Bewertung
Susannah Grant

Lonely Planet: Liebe in Marokko

Foto: Laura Dern & Liam Hemsworth, Lonely Planet: Liebe in Marokko - Copyright: 2024 Netflix, Inc.; Anne Marie Fox/Netflix
Laura Dern & Liam Hemsworth, Lonely Planet: Liebe in Marokko
© 2024 Netflix, Inc.; Anne Marie Fox/Netflix

Inhalt

Die Bestsellerautorin Katherine Loewe (Laura Dern) reist für ein Schreib-Retreat nach Marokko, da sie mit ihrem neuen Werk nicht vorankommt. Dort will sie sich aber von den anderen geladenen Kolleg*innen fernhalten, um alle Ruhe zu haben. Zufällig begegnet sie Owen Brophy (Liam Hemsworth), der als Begleitung seiner Freundin Lily (Diana Silvers) dabei ist. Die beiden verstehen sich auf Anhieb und beide müssen sich fragen, wie ihre Zukunft aussehen soll.

Kritik

Mit "Lonely Planet", der im Deutschen noch den Untertitel "Liebe in Marokko" trägt, habe ich zwei große Assoziationen ausgemacht. Vorab musste ich angesichts der gemeinsamen Besetzung von Laura Dern und Liam Hemsworth daran denken, dass Altersunterschied in Liebesbeziehungen 2024 DAS Thema zu sein scheint. Nach "Als du mich sahst" und "A Family Affair" ist es für mich schon der dritte Film dieses Jahr und passenderweise sind immer die Frauen die älteren, was gut dazu passt, dass in der Gesellschaft Altersunterschiede in Partnerschaften wenig überraschend genau dann akzeptierter sind, wenn der Mann der deutlich ältere ist. Die zweite Assoziation hat sich erst im Verlauf des Films aufgetan. Denn "Lonely Planet" hat mich in gewissen Parallelen an "A Tourist's Guide to Love" erinnert. Schließlich haben scheinbar beide Filme ein großes Anliegen daran, wie eine promotete Reiseempfehlung zu wirken. Fahrt nach Vietnam! Fahrt nach Marokko! Gleichzeitig bleibt aber der Umstand bestehen, dass beide Filme eine sehr ruhige Erzählweise gewählt haben, in der die Landschaft und Schnipsel auf die Kultur wirken können. Deswegen ist auch "Lonely Planet" keinesfalls eine RomCom, weil es um Humor nicht geht. Es ist einfach ein intensiv erzählter Liebesfilm.

Die ruhige Erzählweise hat mir für diesen konkreten Film gut gefallen. Auch wenn Owen und Katherine im Umgang miteinander auch das gemeinsame Lachen finden konnten, aber beide sind an einem Wendepunkt in ihrem Leben, an dem Lachen nur eine Bewältigungsform von vielen sein kann. Katherine ist noch relativ frisch verlassen worden und steht eigentlich vor der Aufgabe, sich eine neue Bleibe suchen zu müssen. Stattdessen nimmt sie spontan die Einladung zum Retreat an, denn sie wurde auch verlassen, weil sie in ihren Schreibphasen angeblich nicht zu ertragen ist, was etwas bitter ist, weil als Autorin Schreiben einen Großteil der eigenen Zeit ausmacht. Und auch etwas happig, das nach so vielen gemeinsamen Ehejahren auf einmal vorgeworfen zu bekommen. Owen umgekehrt reist aus dem Alltagstrott gerissen nach Marokko an. Er ist beruflich im Finanzgeschäft angekommen, wenn er sich die Auszeit auch eigentlich gar nicht erlauben kann, denn Geschäfte wittern immer und überall, so dass er weiterhin erreichbar bleiben muss. Gleichzeitig war auch seine Beziehung zu Lily eigentlich in Ordnung, wenn Owen auch später eingesteht, dass sich seit ihrem ersten Beststeller etwas verändert hat. In einer klassischen Krise habe ich die beiden aber nicht erlebt, als sie anreisen.

Genau deswegen hatte ich auch erst etwas Bauschmerzen, weil mir natürlich schon klar war, in welche Richtung sich alles entwickeln wird und ich hasse es wirklich, wenn sich dann so Betrügereien entwickeln, die möglicherweise so etwas Schönes wie ein Kennenlernen völlig überschatten. Doch den Spagat bekommt "Lonely Planet" hin. Denn die ersten Gespräche zwischen Katherine und Owen habe ich völlig ohne Intention wahrgenommen. Parallel erleben wir aber schon, wie Lily erfolgreich die Beziehung sabotiert. Das soll nicht heißen, dass Owen für mich der unschuldige Saubermann war, aber er war von Anfang der Außenseiter bei dieser Reise, weil er sich im Urlaub in eine fremde Welt begibt, in der Lily Heimspiel hat. Und der ist es sichtlich zu Kopf gewachsen, in den anderen Autor*innen solche Verwandtschaften im Geiste zu entdecken, so dass sogar eine Dynamik entstand, bei der ich mich teilweise etwas geschämt habe, weil sich alle auch ohne direkte Absprachen gegen Owen verbündet zu haben schienen, um sich ihm gegenüber überlegen zu fühlen. Mir ist bewusst, dass diese Elite-Gedanken oft an der Tagesordnung steht, aber in diesem konkreten Kreis hat es mich echt enttäuscht. Aber das hilft natürlich, um das Vertrauen zwischen Katherine und ihm zu steigern, weil sie auch ohne Nachfragen begreift, was in ihm vorgeht, während Lily es überhaupt nicht merkt. Da sie sich zuerst so respektlos und ignorant erweist, habe ich den weiteren Verlauf des Films also kaum kritisieren können.

