Bewertung

Review: #3.10 Der Passagier

Langsam aber sicher geht es auf die Zielgeraden der Staffel zu und die Autoren nutzen diese Episode, um einen ganz deutlichen Schwerpunkt auf Saul Plan mit Brody zu legen. Das führt zu einer intensiven Erzählweise, aber auch zu vielen brachliegenden Storylines, die man einfach nicht betrachtet hat.

"I was worried about the damage that I've done."

Quinn weiß um Carries Schwangerschaft und legt ihr nahe, die Mission auszusetzen. Prinzipiell ist das der einzig logische und gesunde Weg, doch Carrie fühlt sich nur angegriffen und weist Quinn von sich. Sie ist einfach nicht in der Lage, sich mit ihrer Schwangerschaft auseinander zu setzen. Eigentlich boykottiert sie das Kind weiterhin und ich finde nach wie vor, dass es eigentlich nur logisch ist, dass Carrie aus welchem Grund auch immer, das Kind nicht kriegen wird oder kann. Was ich nach dieser kleinen Szene aber hoffe, ist, dass Carrie noch die Chance nutzt, ihr wahres Gefühlsleben zu offenbaren, indem sie sich jemanden gegenüber öffnet. Quinn bietet sich dafür im Moment am besten an. Diese Potenzial sollte man nicht verschenken, zumal man ihn als Charakter in dieser Staffel ja auch zum nachdenklichen und hinterfragenden Menschen entwickelt hat.

"Stand by people, showtime"

Die wesentliche Storyline dieser Episode ist aber der Versuch, Brody über die Grenze in den Irak zu bringen. Dies nimmt ungemein viel Zeit ein, weil dieses durchaus riskante Verfahren natürlich nicht reibungsfrei verläuft. Allerdings zieht sich der Teil an einigen Strecken auch und obwohl es die Macher erneut schaffen, die Szenen spannend zu inszenieren, wird man das Gefühl nicht los, dass man hier auch ein paar Minuten hätte einsparen können, um sich anderen Charakteren zu widmen.

Natürlich ist die Gefahr und die Kompliziertheit von Sauls Spiel etwas, was man ausführlich betrachten muss, damit es nicht lächerlich wirkt. Auch Brodys innerer Konflikt mit der Angst, der Überlegung aufzugeben, nachdem er beinahe erwischt worden wäre, den Zweifeln und der letztendlichen Überzeugung, die Operation auch alleine umzusetzen, sind wichtige Entwicklungsschritte für die Mission, ohne die man der Serie sonst einige Abzüge für das Storytelling hätte abziehen müssen. Trotzdem bleiben die meisten Entwicklungen zu vorhersehbar und der Höhepunkt mit Schießerei und zahlreichen Sprüchen ist dann doch zu weit entfernt vom eigentlichen Genre, dass man sich angesichts der kriegsähnlichen Action doch eher unwohl denn unterhalten fühlt. Das ist irgendwie alles etwas too much gewesen. Insbesondere die Miene und die Rettungsaktion diente doch eigentlich nur der Darstellung von Carries Sorge um Brody, die schon immer klar gewesen ist und somit nichts Neues beisteuern konnte. Weiterer vielleicht bedeutenderer Nebeneffekt war die Integration von Michael Haggins.

"This isn't something the president needs to know"

Nebenbei werden die Entwicklungen im Iran an der Grenze nämlich durch Dar Adal und Michael Haggins quasi kommentiert. Dar Adal ist plötzlich das coole Schoßhündchen, welches die wichtige Aufgabe hat, die höchste politische Ebene so lange wie möglich aus der Operation heraus zu halten. Das macht er unheimlich abgeklärt und selbstbewusst, was etwas komisch wirkt, da man ihn vor kurzem noch als uninformierten Lakaien wahrgenommen hat, der eher als Feind denn als Sauls Verbündeter zu verstehen war. Sein Aufstieg macht den Charakter weiter undurchsichtig und es bleibt offen, ob die Autoren wirklich immer einen richtigen Plan für ihn hatten oder einfach immer genau das genommen haben, was gerade am besten passte.

