Bewertung

Review: #3.05 Vom Feuer geküsst

Selten war eine Episode von "Game of Thrones" so vollgepackt, so emotional, so zukunftsweisend. Keine Sekunde der vorliegenden 58 Minuten bekam man als Zuschauer Zeit zum Durchatmen, da jede einzelne Szene ungemein viele Informationen lieferte, jedem Charakter etwas mehr Tiefe verlieh und uns einige Andeutungen auf zukünftige Handlungsstränge offerierte. Obwohl dies also eine wirklich starke Episode war, ist dies auch gleichermaßen ein wenig die Schwäche. Denn während Buchleser die ganzen Informationen schon längst parat haben sollten und sich voll und ganz auf den Genuss der Szenen beschränken können, fordert diese Episode von den reinen Serienguckern absolute Konzentration ein, was den Genuss wiederum ein wenig schmälert.

"Can you bring back a man without a head? Not six times... just once."

Da ich diesen Handlungsstrang in meiner Review zur letzten Episode unter den Tisch fallen lassen habe, beginne ich diesmal mit Arya und der Bruderschaft ohne Banner. Auch die Bruderschaft hat sich dem Herrn des Lichts verschrieben, besitzt jedoch mit Thoros von Myr einen weitaus sympathischeren Priester im Gegensatz zu Melisandre. Das mag vor allem deswegen zunächst so erscheinen, da Thoros den Herrn des Lichts beansprucht, um Leben zu retten, während Melisandre ihn benutzt, um Leben zu zerstören. Und so bringt Thoros Beric Dondarrion in dieser Episode zum mittlerweile sechsten Mal zurück ins Leben, nachdem dieser im Schwertkampf gegen Sandor Clegane mit seinem Leben bezahlen musste. Dass man hier einen feinen Ausweg gefunden hat, um beide Charaktere am Leben zu erhalten und gleichzeitig nochmals die Macht des östlichen Gottes – diesmal eben in positiver Art und Weise – zu präsentieren, ist ein sehr guter Schachzug gewesen. Nicht zuletzt, da wohl niemand erwartet hätte, dass Sandor wirklich als Sieger aus dem (Feuer-)Kampf hervorgeht, nicht zuletzt da man Dondarrion gerade erst eingeführt hat. Ob wir Sandor Clegane diese Staffel noch zu Gesicht bekommen und ob er in Westeros verweilen wird, oder wie manch anderer auf den östlichen Kontinent flüchtet, wird sich zeigen. Bis er auf einen anderen Hauptcharakter trifft, scheint seine Geschichte jedoch vorerst erzählt zu sein.

Dass er letztlich als Sieger aus dem Zweikampf hervorgegangen ist, hat Arya sichtlich mitgenommen. Verständlich, ist er doch auf ihrer langen Todesliste auch mit von der Partie und hat sie doch hier die Chance gesehen, endlich einen Namen davon streichen zu können. Dass er ihrer Schwester zur Seite stand und damit so manch eine Übeltat wahrlich vergolten hat, erfährt Arya natürlich nicht, was jedoch wahrscheinlich an ihrer Einstellung auch nur bedingt etwas geändert hätte. Besonders interessant in Bezug auf Arya fand ich in dieser Episode abermals ihre Konfrontation mit den Mysterien aus Essos. Nachdem sie durch Jaqen H'ghar bereits die Gesichtslosen Männer kennen gelernt hat, trifft sie nun auf die Wunder, welche Priester des Herrn des Lichts vollbringen können. Ich hoffe die kleine Stark saugt diese Informationen alle auf und wird dadurch irgendwann zu einem wichtigen Bindeglied zwischen Westeros und Essos.

Neben diesen interessanten Einblicken und Erkenntnissen in Bezug auf die Bruderschaft, sorgt der Handlungsstrang auch für zwei emotionale Highlights in der Episode: Zum einen natürlich Aryas wehmütige Nachfrage, ob Thoros ihren Vater wieder zum Leben erwecken könnte, zum anderen auch ihr Abschied von Gendry. Die beiden haben einen sehr langen Weg hinter sich, sind dadurch zusammen gewachsen und der jeweilige Familienersatz geworden. Durch ihre innige Freundschaft hätte man nie daran gedacht, dass sich ihre Wege freiwillig trennen. Doch dann erinnert uns gerade Gendry in all den Irrungen und Wirrungen des großen Krieges an die Unterschiede der gesellschaftlichen Schichten: "But you wouldn't be my family. You'd be my Lady."

"What will they do? Lock us in cells?"

Auf Drachenstein lernen wir in dieser Episode endlich Stannis' Tochter kennen, die aufgrund ihrer Drachenhaut-ähnlichen Entstellung im Gesicht ihr Dasein eingesperrt in einem trostlosen Zimmer in der Burg verlebt. Dabei ist die Kleine, sicherlich nicht zuletzt durch die scheinbar fürsorgliche Liebe von Davos, jedoch keinesfalls so verbittert, wie ihr Vater uns in jeder Szene erscheint. Vielmehr wirkt sie wie das blühende Leben. Sie macht das Beste aus ihrer Situation, lenkt sich mit diversen historischen Erzählungen ab, sodass man sie als Zuschauer gleich ins Herz schließt, während man für Stannis und dessen mehr als labiler Ehefrau einmal mehr Abneigung aufgrund ihres grausamen Umgangs mit Shireen empfindet.

