weg, den sie zu gehen hat. Deswegen hinterlässt das Ende ab dem größeren Zeitsprung auch den stärksten Eindruck. In einer der besagten Szene wird dann auch der Originaltitel 'It ends with us' bedeutsam und es war meine Lieblingsszene im ganzen Film. Denn dort kam tatsächlich alles zusammen, was ich zuvor beschrieben habe. Dadurch kann man mit einem mächtigen Gefühl aus dem Film gehen.

Fazit

"Nur noch ein einziges Mal" hat für mich als Buchfan gut genug funktioniert, um zufrieden aus dem Kino gegangen zu sein. Die zentralen Rollen waren sehr gut besetzt, allen voran Blake Lively als Lily, dazu wurden die wichtigen Botschaften auch alle rübergebracht. Alleine aufgrund der unterschiedlichen Erzählweisen, die zwischen Buch und Film nun mal bestehen, hat "Nur noch ein einziges Mal" als Adaption nicht alles gleich emotional abbilden können. Da muss man sich den Vorwurf der Oberflächlichkeit leider gefallen lassen, weil es nicht gelungen ist, einen Ausgleich zu schaffen. Dennoch ist der Film unterm Strich mehr als empfehlenswert, aber bitte beachtet wirklich: es ist nicht (nur) ein Liebesfilm.

Zum Gewinnspiel: "Nur noch ein einziges Mal - It Ends with Us"

Lena Donth - myFanbase
16.08.2024

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