Bewertung

Horizon - Eine amerikanische Saga

Foto: Horizon - Eine amerikanische Saga - Copyright: 2024 LEONINE Studios
Horizon - Eine amerikanische Saga
© 2024 LEONINE Studios

Inhalt

Der erste Teil der vierteiligen Saga erzählt ein Stück US-amerikanische Geschichte von 1859 bis 1863 nach. Im Wilden Westen sorgen Besiedlungen durch Europäer für Unruhe unter den verschiedenen indigenen Stämmen. Während sich viele verschiedene Familien ein Leben aufzubauen versuchen und anderes ihres bedroht sehen, entladen sich zahlreiche Konflikte, die vor dem Hintergrund des Amerikanischen Bürgerkrieges noch einmal eine andere Bedeutung gewinnen.

Kritik

Jedem "Yellowstone"-Fan dürfte "Horizon" ein Begriff sein. Auch wenn die genauen Umstände wahrscheinlich wegen Aussage gegen Aussage immer ungeklärt bleiben dürften, so ist doch auch klar, dass es wegen Kevin Costners Leidenschaft für seine Filmreihe "Horizon" zu einem Zerwürfnis mit Serienschöpfer Taylor Sheridan kam, weswegen er in der zweiten Hälfte der fünften und finalen Staffel rausgeschrieben wurde. Auch wenn das für "Yellowstone" separiert betrachtet in jedem Fall eine bedauerliche Entwicklung ist, so hat es mit "Horizon" selbst natürlich nichts zu tun. Das zeigt auch die Ausdauer, die Costner bewiesen hat, um diese als Vierteiler angelegte Saga in die Kinos zu bringen. Bereits 1988 hat der Schauspieler erstmals ein Konzept über die Filmreihe entwickelt, das sich über die Jahre hinweg gewaltig verändert hat. Auch wenn es Jahrzehnte gedauert hat, bis 2022 die ersten Dreharbeiten beginnen konnten, so hat Costner das Projekt nie aus den Augen verloren und bei den Presseterminen auch immer wieder betont, wie viel von seinem eigenen Geld in die Produktion geflossen ist, was seine Leidenschaft für die Idee unterstreicht. Insgesamt 12 Jahre sollen durch die vier geplanten Filme abgedeckt werden. Alleine angesichts der langen Laufzeit alleine dieses Films (was Costner für die übrigen Filme auch schon so lange angekündigt hat) war mein erster Gedanke, dass ein Serienformat sich vermutlich noch idealer angeboten hätte. Aber nachdem ich diese fast drei Stunden hinter mir hatte, da habe ich schon auch verstanden, warum die leider doch darbende Kinobranche durch so einen Film bereichert wird. Es ist in seiner Breite und seinen wunderschönen Bildern sicherlich ein cineastisches Festspiel, das zwar auch am Fernseher rüberkommt, aber im Kino unschlagbar sein wird.

Da das erste Kapitel schon in Cannes im Frühling 2024 Premiere feierte, sind bereits früh die ersten Eindrücke rübergeschwappt und die meisten kann ich davon eindeutig bestätigen. Die Laufzeit ist sicherlich sportlich und das vor allem vor dem Hintergrund, dass es doch lange dauert, um sich halbwegs im Geschehen zurechtzufinden. Ich würde sogar die steile These wagen, dass bis zum Ende ein gewisses Chaos bei den Zuschauern vorliegt, aber umgekehrt passt das auch wieder zu meiner Argumentation bezüglich Film vs. Serie. Das zusammengestellte Ensemble ist wirklich riesig und dementsprechend viele Einzelschicksale wollen untergebracht werden. In Filmen hat man oft eine ganz andere Erwartungshaltung bei Serien, was vor allem damit auf den Punkt kommt, dass für Filme nicht so viel Zeit zur Verfügung steht. Serien schenken aber Zeit und man weiß dann oft schon, dass es sich lohnen wird, an einigen Punkten Ruhe drin zu haben, weil irgendwann die gesäte Ernte gedeihen wird. Dementsprechend kann ich mir schon jetzt sehr gut vorstellen, dass die weiteren Kapitel der Reihe ein ganz anderes Gefühl bieten werden. Wenn nicht weitere 100 Figuren eingeführt werden, wird es eine bessere Orientierung geben und dann wird es auch leichter zu schätzen sein, wie die einzelnen Figuren und Handlungen ineinander wirken und was sie in der Gesamtschau aussagen. Für dieses erste Kapitel bedeutet es aber große Stolpersteine.

