Bewertung

Review: #7.01 Allianz mit dem Teufel

Nachdem mich vor allem die zweite Hälfte der letzten Staffel doch ziemlich enttäuscht hat, war ich nun aber zugegebenermaßen doch recht neugierig, welchen Weg "Good Wife" in der inzwischen siebten Season (kaum zu glauben) einschlagen wird. Mit etwas Abstand zur Folge fällt mir ein finales Urteil immer noch nicht leicht, aber vielleicht klärt sich das ja, wenn ich am Ende meiner Review angekommen bin.

Wenn man sich an so eine Review setzt, dann legt man sich vorher schon einen bestimmten Aufbau zurecht. Da kann man sich an den Charakteren und ihren Geschichten entlang hangeln oder man beginnt einfach mit dem, was einen besonders bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Aber selbst das ist hier rückblickend gar nicht so einfach zu bestimmen. Also beginne ich doch am besten mit Alicia, die ja nun die titelgebende Figur der Serie ist und da tut sich tatsächlich an mehreren Baustellen etwas. Eher untypisch beginne ich da einmal mit dem für mich am wenigsten interessanten Teil nämlich das Werben von Louis Canning um ihre Mitarbeit in seiner Kanzlei. Ehrlich gesagt, so gerne ich Michael J. Fox auch in seiner Rolle bislang gesehen habe, inzwischen bin ich doch ein wenig gelangweilt von ihm und der Art und Weise, wie er in die Serie integriert wird. Seine Beziehung zu Alicia entwickelt sich meines Erachtens gar nicht mehr weiter. Er wirbt um sie, sie lehnt ab. Das Spielchen hatten wir inzwischen zuhauf und sein Engagement bei Diane als Wills Nachfolger war auch nicht das Gelbe vom Ei. Da hat man in der letzten Staffel wirklich einiges an Potential liegen lassen, wenn nicht gar verspielt. Letzten Endes war es mir in dieser Folge auch einfach zu konstruiert, dass er es war, der Alicia den Fall zuschusterte und sie damit auf Diane und David Lee treffen ließ. Sorry, aber Alicias vermeintlich erster Fall in der neuen, alleinigen Selbständigkeit und dann trifft man gleich auf die einstigen Kollegen? Diane traf den Nagel auf den Kopf mit ihrer Frage an Alicia, ob sie in diesem Zusammenhang an Zufälle glauben würde.

Auf den Gerichtsfall komme ich gleich noch einmal zu sprechen. Vorher will ich jedoch noch auf Alicias zweites Standbein, wenn man es denn so nennen kann, eingehen. Ihr Engagement bei den Kautionsverhandlungen vor Gericht ließ ein wenig an die Anfangszeiten der Serie erinnern, als Alicia nach der langen Zeit des "Good Wife"-Seins wieder in den Anwaltsberuf zurückkehrte. Denn vor dem Richter wirkte sie wieder wie eine Anfängerin. Es mag sein, dass es sich hier um eine andere Art von Verhandlung dreht, die sie ansonsten gewohnt ist. Letzten Endes handelte sie bei ihrem Einstand aber doch sehr ungeschickt und fast schon tollpatschig. Das war von den Autoren wohl als Komik erachtet worden, ging aber eher nach hinten los. Dennoch hatte der Erzählstrang auch seine interessanten Seiten. Der Richter hatte Alicia zum Beispiel schnell durchschaut und wusste gleich, dass sie ihre Schwierigkeiten haben und seinen Arbeitsablauf bremsen wird. Vielleicht war er etwas zu sehr auf Richter Gnadenlos getrimmt, aber verschrobene Richter sind ja in der Serie nun nichts Neues. An zweiter Stelle ist die Einführung des Charakters der Lucca Quinn wohl keine kleine Nebensächlichkeit. Da scheint man an einer Nachfolgerin von Kalinda zu arbeiten und wenn ich es mir recht überlege, dann sind hier durchaus auch Parallelen zu erkennen. Harte Schale, weicher Kern, so hat es den Anschein. Der erste Eindruck ist sympathisch und man kann bereits vermuten, dass hier eine neue Zusammenarbeit am Entstehen ist. Denn da sind wir auch wieder beim Gerichtsfall, den nämlich kurzerhand Lucca für Alicia gewinnen kann bzw. zu einer gleichmäßigen Erbverteilung führt. Beide Frauen haben im Rahmen des Verfahrens von spontanen Eingebungen gelebt und der Battle der Experten im Zeugenstand hat nicht nur die ob der skurrilen Berufsbilder irritierten Richterin amüsiert, sondern auch mich als Zuschauer des Ganzen. Man muss aber auch sagen, dass der recht banale Fall der Woche eher etwas für eine durchschnittliche Folge gewesen wäre als für einen Staffelauftakt. Da hat einfach das gewisse Etwas gefehlt.

