Review: #3.15 Live aus Damaskus
Wie schon beim letzten Mal vermutet, ist das letzte Wort in Sachen Will noch nicht gesprochen. Denn obwohl zwischen #3.14 Another Ham Sandwich und dem Beginn dieser Episode nahezu keine Zeit vergangen ist und das Geschehen direkt bei der Siegesfeier innerhalb der Kanzlei wieder aufgreift, werden wir ganz schnell damit konfrontiert, dass nach der abgewendeten Grand-Jury nun der Ärger für Will von Seiten der Anwaltskammer droht. Wendy Scott-Carr hat dieser die Dokumente zukommen lassen, die belegen, dass Will vor 15 Jahren Geld von Klienten kurzzeitig für sich gestohlen hatte und nun droht ihm ein Ausschluss aus der Anwaltsgilde. Dieses Schicksal hängt wie ein Damoklesschwert die ganze Zeit über Will und auch dem aktuellen Fall über dem Geschehen und es bringt die Entwicklung seines Charakters wohl zum vorläufigen Abschluss.
Mit etwas Einfluss von Alicia und gegen den direkten Rat von Diane, beschließt Will sich auf den ihm vorgeschlagenen Kompromiss einzulassen und sich für sechs Monate suspendieren zu lassen und damit einem eventuellen lebenslangen Berufsverbot aus dem Weg zu gehen. Bemerkenswert ist dabei, dass Will dies auch tut, da er weiß dass er schuldig ist. Er weiß zwar auch, dass die Vorwürfe gerade zu dem Zeitpunkt nur auf den Tisch gebracht wurden, weil er eben von Wendy Scott-Carr zum Opfer ausersehen wurde, aber im Gegensatz zu so manchen aktuellen Beispielen aus der Politik steht er zu seinem Fehler und nimmt sich den Konsequenzen an. Was dies für das Gefüge der Serie bedeutet, wenn Will beruflich nicht mehr von der Partie ist (denn außerhalb der Kanzlei haben wir Will nur sehr selten gesehen), wird die Zukunft zeigen. Ich bin durchaus zufrieden damit, dass man ihn hier nicht mit einem leichten Sieg davon kommen lassen hat, auch wenn die Inszenierung rund um seine bevorstehende Strafe mir manchmal etwas zu dick aufgetragen war (Dianes Bemerkung zu ihm, dass sechs Monate ohne Arbeit seinen Tod bedeuten würden war dann doch ein wenig übertrieben).
Ist diese Entscheidung von Will, der hier im Rahmen dieser Folge doch schon fast ritterlich daherkommt, schlüssig mit seinen bisherigen Charaktereigenschaften? Ich würde sagen ja, zwar gehörte es bisher immer zu ihm, dass er gerne auch einmal die Grenzen der Moral auslotet und dabei nicht immer auf der richtigen Seite dieser wandelt, aber in letzter Zeit gab es doch immer wieder subtile Hinweise, dass er selbst dieses Verhalten in Frage stellt. Um es mal etwas melodramatisch auszudrücken, er machte den Eindruck als wolle er sich zu einem Mann hin verändern, der Alicias hohen Moralansprüchen gerecht wird. Ob er dies nun bewusst tut, vor allem auch in Bezug auf Alicia, ist natürlich nicht wirklich klar, aber eine gewisse Tendenz in diese Richtung ist schon länger greifbar. Schauen wir also, was er nun mit der ihm zur Verfügung stehenden Zeit anfangen wird.
Seinen vorerst letzten Fall als aktiver Anwalt absolvierte Will nun am tagespolitisch heißen Thema Syrien. Wir sind es natürlich mittlerweile gewohnt, dass "Good Wife" die gerade im Gespräch befindlichen heißen Eisen anpackt, aber dieser Fall rund um amerikanische Software, die vom syrischen Regime gegen Oppositionelle eingesetzt wird, hat mich nicht auf jeder Ebene überzeugen können. Dafür war der Aufbau des Falles viel zu sehr nach Schema F. Sich als amerikanische Serie hinzustellen und das Vorgehen in Syrien anzuprangern spricht nun wirklich nicht von Mut oder bringt auch keine neuen Erkenntnisse und in dem die Zusammenarbeit mit dem Regime nur auf eine spezielle Firma projiziert wurde, lässt man die amerikanische Gesellschaft und deren ständiges Überlegenheitsgefühl durch alle Schichten hinweg völlig unangetastet. Es ist alles viel zu einfach und an manchen Stellen auch viel zu manipulativ was hier passiert, als dass es meine hohen Ansprüche an einen "Good Wife"-Fall genügen kann, gerade wenn wir uns mit solch komplexen Themen befassen. Amerika als Staat und als Gesellschaft steht auf der Seite der Guten, mutige Einzelbürger und mutige Anwälte kämpfen für die richtigen Taten und am Ende ist alles gut. Einzig Kalindas Freund aus dem syrischen Untergrund muss für das Geschehen mit dem Leben bezahlen, was aber hier lediglich als Bauernopfer für den Betroffenheitsfaktor dient. Denn bereits in der ersten Szene ihrer Unterhaltungen war mir klar, dass er das Ende dieser Folge nicht überleben wird.
