Bewertung

Review: #7.17 Schusswechsel

Foto: Christine Baranski, Good Wife - Copyright: Paramount Pictures
Christine Baranski, Good Wife
© Paramount Pictures

Es ist nicht mehr weit bis zum großen Serienfinale und aktuell gibt es zwei Dinge, die mir nicht so recht zusagen wollen und damit den Gesamteindruck dieser Folge trüben.

An vorderster Front ist das vor allem die charakterliche Entwicklung von Alicia. Im Hinblick auf ihre Person als Hauptfigur der Serie kann man "Good Wife" auch als ein charakterzentriertes Drama bezeichnen. Und natürlich ist der Fortschritt in der Emanzipation von der treu-folgenden "Good Wife" hin zur selbstbewussten und unabhängigen Frau unbestritten. Doch die Ereignisse und Alicias Vorgehensweisen in der jüngeren Vergangenheit lassen sie mir zunehmend unsympathisch wirken. Ich bin mir unsicher, ob das von den Autoren so gewollt ist oder ob es sich um mein ganz persönliches Empfinden handelt. Wie bereits in meiner letzten Review zu #7.16 Hearing beschrieben, ist es mir nach wie vor unverständlich, warum Alicia sich in der Frage zur Zukunft der Kanzlei auf Dianes Seite schlägt und damit Cary im Regen stehen lässt. Inzwischen geht es ja sogar so weit, dass sie Cary direkt ins Gesicht lügt und Dianes Werben für eine allein von Frauen geführte Kanzlei abstreitet. Dass lässt Alicia im wahrste Sinne als Emanze dastehen, die das durch das Protegieren von Luca noch zusätzlich unterstreicht, obwohl sie diese erst seit einem vergleichsweise kurzen Zeitraum kennt. Es mag ja sein, dass sie in Lucca tatsächlich ein großes anwaltliches Talent erkennt, aber im Gegenzug kann ich auch nicht nur ansatzweise erkennen, dass Cary nicht mindestens ebenbürtig in dieser Disziplin agiert. Warum also diese Abkehr von ihrem langjährigen Kollegen und einstigen Kanzlei-Partner? Mir fehlt darauf derzeit eine Antwort.

Was mir an Alicia aktuell ebenfalls missfällt ist ihr Verhalten sowohl gegenüber als auch in Bezug auf Jason. Grundsätzlich empfand ich es schon einmal als billigen Versuch der Autoren, Jason mit dem von Alicia beobachteten Kuss mit der fremden Frau, in ein schlechtes Licht zu rücken und damit Alicias Eifersucht gepaart mit Zweifeln zu wecken, die sich in einer vorübergehenden Abwehrhaltung äußerte. Es ist schön und gut, sie nach dem Verlust von Will wieder ungezwungen mit einem Mann an ihrer Seite zu sehen. Das hat mich ja bereits in der vergangenen Episode überzeugt. Ich finde es auch nur allzu verständlich, dass sie in ihrer ersten Reaktion, den Rückzug wählt, wohl auch aus Angst, verletzt werden zu können. Das zeigt zudem, dass sie mehr als nur eine Affäre in ihrer Beziehung zu Jason sieht. Andererseits finde ich es einfach unnötig, uns Zuschauern diesen Konflikt überhaupt bieten zu müssen. Das hat Soap-artige Züge, die die Serie wirklich nicht nötig hat. Alicias Erkenntnis, dass sie in dieser Hinsicht keine Ansprüche stellen darf, solange sie selbst noch verheiratet ist, ist letzten Endes nur eine logische Konsequenz, auf die sie auch ohne Luccas Zutun hätte kommen müssen. Mein eigentlicher Kritikpunkt ist nun aber Alicias Verhalten in der Schlussszene in der Bar. Mein Gott, sie ist doch kein verliebter Teenager mehr, der so albern und wiederum weniger Teenager-like anzüglich, fast schon obszön, in der Öffentlichkeit auftreten muss. Das war einfach unpassend und billig, ist jedoch nicht das erste Mal, dass Alicia in sexueller Hinsicht mit solchen Momenten irritiert, wenn ich da an ihre Eskapaden mit Peter denke, obwohl die beiden nachweislich getrennte Leben führen. Hinzu kommt ihre fehlende Vorsicht, denn mich würde es nicht wundern, wenn in der vollgepackten Bar nicht jemand dieses offensichtliche, fremde Techtelmechtel der Gouverneursgattin beobachtet hat. Das schadet dann im Zweifelsfall nicht nur Peter, sondern auch ihrer eigenen Person. Dieses unvernünftige Verhalten muss man dann wohl unter dem Motto "Liebe macht blind" abhaken.