Auch Stannis' Ehefrau Selyse Baratheon lernen wir mit dieser Episode kennen. Zwar haben wir sie in #2.01 Der Norden vergisst nicht bei Stannis' Einführung kurz gesehen, damals wurde sie jedoch von Sarah MacKeever dargestellt, während sie nun von Tara Fitzgerald verkörpert wird. Betrachtet man Stannis' Ehefrau, kann man durchaus verstehen, warum er Melisandre letztlich erlegen ist: Seine Frau ist wahrlich geistesverwirrt, betrachtet liebevoll ihre drei eingelegten Todgeburten und hat ihr einzig lebendes Kind verbannt. Positiv für Stannis ist dabei, dass Selyse sich dem Herrn des Lichts verschrieben hat und deswegen auch Stannis' Affäre mit Melisandre akzeptiert, immerhin schläft er im Dienste Gottes mit der Priesterin. Noch kann man nicht absehen, wohin uns diese Einführung von Stannis' Familie bringen wird, denn wirklichen Einfluss auf Stannis' Entscheidungen hat keine der beiden Damen in seinem Leben. Zumindest Shireens Vertrautheit mit Davos dürfte ein gutes Zeichen für den Zwiebelritter sein, vor allem wenn Melisandre nach Drachenstein zurückkehrt, wieder alles in ihre Gewalt bringt und weiter gegen Davos intrigiert.

"The King who lost the North"

Neben Theon steht Robb leider auch ganz weit oben auf meiner Liste der potenziellen Todeskandidaten. Die Sternstunden des König des Nordens sind definitiv vorbei, was besonders bedauerlich ist, da Robb sich weiterhin ehrenhaft verhält und damit zu einem Ebenbild seines Vaters geworden ist. Hier sehr schön in Szene gesetzt, als Robb – wie Eddard im Piloten – seinen Richterspruch selbst ausführt und Lord Karstark köpft. Doch wie wir alle bitterlich in #1.09 Baelor sehen mussten, ist für ehrenwürdige Männer in Westeros kein Platz an der Spitze. Wer regieren will muss skrupellos und berechnend sein, wie wir spätestens durch das Gespräch zwischen Cersei und Eddard in #1.07 Gewinn oder stirb erfahren haben. Eigenschaften, die Robb nicht im Blut liegen. Er vertraut zu sehr auf altehrwürdige Prinzipien, was zwar tugendhaft ist, aber ihm niemals zum Sieg verhelfen wird. Und dass er sich nun ausgerechnet von Lord Frey Hilfe erhofft, den er so bitterlich betrogen hat, indem er das Eheabkommen einfach ignoriert und der Liebe wegen eine andere Frau geheiratet hat, verheißt nichts Gutes. Wir haben bisher nur in der ersten Staffel einen kurzen Blick auf Lord Frey werfen können, doch dieser hat durch sein Gespräch mit Catelyn eindrucksvoll gezeigt, dass er ein sehr nachtragender Mensch ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er Robb dieses Schmach einfach verzeihen und letztlich erneut Seite an Seite mit ihm kämpfen wird. Die Sterne stehen leider alles andere als günstig für den jungen Wolf, man kann also nur inständig hoffen, dass George R.R. Martin hier nicht erneut die Klinge schwingen lässt und einen weiteren ehrenhaften Menschen tötet, sondern wenigstens einmal den Zuschauern vermittelt, dass auch Integrität und Tugendhaftigkeit noch einen Platz in dieser Welt besitzen.

"Jaime, my name is Jaime!"

Es ist unbeschreiblich welch brillante Charakterarbeit man in dieser Staffel für Jaime leistet. In den ersten beiden Staffeln fungierte er hauptsächlich als hübsches Beiwerk für die diversen Handlungsstränge, aber mit der hiesigen Staffel hat er sich zu einem würdigen Hauptcharakter entwickelt, der einem durch Nikolaj Coster-Waldaus Darstellung in jeder einzelnen Szene den Atem raubt. Bereits in seiner ersten Szene, als Roose Bolton Jaime von den Ereignissen in Königsmund berichtet und dieser kurzzeitig in dem Glauben ist, dass Cersei und seine Familie geschändet wurde, beeindruckt enorm. Der zerbrechliche Blick bei der Schilderung des Kampfes und die ehrliche Erleichterung als er hört, dass es seiner Familie gut, fesseln den Zuschauer an den Bildschirm. Das Highlight folgt dann in der wundervoll langsam erzählten und perfekt inszenierten Badeszene von Brienne und Jaime, als letzterer erstmals über die Ereignisse spricht, die ihm den Namen "Kingslayer" eingebracht haben. Rührend, mitreißend und herzzerreißend, mit der tragischen Erkenntnis, dass sich niemand – vor allem nicht Eddard Stark – jemals für Jaimis wahre Beweggründe interessiert hat, sodass er mit den Jahren vollkommen abgestumpft ist, obwohl er als junger Ritter damals einen so mutigen Schritt gegangen ist. Nikolaj Coster-Waldau liefert hier eine grandiose Darstellung ab, man hängt ihm bei seinem Monolog an den Lippen und wird vollkommen von seinen Worten eingenommen.

