Review: #1.08 Vergebung
Diese neue Folge steht ganz im Zeichen von Vergebung und Wiedergutmachung. Große Worte, die befürchten lassen, dass die Umsetzung der Thematik den Erwartungen nicht gerecht werden kann.
Und der langweilige Anfang der Folge scheint diese Befürchtung zu bestätigen. Melinda bedient das "Weibchen"-Klischee, als sie sich bei dem Horrorfilm ach so gruselt. Auch generell fällt auf, dass Melinda in dieser Folge für meinen Geschmack übertrieben zart und schutzbedürftig dargestellt wird. Besonders die Geschichte um Alexis, ihrer ehemaligen besten Freundin, die ihr Geheimnis an ihre Mitschüler zu Collegezeiten verraten und sie damit der Lächerlichkeit preisgegeben haben soll, trifft bei mir keinen Nerv. Eher bin ich hiervon entnervt. Ja, wir wissen alle, Melinda hatte es mit ihrer Gabe nicht leicht, aber warum muss man das jetzt thematisieren. Gerade auch mit Blick auf den eigentlichen Plot dieser Folge, die Geschichte um den Geist Julian, der sich an Jim gehängt hat, kann ich keinerlei Sinn in dem Aufkochen der Beziehung zwischen Alexis und Melinda erkennen. Einzig Andrea, die hier seltsamerweise quasi als Melindas Sprecherin eingebunden wird, macht die Szenen mit Alexis trotz allem unterhaltsam.
Nach einem verhaltenen Anfang gelingt es jedoch sehr rasch echte Spannung aufkommen zu lassen. Zu verdanken ist das Julian, um den sich der Hauptplot dieser Folge dreht. Julian kennen wir bereits aus der letzten Folge. Es handelt sich um den Patienten, mit dem Jim im Krankenwagen verunglückt war. Julian ist infolge des Unfalls verstorben und versucht nun über Jim zu Melinda Kontakt herzustellen. Soweit so gut. Jedoch ist für mich nicht ganz verständlich, warum hier der Zwischenschritt über Jim gegangen wird. Ich freue mich zwar immer, wenn Jim häufiger in die Geschichten eingebunden wird, aber verständlich ist es nicht, dass der Geist in dieser Folge so sehr an Jim "klebt", dass er sogar in ihn fährt. Jim fungiert als Empath, kann fühlen, was Julian fühlt und wird von dessen Gefühlen buchstäblich übermannt. Nur, wozu das Ganze? Die Antwort auf diese Frage bleibt die Folge schuldig.
Letztendlich gelingt es Melinda und Jim, Julians Ex-Frau und Sohn zu finden und für die längst fällige Aussprache zu sorgen. Julians Appell an seinen Sohn, die Familie des Mannes, den er getötet hat, später zu unterstützen, ist rührend und mitreißend zugleich. Allerdings komme ich nicht umhin, mich zu fragen, warum Julian denn eigentlich die ganze Folge über mit freiem Oberkörper herumlaufen muss. Insgesamt wirkt das auf mich doch ein bisschen absurd.
Absurd ist auch das richtige Stichwort für Melindas Verhalten zu Beginn der Folge. Nicht nur, dass hier ein gähnend langweiliges Eheleben von Melinda und Jim präsentiert wird, nein, Melinda hält es auch nicht für nötig, Jim über Julians Anwesenheit zu informieren. Als sie den Geist von Julian in der Nähe von Jim entdeckt, läuft sie weg anstatt ihrem Mann, der schon an seinem Verstand gezweifelt hatte, sofort alles zu erzählen. Überflüssig war daneben, dass Melinda aufgrund Jims seltsamen Verhaltens eingangs der Folge an dessen Gefühlen zweifelt, obgleich Jims Schilderungen die Anwesenheit eines Geistes nahe gelegt hätten. Aber anstatt sich dem Offensichtlichen zu widmen, beschwört Melinda lieber eine mögliche Beziehungskrise. Allerdings: je länger ich Melinda dabei ertragen muss, wie sie "Klein-Mädchen-Klischees" bedient, desto öfter muss auch ich mich fragen, was Jim eigentlich an ihr findet.
Zum Ende der Folge hin wirkt Melinda auf mich allerdings wieder stark und kämpferisch. Souverän meistert sie den Umgang mit Julian und kann ihm schließlich helfen, seinen Wunsch nach Vergebung zu erfüllen, was mir persönlich sehr gefallen hat. Gruselig ist dann wiederum der Schluss dieser Folge, aber weniger aufgrund der Darstellung als vielmehr aufgrund Melindas Kleidungsstil. Mit ihrem langen, schwarzen Mantel wirkt sie zwischen den vielen weißen Tauben selbst ein wenig angsteinflößend.
Fazit
Eine anfangs recht zähe Folge, die auf nichts Gutes hoffen ließ. Allerdings kommt mit dem ersten Gespräch zwischen Julian und Melinda echte Spannung auf, die bis zum Ende gehalten wird. Julian ist für mich dabei die Schlüsselfigur der Folge, nicht nur was die Handlung anbelangt, sondern auch als derjenige, der die Grundlage für die spannende Unterhaltung schafft. Man ist sich bei ihm bis zum Schluss nicht wirklich sicher, ob man ihm tatsächlich trauen kann. Insgesamt eine gute Folge, die trotz mehrerer Ärgernisse ihrer Grundidee vollends gerecht werden kann.
Anne L. - myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: On the Wings of a DoveErstausstrahlung (US): 11.11.2005
Erstausstrahlung (DE): 23.08.2006
Regie: Peter O'Fallon
Drehbuch: Catherine Butterfield
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