Bewertung
David G. Derrick Jr., Jason Hand & Dana Ledoux Miller

Vaiana 2

Foto: Vaiana 2 - Copyright: 2024 Disney Enterprises, Inc. All Rights Reserved.
Vaiana 2
© 2024 Disney Enterprises, Inc. All Rights Reserved.

Inhalt

Nachdem Vaiana es ihrem Volk, das auf der Insel Motonui in Polynesien lebt, ermöglicht hat, wieder auf dem Wasser reisen zu können, bricht sie selbst immer wieder auf, um nach Hinweisen auf andere Völker zu suchen. Als sie tatsächlich eine kleine Schale findet, erscheint ihr ein Vorfahre, der sie beauftragt, eine gefährliche Reise auf sich zu nehmen, um alle Inselstaaten als Volk wiedervereinen zu können. Vaiana muss ins Ungewisse aufbrechen und stellt eine Crew aus unterschiedlichen Persönlichkeiten zusammen. Letztlich wird auch Halbgott Maui wieder hineingezogen, aber werden sie alle das ultimative Opfer geben können?

Kritik

Es ist schon unglaublich, dass "Vaiana - Das Paradies hat einen Haken" 2016 erschienen ist und das nun bereits acht Jahre zurückliegt. Der Film war damals kein Erfolg, der beispielsweise mit "Die Eiskönigin - Völlig unverfroren" vergleichbar gewesen wäre, aber er hat sich im Streamingbereich als wahre Bank erwiesen. Das hat wohl auch letztlich dazu geführt, dass die zunächst defensiver gedachten Pläne zu einer Serie, die die Ereignisse rund um Vaiana weiterführen sollten, nochmal ausgeweitet wurden. So kommen wir nun ins Vergnügen mit "Vaiana 2", während parallel schon die Dreharbeiten an einer Live-Action-Version des ersten Teils laufen, für die die Originalstimmen Auli'i Cravalho und Dwayne Johnson auch in die Hauptrollen schlüpfen werden. Man merkt also deutlich, aktuell herrscht ein kleiner Hype. Ob der durch den zweiten Teil schon einmal aufgegangen wird?

Mir ist auf jeden Fall positiv aufgefallen, dass die Stärken des ersten Teils beibehalten wurden. Es sind einige Jahre vergangen, so dass Vaiana inzwischen auch große Schwester ist, weil die kleine Simea hinzugekommen ist. Man merkt, dass die Titelrolle weiter gereift ist. Sie weiß, wo ihre Wurzeln liegen und ehrt diese mit allen Traditionen, aber sie ist weiter die Wegfinderin, die ständig nach neuen Abenteuern sucht. Dabei wird sie auch durch eine Zeremonie in eine neue Rolle gehoben, die ihr die Ehre durch ihr Volk erweist und unterstreicht, dass sie auch stetig auf den Ozeanen der Welt unterwegs eine Anführerin ist, die Gefahren auf sich nimmt, um wichtige Schritte zu erreichen. Als Frau ist sie dabei in sich ruhend und definiert sich weniger über eine konkrete Beziehung, sondern vielmehr über alle, die sie führt. Dementsprechend habe ich erleichtert zur Kenntnis genommen, dass das Plus des ersten Teils, dass keine Liebesgeschichte erzählt wurde, beibehalten wurde. Denn eigentlich geht es doch mehr um die Liebe der Menschen untereinander, die Vaiana gegen den Fluch von Sturmgott Nalo vereinen will. Das ist wohl auch die zentrale Botschaft von Disney zum aktuellen Zeitgeschehen. Das hat sich inzwischen schon gut eingebürgert, dass sich Disney über mehr Diversität, Themen wie Umweltschutz etc. relevanter für ein breiteres Publikum macht. So ist es gut, dass die charakterlichen Eigenschaften von Vaiana weiter über solche Schwerpunkte glänzen dürfen und es dafür nichts zwangsweise eine Liebesgeschichte braucht.

Weiterhin ist positiv zu nennen, dass die Erzählstruktur auch wieder bedient wird. Anfangs- und Endpunkt ist Montonui, dazwischen ganz viel Abenteuer. Mit Vaiana als Wegfinderin wäre alles andere auch verschwendet gewesen. Gleichzeitig hat man aber keine völlige Kopie des ersten Teils geboten und hat daher diesmal eine ganze Crew zusammengestellt, um Vaiana auf große Reise zu schicken. Damit ist auch das Figurenrepertoire diesmal deutlich größer bestückt und das war sicher nicht verkehrt. Mehr Figuren, mehr Input. Gleichzeitig haben die neuen Figuren Vaiana auch nichts weggenommen, stattdessen hatte ich auch das Gefühl, dass sie mit ihnen auch ausstrahlen konnte, über welche Autorität sie verfügt, ohne sich dadurch aber über andere zu erheben. Sie ist weiter verspielt, witzig und lässig, aber sie kann auch führen. Mit Moni, Loto und Kele konnte man also viel Freude entwickeln. Moni, der Maui-Fanboy, der das größte Herz hat und deswegen jedes Team zusammenschweißt. Loto, die Erfinderin, die aus Nichts immer noch ganz viel macht und Kele, der etwas mürrische Senior, der für die Versorgung zuständig ist und immer mehr auftaut. Nicht zu vergessen Heihei, der wieder beim Abenteuer dabei ist und neu an Bord auch (endlich!) Pua. Gerechtigkeit für Pua! Ich fand es schon im Trailer witzig, dass dort offensiv angegangen worden ist, dass Pua im ersten Teil Zuhause ausharren musste und das doch einige Fans (inklusive mich) sehr traurig gemacht hat. Nun ist er also dabei und er und Heihei sind einfach etwas für Herz!