"My children. You've disgraced the Lannister name for far too long"

Wie ich bereits erwartet habe, mischt Cersei sich in die anstehenden Hochzeitspläne für Sansa ein und schafft es ihrem ungeliebten Bruder Tyrion auch gleich noch eins auszuwischen. Sansa soll Tyrion heiraten, damit die Lannisters den entscheidenden Schlüssel zum Norden haben. Dem armen Mädchen bleibt wirklich nichts erspart, und das wo sie gerade überglücklich ist, eine Ehe mit Loras eingehen zu können und dem tristen Leben in Königsmund entfliehen zu können. Als wäre dies nicht Überraschung genug, hat Tywin noch ein Ass im Ärmel und beschließt, dass Cersei Loras heiraten soll, nicht zuletzt um den Gerüchten über ihr inzestuöses Verhältnis zu Jaime Einhalt zu gebieten. Der verworrene Stammbaum der Lannisters würde mit diesen Eheschließungen noch einmal eine Schippe drauf legen, schließlich wäre Joffreys Schwager dann gleichzeitig auch sein Stiefvater... Wieder einmal glänzt Charles Dance in der finalen Szene der Episode und beweist in seiner Rolle als Tywin Lannister einmal mehr, warum dieser ein so gefürchteter Mann ist. Ihn interessiert lediglich das Vermächtnis der Familie Lannister, wie man ihn selbst in Erinnerung haben wird, denn wie er bereits in #2.07 Ein Mann ohne Ehre gegenüber Arya behauptete: "And this is the one I'll be remembered for. "The War of Five Kings," they're calling it. My legacy will be determined in the coming months.". Das Wohl seiner Kinder ist ihm dabei völlig gleichgültig. Jedoch gehe ich nicht davon aus, dass es wirklich zu einer Hochzeit zwischen Cersei und Loras kommen wird. Unsere Königin Regentin wird sicherlich Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um dies zu verhindern und immerhin hat sie mit Loras' Homosexualität einen Trumpf in der Hand, den sie durchaus ausspielen könnte, auch wenn das ihre Feindschaft zu Margaery für immer und ewig besiegeln würde.

Persönliche Eindrücke und Randnotizen

Bei all den grandiosen Handlungssträngen in Westeros, kann Jon nördlich der Mauer nicht mehr wirklich mithalten. Dass man ihm dann in dieser Episode auch lediglich die erwartete Liebesszene mit Ygritte verpasst, weckt nicht unbedingt das Interesse beim Zuschauer. Man kann nur hoffen, dass die Spannung hier mit der Eroberung der Mauer bzw. Castle Black wieder angezogen wird, vor allem da damit auch wieder eine greifbarere Verbindung zur restlichen Handlung der Serie hergestellt werden kann.

Das Feuer zwischen Jorah Mormont und Barristan Selmy ist hiermit eröffnet! Verständlicherweise erkundigt sich Jorah zunächst, ob Selmy etwas von Roberts Komplott gegen Daenerys und Jorahs Rolle darin weiß, was dieser jedoch scheinbar nicht tut. Ob man Selmy wirklich in dieser Sache trauen kann, oder ob er seine Karte einfach noch nicht auf den Tisch legen will?

Erneut haben wir einen kurzen Blick auf Qyburn werfen dürfen, den Robb als einzig Überlebenden in Harrenhal fand und der sich nun um Jaimis Stumpf kümmert. Ob seine Aussage, dass er aus dem Orden der Maester verwiesen wurde, da seine Experimente zu wagemutig waren, noch an Bedeutung gewinnen wird? Ich bin mir da ziemlich sicher und gespannt, welche Experimente genau das waren.

Das beste Zitat dieser Episode: Olenna Tyrell: "I was told you were drunk, impertinent, and thoroughly debauched. You can imagine my disappointment at finding nothing but a browbeaten bookkeeper."

Fazit

Eine wirklich vollbeladene Episode, in der jede Szene bedeutungsvoll für den bisherigen und zukünftigen Verlauf der Serie ist. Die Fülle und Dichte der Episode erschlägt einen dabei zunächst, jedoch lichtet sich das Dickicht wenn man sich dem Ganzen noch einmal intensiv widmet. Die Episode zeigt, dass es gewaltig unter der Oberfläche brodelt. Die Grundlagen sind allesamt geschaffen und es kann nicht mehr lange dauern, bis es zum großen Eklat kommen wird.

Annika Leichner - myFanbase

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