Einen derartigen Aufbau erwarte ich von einer Serie mit einer simplen moralischen Weltansicht, wie es in den meisten Procedurals à la "Bones" und "Castle" der Fall ist, aber "Good Wife" hat mehrfach bewiesen, dass es weiß, dass die Welt nicht so einfach in Schwarz und Weiß einzuteilen ist. Dass Will hier versucht das Richtige zu tun und sich auch gegen die Interessen seines mächtigen Klienten Edelstein durchsetzt, war für mich im Rahmen dieser Episode zwar schlüssig und passend, zumal er auch vorher immer wieder solche Momente der leidenschaftlichen Ritterlichkeit entgegen seinem sonstigen Zynismus gezeigt hat, aber man hätte etwas mehr Tiefe bezüglich des amerikanischen Verhältnis zu den Unruhen in Syrien durchaus an anderer Stelle einbringen können.
Weiterhin etwas unzufrieden bin ich außerdem mit Elis Rolle innerhalb der Serie. Hier wird er nun doch in die Kampagne seiner Frau Vanessa mit hineingezogen und das ist auch alles schön und gut, aber irgendwie tritt man in Bezug auf ihn doch auf der Stelle. Ich würde mir einfach mal wieder einen richtig geforderten Eli wünschen, der mit dem Hauptgeschehen etwas zu tun hat und nicht mehr nur noch als bloßer Kuriositätenlieferant dient. Vielleicht bietet das von Will hinterlassene Machtvakuum innerhalb der Kanzlei dafür eine günstige Gelegenheit, wenn nicht droht zumindest bei mir die Gefahr, dass mich Elis Abenteuer am Rande des Geschehens doch langsam langweilen.
Das Gegenteil von Langeweile ruft aber die Vorstellung hervor, dass sich Alicia nun bald einigen Schwierigkeiten von Kalinda widmen darf. Die ominösen Steuerakten tauchen hier zwar ein wenig aus dem Nichts auf, aber mehr Screentime für Alicia und Kalinda kann ich natürlich nur begrüßen. Ein weiterer Aspekt, den ich momentan sehr gelungen finde, ist die Evolution von Caitlin innerhalb der Kanzlei. Man sieht davon nur ganz wenig, da wir die Perspektive einer Anwältin im ersten Jahr aber aus Alicias Sicht sehr gut kennen, dennoch reichen diese wenigen Einblicke in Richtung Caitlin aus, um uns ein Bild von ihr zu machen. Das ist Charakterarbeit am Rande des Geschehens wie aus dem Bilderbuch und ich bin gespannt, ob es am Ende der Staffel dazu einen Kulminationspunkt gibt.
#3.15 Live From Damascus präsentiert sich also als Übergangsfolge ins letzte Drittel der Staffel. Dabei werden einige vielversprechende Entwicklungen angedeutet und das Staraufgebot in der zweiten Reihe ist beachtlich (sowohl Denis O'Hare, Rita Wilson, Edward Herrman, Parker Posey und Amy Sedaris sind mit von der Partie), aber aufgrund des zu oberlehrerhaft abgehandelten Fall der Woche bleibt man hinter den Erwartungen zurück. Die Folge ist alles andere als eine Enttäuschung, aber da gibt es durchaus noch Luft nach oben.
Cindy Scholz - myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Live From DamascusErstausstrahlung (US): 19.02.2012
Erstausstrahlung (DE): 13.05.2014
Regie: Brooke Kennedy
Drehbuch: Ted Humphrey
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