Ich war wirklich positiv überrascht, wie gut mir Hemsworth in diesem Film gefallen hat. Auch wenn ich ihn schon in einigen ernsten Rollen erlebt habe, beispielsweise auch "Die Tribute von Panem - The Hunger Games"-Reihe, aber gerade so im Liebesfilmbereich muss ich eher an "Isn't It Romantic" denken und war daher über die Reife von Owen erstaunt und wie gut es Hemsworth gestanden hat. Aber klar, er ist nicht 'nur' der kleine Bruder von Chris Hemsworth, sondern er ist selbst schon vor langer Zeit erwachsen geworden. Wenn ich diesen Überraschungs-Effekt aber mal außen vorlasse, dann finde ich dennoch, dass "Lonely Planet" Owen wesentlich besser ausgestaltet als Katherine. Auch indem wir ihn immer wieder bei seinen Läufen begleiten, wird immer offensichtlich, in welcher Aufruhr er sich gerade befindet. Sicherlich wegen der sich zu Neige gehenden Beziehung, aber auch beruflich, weil Owen die negativen Seiten seines Berufsfeldes nicht mehr ignorieren kann. Katherine wiederum ist zwar allen im Retreat gegenüber höflich, aber sie ist auch zurückhaltend, in sich gekehrt. Dass sie mit Owen langsam mehr loslassen kann, ist daher von Anfang an für mich mit ihm verbunden gewesen. Auch wenn ich die Chemie zwischen Dern und Hemsworth nicht als überwältigend beschreiben würde, aber sie war zum Glück auch kein Kritikpunkt, so dass ich mich auf die gemeinsamen Szenen gut einlassen konnte. Diese Ausflüge waren dann auch die Punkte, in denen ich mich am ehesten wie in einem Reiseführer fühlte. Aber es wirkte auch überzeugend. Katherine und Owen werden etwas abseits der üblichen Touristen-Hotspots geführt und ich fand es schön, diese natürlichen Momente zu erleben, auch weil der Film insgesamt so auch die Botschaft hatte, dass man selten dort dieses spezielle Gefühl entwickelt, wenn man sich im Vorfeld schon so drauf versteift hat, sondern genau dann, wenn man es am wenigsten erwartet.

Im letzten Viertel des Films wurde es noch einmal etwas kritischer. Der Altersunterschied von Katherine und Owen ist eigentlich kein Thema gewesen. Das fand ich auch okay, weil es so zur Normalisierung beitragen kann. Doch dann gibt es die kleine Szene, in der es Katherine offenbar doch ein Anliegen ist, so dass sie eine Bemerkung macht. Das verletzt Owen sehr, was ich auch gut verstehen konnte. Aber anschließend ist das Thema tot. Wenn man es anspricht, dann muss man auch ein wenig Input bereit stellen und nicht eine kleine Szene und dann wieder begraben. Aber das war nicht das Einzige. Die gemeinsame Zeit endete auch etwas künstlich und wieder war es die Gestaltung von Katherine, so dass es eigentlich kein Wunder ist, dass Owen der Gewinner des Films ist. Denn er hat die Selbsterkenntnis, er hat die Empathie mit den Menschen um sich herum und er wird etwas zu oft als Opfer ausgemacht. Relativ typisch für Liebesfilme ist dann das Ende auch überhastet gestaltet. Es war gut in der Konsequenz, aber warum wirkt es in den Drehbüchern immer so, als wäre den Autor*innen spontan aufgefallen, dass es noch einen Abschluss braucht? Etwas mehr Raum hätte sicherlich auch gewisse Schwächen im Vorfeld völlig egalisieren können.

Fazit

"Lonely Planet – Liebe in Marokko" ist ein ruhiger, landschaftlich schön gestalteter und inniger Liebesfilm. Es gibt gewisse Schwächen, vor allem zum Ende hin, die oft dann in der Konsequenz des Drehbuchs begründet liegen. Aber ich habe mitfühlen können und war angesichts des Schauspielkalibers von Laura Dern überrascht, dass Liam Hemsworth für mich den eigentlichen Gewinner des Films darstellt.

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Lena Donth - myFanbase
14.10.2024

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