Hilfreich wäre es sicherlich auch, mit einem gewissen Grundwissen über die US-amerikanische Geschichte an den Film heranzugehen. Gerade weil es unheimlich viele Eindrücke und Handlungszweige sind, die geboten werden, helfen Eckdaten sofort dabei, einiges besser sortieren zu können. Neben dieser zeitlichen und vielleicht auch geographischen Orientierung ist dann einfach Ausdauer gefragt, für die Laufzeit, aber vor allem für die Sortierung der wichtigsten Figuren. Es war schon erstaunlich, über welche Zeit hinweg immer noch neue Handlungsschwerpunkte eingeführt wurden. Das war sehr herausfordernd und für mich tatsächlich manchmal auch überfordernd. Ein zweites Schauen ist wohl unabdingbar, um abseits des Gedankenkarussells dann auch auf mehr Details achten zu können. Wenn man bedenkt, dass Costner die Idee einst als deutlich konzentrierter auf wenige Figuren gedacht hat, dann ist die Entwicklung schon erstaunlich. Ich hätte mir auch gut vorstellen können, dass ein so profilierter Schauspieler wie Costner sich auch eine Spielwiese anlegt, aber das kann ich eigentlich widerlegen. Er ist einer von vielen und hat seinen ersten Auftritt auch erst überraschend spät. Das zeigt mir eigentlich auch, wie sehr er sich der Gesamtidee unterordnet und dass es nicht darum geht, Geschichten einzelner Helden zu erzählen, sondern umgekehrt zu unterstreichen, dass jedes einzelne Schicksal ein Teil von Geschichte ist und dass es vor allem auch immer mehrere Seiten eines Ereignisses gibt. Dementsprechend fällt es auch extrem schwer, die Überforderung mit dem Figurenrepertoire als größeren Kritikpunkt zu sehen, weil es stilistisch Sinn ergibt. Aber vermutlich muss man es auch so sehen, dass der erste Teil einfach gewisse Opfer bringen musste, damit die weiteren Teile besser glänzen können. Zumindest ist das - Stand jetzt - eine positiv vorausschauende Prophezeiung.

Angesichts der Laufzeit und der großen Ladung an später erfolgenden Informationen wurde auf jeden Fall gleich zu Beginn eine clevere Wahl getroffen. Nach einem kleinen Verwirrungsspiel darum, welche Szene nun wann spielt, geht es nämlich gleich um die Siedlung 'Horizon', in der sich Weiße Siedler im heutigen New Mexico niedergelassen haben. Doch das ist einem Apachen-Stamm ein Dorn im Auge, so dass es gleich zu einigen brutalen Szenen kommt. Dabei sind es Sienna Miller als Frances und Georgia MacPhail als ihre Tochter Lizzie, an die man sich emotional bindet und bei ihrem Überlebenskampf nur das Beste wünscht. Es ist sicherlich für den Apachen-Stamm auch ein harter erster Eindruck, aber man merkt dem Drehbuch umgekehrt an, dass es nicht darum geht, nur die Geschichte der Weißen zu erzählen. Dementsprechend werden auch Szenen des indigenen Stammes nachgeschoben, durch die untereinander ein Dissens offengelegt wird. Es ist eine spannende Ergänzung, die meiner Meinung auch dem moralisch-ethischen Konflikt Rechnung trägt. Es ist ein letztlich untergeordneter Schwerpunkt, aber es ist gleichzeitig auch zu erahnen, dass es hierzu sicherlich noch mehr geben wird und das wird spannend zu verfolgen werden.