Das wiederum gab es jedoch im dritten Handlungsschwerpunkt von Alicia, nämlich in ihrer Rolle in Peters erneutem Wahlkampf. Nun könnte man natürlich anbringen "nicht schon wieder ein Wahlkampf", aber dieser hier verspricht eine ganz neue Brisanz, die sich vor allem Peter selbst eingebrockt hat. Da sägt er doch glatt den treuen Weggefährten Eli ab, der sich dadurch nicht zu Unrecht persönlich verletzt und angegriffen fühlt. Die entstandenen Rachegelüste sind nun vielleicht etwas übertrieben, führen jedoch zu einer spannungsgeladenen Situation, die im weiteren Staffelverlauf noch Einiges an Unterhaltung zu versprechen scheint. Es war auf jeden Fall ein cleverer Schachzug von Eli, Alicia auf seine Seite zu ziehen, die in ihrem gemeinsamen Interview mit Peter ohnehin schon ein Zeichen zu setzen wusste, als sie Peter als loyalen Menschen charakterisierte. Diese Spitze hat gesessen. Über die Einbindung von Margo Martindale in diesen Handlungsstrang freue ich mich ganz besonders, denn im Zusammenspiel mit Alan Cumming erwarten uns hier sicher noch großartige Szenen und Duelle. Dieser Neuzugang verspricht unter den aktuellen Voraussetzungen einen wahren Zugewinn. Hoffentlich vermasseln das die Autoren nicht.

Am Rande wollte man mit dem Einsatz von Grace als Alicias Assistentin wohl noch für mehr Humor sorgen. Ich empfand das als leidlich unterhaltsam. Etwas Besseres schien den Serienmachern wohl für die Rolle nicht eingefallen zu sein.

Das erste Mal seit langem hatte ich auch das Gefühl, dass die nun unter Lockhart/Argos firmierende Kanzlei eigentlich überflüssig geworden ist. Zumindest einmal war sie es in dieser Folge, die allein schon mit Alicias diversen Handlungssträngen gefüllt genug war. Daher langweilten mich die Partner-Sitzungen doch auch ziemlich, bei denen Cary in seinen immer noch recht jungen Jahren als Außenseiter unter den deutlich erfahreneren und mitunter schon greisen bis senilen Partnern positioniert war. Es mag verständlich sein, dass er sich nach Anschluss bei den jungen Nachwuchsanwälten sehnte, aber er kann in seiner Position doch nicht wirklich erwarten, dass man sich ihm vorbehaltlos öffnet. Etwas seltsam anmutend war dann auch die Szene mit dem jungen Anwalt Dirk, der Carys Aufforderung, immer auf ihn zukommen zu können, offenbar derart missverstand und gar als Flirterei seitens Cary deutete. Ich habe keinen blassen Schimmer, ob und worauf das noch hinauslaufen soll. Mich hat das eher irritiert statt interessiert. Cary ist in seiner Kanzlei in der jetzigen Form auf jeden Fall deplatziert und ich würde mir gerne eine andere Aufgabe für ihn wünschen.

Fazit

Abschließend lässt sich nun also feststellen, dass sich die Folge gar nicht wie ein Staffelauftakt, sondern wie eine ganz gewöhnlich und durchschnittliche "Good Wife"-Episode anfühlte. Es wurden zwar insbesondere für Alicia neue Handlungsstränge gesponnen, aber der ganz große Knalleffekt war nicht dabei. Das war gerade noch im Auftakt zu Staffel sechs ganz anders. Insgesamt wurde auch einfach zu viel an Handlung in die knapp 44 Minuten gequetscht. Ein wenig mehr Fokus hätte der Folge gut getan und sie über den Durchschnitt gehoben. So bleibt es bei fünf Punkten und der Hoffnung auf eine Steigerung in der nächsten Woche.

Jan H. – myFanbase

Die Serie "Good Wife" ansehen:


Vorherige Review:
#6.21 Nicht scheitern!
Alle ReviewsNächste Review:
#7.04 Schikane

Diskussion zu dieser Episode

Du kannst hier mit anderen Fans von "Good Wife" über die Folge #7.01 Allianz mit dem Teufel diskutieren.