Nun kommen wir aber ein wenig zu den Schwächen des Films. Auch wenn ich ein weiteres Abenteuer auf hoher See befürwortet habe, so war die ganze Handlung insgesamt nicht individuell genug. Es sind bis auf die Breite der Crew sehr ähnliche Zutaten, die wir haben. Auch wenn ich Vaianas Entwicklung bemerkt habe, so ist das bei Maui umgekehrt so nicht festzustellen. Er ist immer noch selbsteingenommen, mit kurzen Momenten an Empathie, in denen er für sich einordnen kann, dass es nicht nur um ihn alleine geht, sondern um größere Zusammenhänge. Aber das ist eine Kopie des ersten Teils. Dass Vaiana sein Herz besonders weich werden lässt, auch das kennen wir schon. Zudem war es etwas seltsam, dass das 'Böse' in diesem Film eigentlich nur indirekt eine Rolle spielt. Nalo hat diverse Strickseile zurückgelassen, um die Völker weiter auseinanderzuhalten, aber er ist über den Film hinweg keine Präsenz und damit auch kein eigener Charakter, dessen Beweggründe man mehr hinterfragen will. Ähnlich ist das für Matangi festzuhalten, die schon im ersten Teil einen Auftritt gehabt hätte, wenn sie nicht noch rausgelöscht worden wäre. Sie soll im Zusammenspiel mit Maui eine düstere und mysteriöse Aura entwickeln, aber ich bin aus ihr nicht recht schlau geworden.

Da wären wir dann vielleicht auch schon beim nächsten Kritikpunkt. Im ersten Teil war es für mich nicht so überdeutlich, dass auf jeden Fall mit einem nächsten Film noch geplant wird. Hier werden aber zahlreiche Hinweise gestreut, dass Disney auf "Vaiana 3" setzt. Ich habe damit nicht grundsätzlich ein Problem, sehe es aber dennoch etwas besorgt, dass man inzwischen immer mehr die Strategie von Marvel zu fahren scheint. Für Marvel mit seiner riesigen Riege an Superhelden, die sich oft auch überkreuzen und gemeinsam gegen einen Feind kämpfen, ist das eine andere Voraussetzung. Bei den Disney-Klassikern ist das aber nicht Teil der Strategie (die zahlreichen Easter Eggs pro Film mal außen vorgelassen). Dementsprechend können wir wohl nicht damit rechnen, dass demnächst Rapunzel, Vaiana und Raya sich gegen Ursula verbünden. Deswegen wäre es hier unterm Strich wohl cleverer, eher abgeschlossen von Film zu Film zu denken. Zumal sich in den letzten Jahren enorm gezeigt hat, dass Erfolg bei Disney auch nicht zu planen ist. Während hier "Vaiana" wie gesagt erst verzögert seine Duftmarke hinterlassen konnte, ist mit "Encantos" Erfolg und dass plötzlich alle über Bruno sprechen wollten, nicht so eingeplant gewesen. Und dann denkt man auch an die älteren Klassiker wie "Der König der Löwen 2" oder "Arielle, die Merrjungfrau 2", die leidenschaftlichen Disney-Fans natürlich ein Begriff sind und auch dazu gehören, die von anderen aber wohl völlig ausgeblendet werden. Mit diesem Hinweis im Hinterkopf störte mich hier doch sehr, dass für den zweiten Teil etwas an neuem Input wohl bewusst zurückgehalten wurde, um ihn für den dritten Teil zu nutzen. Sich etwas clever aufsparen zu wollen, ist nur nicht immer die gewinnbringende Taktik.

Kommen wir dann zuletzt noch zur Musik des Films. Lin-Manuel Miranda ist diesmal nicht involviert gewesen. Ich würde zwar nicht behaupten, dass er per se jeden Soundtrack besser macht, aber wenn man ein wenig sein Können verfolgt, dann hat er mit seinem Stil den ersten Teil sowie auch "Encanto" in jedem Fall beeinflusst. Dennoch fand ich den Soundtrack des ersten Films schon nicht so aussagekräftig, weswegen es mich dann auch wenig wundert, dass hier dann komplett das Potenzial fehlte, mich in ein Leid zu verbeißen. Auf eine gewisse Art hatte ich auch bei mehreren Liedern das Gefühl, als sie jeweils losgingen, dass es sich vertraut anfühlte. Nun bin ich in Song-Raten keine Meisterin, aber ich hatte immer erst was anderes im Kopf, ehe der Song dann doch noch seine eigene Wirkung entfaltet hat. Vielleicht ist das Orientieren an funktionieren Mechanismen von Charts-Hits hier auch eher der Sargnagel, weil Disney sich bislang immer dadurch ausgezeichnet hat, was ganz Eigenes zu machen.

Fazit

"Vaiana 2" setzt auf Altbewährtes, aber auch neue Impulse. Während die neuen Impulse in Form von einer größeren Anzahl an neuen Figuren in jedem Fall funktionieren und mehr einen Team-Gedanken stärken, hätte das Altbewährte vor allem auf hoher See einen neuen Anstrich gut verkraften können. Auch wenn die Botschaft schön ist und Gänsehaut beschert, aber die ganze inhaltliche Gestaltung setzt sich nur wenig vom ersten Teil ab. Zudem scheinen die Vorbereitungen auf einen dritten Teil den zweiten auch etwas auszubremsen, was einfach schade ist. Wenn ich schon so lange auf einen nächsten Teil warte, dann will ich die volle kreative Kraft da auch entfaltet sehen. Insgesamt also absolut ein Seherlebnis wert, aber das volle Potenzial wurde eindeutig nicht ausgeschöpft.

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Lena Donth - myFanbase
09.12.2024

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