Nach diesem sehr spannenden, abwechslungsreichen Beginn wird es deutlich ruhiger im Geschehen, vielleicht sogar stellenweise zu ruhig. Bis zum Schluss gibt es auf einer Spannungskurve jedenfalls keine weitere Szene mehr, die mit diesem Ausschlag vom Beginn mithalten könne. Das ist dann tatsächlich etwas wenig. Auch hier sieht man also wieder das Für und Wider. Vielleicht hätte man gewisse Handlungsschwerpunkte besser für Kapitel 2 aufbewahrt, um dann umgekehrt sich darauf verlassen zu können, dass man die Zuschauenden schon so gefesselt hat, dass sie auch dranbleiben werden. Natürlich gab es Bemühungen. Zum einen durch die Familie aus Dakota, die sich schonungslos zunutze macht, dass es noch keine Rechtstaatlichkeit gibt. Die Sykes sind tatsächlich die seelischen Abgründe, in die man nicht blicken will. Sie haben untereinander einen Umgang, der schon für Gänsehaut sorgt, aber gerade wenn sie auf andere treffen, dann geht es richtig rund. Natürlich gab es in diesem Umfeld einige Sequenzen, in denen mehr passiert ist, auch wenn einer der Söhne dann auf den von Costner gespielten Cowboy Hayes Ellison trifft. Dennoch würde ich eher sagen, dass der Inhalt sich nach dem Gewaltexzess zu Beginn darauf fokussiert, durch Dialoge Konflikte und Persönlichkeit aufzuzeigen. Da es aufgrund der Vielzahl der Rollen nicht möglich ist, mehr biographisch vorzugehen, ist die Strategie daher eher, Schlaglichter zu setzen. Das ist auch im Prinzip gelungen, nur manchmal gab es länger anhaltende Dialogszenen, auch zwischen Hayes und Marigold (Abbey Lee), bei denen ich dann deutlich merkte, das ist einfach zu viel, weil es nun einen Szeneriewechsel braucht. Mehr Actionszenen hätten den Bedarf da sicherlich anders geregelt.

Insgesamt finde ich schon, dass das Ausmaß an Schicksal und verschiedene Persönlichkeiten groß genug ist. Da der Film daran interessiert ist, sehr ambivalente Charaktere darzustellen, gibt es für mich keine klaren Helden, aber es gibt natürlich sympathischere und weniger sympathischere Charaktere, was das emotionale Investieren begünstigt. Das angesprochene Mutter-Tochter-Gespann gehört dazu, aber auch Trent Gephardt (Sam Worthington) und Matthew Van Weyden (Luke Wilson) sind dazu zu zählen. Aber im Kern ist es für so eine Saga richtig, dass es die klar herausstechenden Figuren nicht gibt, weil alle ihren Beitrag leisten. Dennoch wird es für die weiteren Filme nötig sein, dass sich dieser Eindruck ändert. Je mehr man sich ein Gesamtbild macht, desto mehr möchte ich auch bei einzelnen Figuren mitleiden können. Die Ansätze sind schon da. Genauso will ich umgekehrt aber auch bei den typischen Antagonisten die Figuren weiter ausgezeichnet sehen, um sie so besser verstehen zu können.

Fazit

"Horizon" ist der Beginn eines groß angelegten Filmprojekts, das Kevin Costners Herzensprojekt ist. Im Angesicht dessen, was noch kommen soll und wird, sind gewisse Schwächen durchaus zu verzeihen. Die riesige Anzahl an Figuren, die ganzen vorbereitenden Szenen auf größere Konflikte sowie gewisse kompliziert auseinanderzunehmende Zusammenhänge sind herausfordernd, auch angesichts der langen Laufzeit. Aber es wirkt alles in sich so gewaltig und vor allem bildlich beeindruckend, dass die Hoffnung berechtigt ist, dass sich das Potenzial mit den drei weiteren Teilen entfalten kann.

Gewinnspiel: Horizon - Eine amerikanische Saga

Technische Details

Veröffentlichung DVD: 29. November 2024
Alterseinstufung: Freigegeben ab 12 Jahren
Bildformat: 1,85:1 (16:9 anamorph)
Sprachen: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch, Englisch für Hörgeschädigte
Extras: Trailer
Studio: Tobis / Leonine

Lena Donth - myFanbase
26.11.2024

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