Bewertung

Review: #1.09 Familienbande

In "Full Hearts" wird versucht, jede Geschichte ein wenig weiter zu erzählen. Im Falle des zerstörten Liebesquartetts zwischen Tyra, Tim, Lyla und Jason ist es spannend, die Folgen mit anzusehen. Doch bei einigen Charakteren wird zunächst zu viel Gas gegeben, um dann gleich wieder voll auf die Bremse zu steigen, was die Harmonie der Episode etwas durcheinander bringt.

Smashed

Die Episode beginnt mit dem sonntäglichen Kirchgang, wobei der Fokus auf Familie Williams gelegt wird. Wie wir schon zuvor sahen, geht es in ihrer Kirche alles andere als gemächlich zu. Nur eine Person lacht und singt nicht: Smash. Warum? Macht er sich Gedanken wegen seines Handelns, denkt er an ein Footballspiel oder philosophiert er innerlich über Gott? Die Antwort lässt nicht lange auf sich warten und wir erfahren, dass er nur an Leistungssteigerung denkt. Einmal angefangen, kann Smash nicht mehr mit dem Doping aufhören, und nun bekommt er die negativen Seiten seines Handelns zu spüren, als er plötzlich Herzrasen bekommt. Doch nicht einmal das macht ihm genug Angst, um mit dem Aufputschen aufzuhören, und auch die Tatsache, dass seine Schwester jetzt darüber Bescheid weiß, ist für ihn kein Anlass zur Sorge. Nachdem der Charakter in den ersten Folgen der Staffel null Tiefgang hatte, nun aber mit den Medikamenten eine neue Ebene für ihn geschaffen wurde, scheint man sich auf diesen Lorbeeren auszuruhen. Mit Smash geht es hier weder vor noch zurück, wodurch das gerade aufgebaute Interesse nun bereits wieder zu schwinden beginnt.

Unabhängig von dieser Geschichte bekommen wir seine alte Heimat zu Gesicht und erfahren auch, dass sein Vater, über den bisher nicht ein Wort verloren wurde, schon vor einigen Jahren gestorben ist und sich dort sein Grab befindet. Diese Tatsache gibt innerhalb der Familie Anlass für Spannungen, die aber sofort mit der Offenbarung, dass Smashs Vater Affären hatte, wieder aufgelöst werden. Mit dieser Aktion scheint man der halb eingerosteten Geschichte um die Drogen ein wenig entgegen wirken zu wollen. Doch man hätte sich lieber auf eine Sache konzentrieren und die Geschichte über seinen Vater nicht nur kurz andeuten und gleich wieder abhaken sollen. Dadurch ergibt sich für Smash in dieser Folge ein Bild, das flickgeschustert wirkt und ein recht unebenes Gesamtkonzept hat.

Nach der Trennung

Wie zu erwarten war, lässt Tim den Kopf hängen, nachdem er nun seinen besten Freund verloren hat. Man hat zwar durchaus Mitleid mit seiner geschundenen Seele, zumal er weder von Lyla, in die er schon des längeren verliebt zu sein scheint, noch von seinem Bruder ernst genommen wird und sich durch seinen Fehltritt mit der Freundin des Captains nun auch seine Mannschaftskollegen von ihm abwenden. Der Moment, als Tim das Bild von sich und Jason vom Spint nimmt, ist so ergreifend, dass man ihn am liebsten in die Arme nehmen würde, obwohl der Fehler, der ihn in diese Lage brachte, ja zum großen Teil bei ihm zu suchen ist.

Lyla will das Ganze anscheinend noch nicht wahr haben. Ihrem Ex als Entschuldigung ein paar Muffins zu bringen, wirkt dabei viel zu normal in einer solch abnormalen Situation, unterstreicht den Versuch des Leugnens aber sehr gut. Aber auch ihr kann man nicht lange böse sein, da dieser Part von ihren Mitschülerinnen mehr als ausreichend erfüllt wird. Der plötzliche Hass, der sich nun gegen sie aufstaut, kann allerdings nicht nur eine Folge ihres Fremdgehens sein. Wir wissen zwar, dass Jason in Dillon wie ein König gefeiert wird, doch Lyla war bisher seine Königin und wurde nicht weniger geliebt. Es scheint also auch Eifersucht mit in den Beschimpfungen zu liegen, der nun aus vollem Herzen nachgegeben werden kann.

Die beiden Opfer der Geschehnisse, Tyra und Jason, finden zusammen, um ihre gebrochenen Herzen durch Lästereien zu kitten. Doch an Jason sieht man sofort, dass er tief getroffen ist. Obwohl Scott Porter sehr gut in der Rolle ist, muss ich als Zuschauer sagen, dass es langsam genug mit den Schicksalsschlägen in Jasons Leben ist und man den Jungen auch endlich einmal wieder lachen sehen will.

