Bewertung
Pedro Almodóvar

Volver

Ein Hoch an die Frauen – oder: Wer braucht eigentlich Männer?

Foto: Copyright: 2007 Universum Film GmbH
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Inhalt

Raimunda (Penélope Cruz) ist eine selbstbewusste, fürsorgliche Frau, die am Rande des Nervenzusammenbruchs steht: als sie eines Tages von der Arbeit heimkommt, findet sie ihren Mann Paco (Antonio de la Torre) tot in der Küche, in Notwehr erstochen von ihrer halbwüchsigen Tochter Paula (Yohana Cobo). Doch als wäre das nicht genug, stirbt am gleichen Abend auch noch ihre geliebte Tante, sie muss auf ein herrenloses Restaurant aufpassen und der Geist ihrer schon vor Jahren verstorbenen Mutter scheint plötzlich wiederauferstanden zu sein.

Nun muss Raimunda einen kühlen Kopf bewahren und die Fassade aufrecht erhalten: die Leiche ihres Mannes lässt sie erstmal in der Gefriertruhe des Restaurants verschwinden, das ihr eigentlich gar nicht gehört. Doch als sich ein Filmteam ankündigt, dass im Restaurant zu Abend essen will, gibt sich Raimunda kurzerhand als Besitzerin des Ladens aus, um sich damit ihr ohnehin schon knappes Budget ein wenig aufzustocken. Ihre Schwester Sole (Lola Dueñas) hat derweil eine Begegnung der übernatürlichen Art: sie trifft den Geist ihrer Mutter, die bereits vor Jahren in einem Feuer umgekommen ist. Und sie ist nicht die Einzige, die den Geist sehen kann: auch Nachbarin Agustina behauptet, dass sie Mamá Irene gesehen hat. Alles Quatsch, meint Raimunda… oder nicht?

Kritik

Wer einen Film von Pedro Almodóvar kennt, weiß, was er zu erwarten hat: seine Filme sind "anders", exzentrischer und dadurch manchmal auch umso realistischer. Sie fallen aus der Reihe, sie erzählen von den Tabus der Gesellschaft, sie stellen in Frage – und das meist auf eine sehr eigenwillige Art.

So erwartet man von "Volver" das Gleiche, man erwartet einen grotesken, andersartigen Film. Andersartig ist Almodóvars neuestes Werk sicherlich, doch auf eine viel subtilere, nicht ganz so radikale Art, wie sonst. Die Geschichte ist an sich eigentlich recht einfach gestrickt: sie erzählt von dem Leben von Raimunda, einer sehr beeindruckenden Frau, die eines Abends mit einem Haufen Probleme konfrontiert wird. Sie steht vor den Trümmern ihres Lebens, doch anstatt aufzugeben, packt sie die Dinge (im wahrsten Sinne des Wortes) an und löst ihre Probleme sehr tapfer, sehr selbstsicher und sehr weiblich.

Weiblich ist eigentlich das Schlagwort, um den Film zu beschreiben: er ist ein Hoch an die Frauen. So braucht man sich nur die Hauptcharaktere anzusehen und man findet eigentlich keinen einzigen Mann, der in "Volver" in irgendeiner Weise eine bedeutende Rolle spielt (außer Raimundas Mann Paco, der jedoch während 99% des Films tot ist): wir haben Protagonistin Raimunda, ihre Schwester Sole, Raimundas Tochter Paula, Raimundas und Soles Mutter, ihre Tante und ihre Nachbarin Agustina. Diese sechs Frauen sind allesamt unabhängig und haben keinen Mann nötig. Mithilfe der tatkräftigen Nachbarinnen meistern sie zusammen das Leben und wenn das bedeutet, eine Gefriertruhe samt (männlicher) Leiche in einen Lieferwagen zu hieven und an einem Flussbett zu vergraben.

Tatsächlich erzählt "Volver" im Grunde von Frauenpower, spanischer Frauenpower eben. Kein Wunder also, dass Almodóvar bei der Besetzung seiner Protagonistin Raimunda an Penélope Cruz gedacht hat, den Star des spanischen Kinos. Sie ist es, die den Film trägt und ohne die der Film eine leblose Hülle wäre. Im Ensemble mit ihren Kolleginnen Lola Dueñas, Yohana Cobo, Carmen Maura, Chus Lampreave und Blanca Portillo läuft sie zur Höchstform auf. Almodóvar hat auch nicht davor gescheut, ihre weiblichen Reize für die Kamera zu nutzen und so lässt er sie fast den ganzen Film über mit tiefem Ausschnitt und hohen Absätzen herumspazieren.

Doch auch Penélope kann nicht kaschieren, dass dem Film eine gewisse Tiefe fehlt: die Story ist zwar nett, mehr aber auch nicht. Die Auflösung von allem ist zwar durchaus innovativ und schockierend, dennoch ertappte ich mich während dem Film manchmal dabei, auf die Uhr zu schauen. Sehr unbefriedigend ist vor allem das Ende: auch wenn offene Enden oft durchaus ihren Reiz haben, so offen wie bei "Volver" sollten sie dennoch nicht sein. Das Ende kommt unerwartet und abrupt und bietet leider keinen Abschluss.

Fazit

Almodóvars neuer Film feiert die Frauen und kann mit einem überzeugenden Cast aufbieten – die Story ist gut, weiß stellenweise jedoch nicht hundertprozentig zu überzeugen. "Volver" ist ein Film, der aus dem Leben gegriffen ist: interessant, mit überraschenden Wendungen, einer (manchmal etwas klein geratenen) Prise Humor, aber auch phasenweise unspektakulär.

Maria Gruber - myFanbase
23.08.2006

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