Im folgenübergreifenden Verfahren gegen Peter tritt man bei dieser Episode gehörig auf der Stelle. Angesichts der nur noch wenigen ausstehenden Folgen verwundert das doch sehr. So sehen wir also erneut Eli lauschend auf der Behindertentoilette (den Witz hatten wir schon), während die Anhörung an sich auch nur wenige neue Erkenntnisse bringt. Alicias Aussage war da auch ein Spiel mit dem Feuer, das nach hinten losgehen könnte, nachdem man Llyod Garber nun zur erneuten Befragung einlud, über deren Ausgang wir letzten Endes auch keine Informationen erhielten. So tappt man angesichts dieser ganzen Handlung weiter im Dunklen und zumindest ich ärgere mich auch darüber, dass Peter nun wiederholt nicht eine eigene Szene bekam. Er ist doch der Dreh- und Angelpunkt dieser Geschichte und man zeigt ihn nicht einmal in der Abstimmung mit seinem Anwalt, geschweige denn in einer Interaktion mit Alicia? Da muss jetzt wirklich mal etwas kommen, ansonsten ist die Story ein ähnlicher Rohrkrepierer wie zuletzt Alicias Kandidatur in Staffel sechs.

Als ich vor einiger Zeit die Ankündigung des Gastauftrittes von Blair Underwood las, hatte ich mich schon darauf gefreut, weil ich ihn spätestens seit seiner Rolle in "In Treatment" gerne sehe. Insgesamt bin ich von seinem Auftritt jedoch enttäuscht. Die Rolle gab in ihrer Anlage leider nicht viel her und so blieb er meines Erachtens doch deutlich unter seinem schauspielerischen Können. Ohnehin fiel es mir schwer, trotz des dahinter stehenden tragischen Ereignisses, eine emotionale Bindung zu dem Fall der Woche aufzubauen. Der Zusammenschnitt über das Leben der Tochter zu Folgenbeginn war dafür nicht ausreichend genug und als Einstieg in die Folge auch unglücklich gewählt. Als Zuschauer fehlte da erst einmal jedwede Orientierung. Interessant war das Gerichtsszenario daher eher aus handlungsübergreifender Sicht, indem die Konstellation aus Diane und Cary, die im Verlauf durch Lucca ergänzt wurde, ein Abbild der gegenwärtigen Situation in der Kanzlei bot. Die Uneinigkeit der Strategie vor Gericht war fast schon überraschend in der Form ihrer Darstellung. Das ist ja schon fast unprofessionell, wie die beiden sich vor Gericht und vor allem ihrem Klienten gegenüber aufgeführt haben. Überhaupt wurde die bislang eigentlich nur verdeckt hinter dem Rücken von Cary behandelte Thematik bezüglich Dianes Kanzlei-Plänen nie so offensichtlich ins Bild gerückt wie hier. Etwas zu plump wie ich finde. Dass schließlich Lucca für Cary die Befragung führen durfte war quasi nur noch ein Schlag ins Gesicht für ihn, während Dianes Begründung dafür fadenscheinig ist. Stattdessen ist es vielmehr eine Bestätigung für ihren Kurs, da sie Alicia mit der Unterstützung von Lucca, nicht nur vor Gericht, sondern auch in Bezug auf das ihr zugteilte, eigene Büro, ein großes Zugeständnis macht. Dabei bot ihre gemeinsame Dinnerszene einmal mehr Anlass für Spekulationen hinsichtlich möglicher Zerwürfnisse hinter den Kulissen. Die wechselnde Kameraperspektive könnte aber auch durch unterschiedliche Drehpläne der beiden Darsteller von Nöten gewesen sein. Ich will mich diesbezüglich jetzt auch einmal mit weiteren Spekulationen zurückhalten. Gespannt bin ich jetzt aber, ob Diane ihren Plan nun wirklich so glatt wird durchziehen können, wie es momentan den Eindruck vermittelt oder ob Alicia nicht doch noch ihren ganz eigenen Plan verfolgt und für uns Zuschauer noch eine große Überraschung parat halten wird.

Völlig überflüssig war meines Erachtens die Geschichte um den Plagiatsvorwurf bezüglich der College-Bewerbung von Grace. Das hatte für mich nur etwas von Lückenfüller, den die Episode eigentlich gar nicht gebraucht hätte. Wenn dies letzten Endes nur dazu dienen sollte, Grace als Entscheidungshilfe ihres Studienfachs zu dienen, dann hätte man das auch schon früher abhandeln können, als sie Alicia und Lucca zu Staffelbeginn mit ihren Diensten unterstützte.

Fazit

Mit #7.17 Shoot bietet uns "Good Wife" eine unausgegorene Episode, die über weite Strecken Stillstand auf sämtlichen Handlungsebenen bietet. In Peters Anhörung geht es wenig voran und auch bei Dianes Kanzleiplänen wird uns nur Bekanntes aufgetischt. In Anbetracht des kurz bevorstehenden Serienfinales erwarte ich mir da einfach mehr Dynamik anstelle von gebremster Standardkost.

Jan H. – myFanbase

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