"You had some bad luck. I'm sorry"

Lockhart wird auch zur Operation zugezogen, weil er als baldiger CIA-Chef natürlich im Bilde sein sollte. Allerdings ist er gar kein Feind mehr, sondern nun gezwungenermaßen ein Freund und Unterstützer, weil er eben mit im Boot sitzt. Das verleitet ihn sogar dazu, Saul sein Beileid auszusprechen, als die Operation zu scheitern droht. Für mich bleibt hierbei allerdings offen, ob man Lockhart jetzt noch eine Wandlung aufdrücken will oder ob er doch der erpresste Antagonist für Saul bleibt. Irgendwie ist zum Ende der Staffel der innere Konflikt um die CIA verloren gegangen und gar kein "Feindbild" mehr da. Gibt es denn noch eine Untersuchung oder hat sich das jetzt alles schon in Luft aufgelöst, weil Lockhart den Job bekommt, den er haben wollte? Irgendwie fehlt mir da ein runder Abschluss für die Staffel, falls man diesen Weg verlassen haben sollte und Lockhart jetzt einfach nur mitgehangen, mitgefangen ist. Im Übrigen fand ich es ein wenig albern, wie Saul unter der misslungenen Mission gelitten hat. Natürlich hatte er eine geniale Idee, die nicht klappen sollte, aber er war schon etwas voreilig und eigentlich dann auch ganz schön naiv, dass er so sehr enttäuscht werden konnte. Letztlich stand der Plan schon immer auf der Kippe und so weit gekommen zu sein, war schon ein Erfolg. Seine Reaktion war mir zu schwarz/weiß, weil selbst ohne Brody noch Potenzial vorhanden war.

"You will die over there.“

So wie Vieles in der Episode war dann auch zu erwarten, dass Brody einen Abbruch der Mission verhindert und alleine in den Irak gelangen will. Carries Einwände bewirken da eher noch das Gegenteil, denn Brody wird dadurch nur bewusst, dass Carrie ihn auf jeden Fall retten würde. Er kennt sie eben sehr gut. Brody rennt also Javadi direkt in die Hände und ist damit eigentlich genau dort, wo er sein muss. Dass es seinen Begleiter dann schnell entschärft, war auch keine wirkliche Überraschung. Jedenfalls hat das Hin und Her der Episode dazu geführt, dass der Plan zwar aufgegangen ist, die Umstände nun aber deutlich schlechter für Brody sind. Dafür eine gesamte Episode zu verwenden, ohne auch nur Storylines abseits zu betrachten, ist trotzdem etwas zu ungleich gewichtet. Das war viel zu Brody fokussiert.

"You have an uncle in Teheran.“

Auch eine der letzten Szenen, in der wenigstens mit Fara noch mal ein anderer Charakter der Serie auftauchen durfte, diente eigentlich ausschließlich der Storyline um Brody. Carrie ist tatsächlich so dreist und erpresst sich mit Faras gutem Willen und ihrer ehrenhaften Einstellung einen Backup-Plan für Brody. Ich finde es schon schade, dass man Fara hier ziemlich ausnutzt und gar nicht merkt, welch inneren Konflikt sie mit sich austrägt. Da wäre doch mehr Fingerspitzengefühl verlangt. Aber Carrie geht es nur um Brody und dessen Sicherheit, also will sie Fara dazu bringen, ihren Onkel in Teheran als Unterstützung zu bekommen. Ich hoffe, die vielen Zwiespälte für Fara werden noch Auswirkungen haben.

Fazit

Mir fehlt etwas die klare Linie, die deutlich macht, wie man diese Episode in die gesamte Staffel einordnen soll. Die zentrale Handlung wird mit viel Zeitaufwand intensiv fortgeführt. Dafür bleiben sehr viele andere Geschichten auf der Strecke und man fragt sich, ob dies der richtige Weg ist, um alles Stränge am Ende geschickt und nachvollziehbar zusammen zu laufen zu lassen. Insofern darf man auf die letzten zwei Episoden gespannt sein. Diese war mit zu Brody-zentriert und einseitig mit zu geringem Fortschritt.

Emil Groth – myFanbase

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