Tyra war zwar schon von Tim getrennt, doch auch ihr scheint sein Anbändeln mit Lyla gewaltig gegen den Strich zu gehen. Zuvor wurde eine offene Feindschaft zwischen den Mädchen nie thematisiert und trotzdem wirkt Tyras Wut nicht fehl am Platz.

Die Idee, alle Seiten der Geschichte zu beleuchten, gefällt mir sehr gut, da man als Zuschauer dadurch selbst entscheiden kann, bei dem die eigenen Sympathien liegen. Hätte man in dieser Episode nur Jason in seinem Kummer zu sehen bekommen, wäre man von den Drehbuchautoren damit in eine Richtung gewiesen worden, zu wem man stehen sollte, was hier nicht geschah und ein sehr schönes offenes Erleben ermöglicht, ohne dass man in eine vorgewiesene Richtung geschubst wird.

Das langersehnte Date

Auch die romantische Komponente kommt nicht zu kurz, da wir endlich zu sehen bekommen, wie Julie und Matt ausgehen. Matts Versuch, sich ihr gegenüber als lässiger Footballspieler zu präsentieren, geht unüberraschender Weise vollkommen nach hinten los. Doch die Idee der Autoren, dass Matt Julies Herz über sein fürsorgliches Verhalten seiner Großmutter gegenüber für sich gewinnt, überzeugt vollkommen. Doch warum bricht Julie dann so abrupt mit Landry auf? Diese Aktion wirkt irritierend, genau wie ihre Zurückhaltung, als Matt sie nach dem Spiel küsst. Schließlich betont sie Landry gegenüber, dass Matt ja so süß und verletzlich sei. Liegt es daran, dass sie sich unwohl mit der Intimität zwischen Matt und Lorraine fühlt? Wenn es so wäre, würde sie nicht am Anschluss von Matt schwärmen. Auch hier muss man sagen, dass die Struktur etwas zu wünschen übrig lässt. Julies Charakter wurde bisher nur mäßig ausgebaut, da wir noch keinen tieferen Einblick in ihr Inneres bekommen haben, wodurch in Bezug auf ihr Handeln viele Fragen aufkommen. Auch kann man sich keinen Reim darauf machen, was sie in der letzten Folge nun dazu bewegte, mit Matt auszugehen. Die beiden geben ein sehr süßes Paar ab, dem aber noch die ein oder andere erklärende Komponente fehlt. Das normale sprunghafte Verhalten eines Teenagers mal bei Seite gelassen, wünsche ich mir für die nächsten Episoden, ein klein wenig mehr über Julie und was sie bewegt, herauszufinden, damit sich die Sympathie, die ich für sie empfinde, in echte Leidenschaft für die Geschichte rings um ihren Charakter entwickelt.

Lobend muss man dagegen Louanne Stephens erwähnen, die ihren Demenzschub täuschend echt spielt und ihr die Verwirrung eben so glaubhaft in den Augen abzulesen ist, wie die Freude über ihr Lied, als Matt es vor der Schranktür für sie anstimmt.

Sehr witzig wurde die Reaktion von Tami und Eric auf Julies Date-Outfit mit eingebaut. Die Blicke, die die beiden wechselten, wirkten tatsächlich, als handele es sich auch in der Realität um ihre eigene Tochter, die sie noch nie zuvor so aufgedonnert zu sehen bekommen hatten.

Obwohl Eric sich genug Gedanken um seine eigene Tochter machen muss, schafft er es dennoch, zu bemerken, dass die Stimmung in seinem Team sich geändert hat. Als wäre er auch hier in der Vaterrolle, versucht er die Wogen zu glätten, wodurch wieder einmal meisterlich verdeutlicht wird, dass "Friday Night Lights" nicht einfach nur eine Football-Serie ist, wenn auch der Hype bei einem Spiel die Gefühle jedes Mal wieder in Wallungen bringt. Viel mehr wird mit jeder Episode deutlicher, dass man sich intensiv Gedanken über die Figuren macht.

Fazit

Nach den beiden letzten Episoden, die alles boten, was man sich als Zuschauer wünschen kann, hat "Full Hearts" einen nicht ganz so harmonischen Eindruck hinterlassen. Es wurde zwar wie auch zuvor jede Geschichte ein wenig weiter gesponnen, doch leider fehlt hier in einigen Momenten die Liebe zum Detail, die sonst immer ein grandioses Bild aus Millionen kleiner Mosaiksteine entstehen lässt, dieses Mal aber nur für ein Puzzle gereicht hat.

Marie Florschütz - myFanbase

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