Bewertung

Review: #4.08 Zwischen Leben und Tod

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Vieles ist in dieser Staffel von "How to Get Away with Murder" anders als in den letzten Jahren: Es gibt keinen Wes, Annalise und die Studenten haben sich von einander entfernt und anstatt sich von Ärger fern zu halten trachten die Studenten nach Rache. Auch das Herbstfinale findet in diesem Jahr nicht wie gewohnt in der neunten Episode statt und deckt das Verbrechen auf, von dem wir bisher kleine Brocken in den Flashbacks gesehen haben, in diesem Jahr ist es bereits Episode #4.08 Live. Live. Live., die ans Licht bringt, wessen Blut vergossen wurde. Eines ist jedoch gleich geblieben und das ist der enorme Nervenkitzeln, den man die gesamte Episode über verspürt hat und der dieses Herbstfinale für mich zu einer phänomenalen Episode und dem bisherigen Höhepunkt dieser Staffel macht.

"Annalise knows everything."

Nach und nach wurden die Keating 5 in diesem Jahr Teil des großen Rachefeldzuges gegen Laurels Vater Jorge und zuletzt gesellt sich nun auch Connor zu der eingeschworenen Truppe. Seine Stellung gefällt mir sehr gut, denn während die anderen den Plan, vertrauliche Daten von Antares zu entwenden um Laurels Vater zu Fall zu bringen, komme was wolle in die Tat umsetzen wollen, stellt Connor die Person dar, die sich nicht erneut zu einem Verbrechen verleiten lassen will. Schon früher befand sich Connor in der Position, an einem Mord beteiligt zu sein, ohne es selbst darauf angelegt zu haben und dieses Mal verhält es sich ganz ähnlich. Anders als zuvor sieht er Annalise nun aber als seine Vertrauensperson und bittet sie um Hilfe, um seine Freunde von ihrem Feldzug anzubringen. Nachdem Connor sich Annalise in den letzten Episoden immer mehr angenähert hat, obwohl er sonst immer scharf gegen sie geschossen hat, ist es wunderbar anzusehen, dass er sich in seiner Not nun an sie wendet und Annalise bittet, Laurel und Co. von ihrem Plan abzubringen. Um Connors gesonderte Position zusätzlich zu untermalen ist er dieses Mal nicht direkt an dem Mord beteiligt, der sich ereignet hat, was mir ebenfalls sehr gut gefallen hat.

An Connors Stelle ist dafür Oliver getreten, der zwar ebenfalls nicht dabei war, als sich das Blutvergießen zutrug, allerdings an der Vertuschung teilnimmt und somit zum ersten Mal selbst tief in ein Verbrechen mit hinein gezogen wird. Bisher hielt er sich stets am Rande des Geschehens auf, doch nun erblickt er zum ersten Mal eine Leiche und das Entsetzen über diesen Tod hat Conrad Ricamora fabelhaft in Szene gesetzt.

Who is dead?

Eine Frage, die sich im Verlauf der Staffel sicher jeder gestellt hat: Wer ist tot? Ich für meinen Teil war mir sehr sicher, dass nicht noch einmal einer der Hauptcharaktere ums Leben kommen wird und ich bin sehr erleichtert, dass ich damit richtig gelegen habe. Daher habe ich zwischen Tegan, Simon und Jorge als potentiellen Todeskandidaten geschwankt, wobei ich am meisten auf Tegan getippt habe. Es hat jedoch Simon erwischt und die Inszenierung seines tragischen Todes ist wunderbar gelungen. Seit geraumer Zeit schwänzelt Simon um die Studenten herum (wobei ich mich sogar kurz gefragt habe, ob er vielleicht ein Spitzel von Jorge ist) und versucht ihre Geheimnisse in Erfahrung zu bringen, was ihm nun zum Verhängnis geworden ist. Da es ihm nicht entging, dass Michaela und Co. während der Party recht angespannt waren, ist es verständlich, dass er ihnen nachgestellt hat und erfahren wollte, was vor sich geht.

Die Art und Weise, wie Simon dann sein Leben lassen musste, hat mich "positiv überrascht", auch wenn es vielleicht etwas viel des Zufalls war, dass Simon mit der Waffe in der Hand stolperte, ausrutschte und sich selbst einen Kopfschuss verpasste. Diese rasche Folge von unglücklichen Begebenheiten ist jedoch der einzige Kritikpunkt, den ich an dieser Episode habe. Denn es war die eleganteste Lösung, Simon einen ungewollten Selbstmord begehen zu lassen, anstatt erneut einen der Keating 5 in ein Mörder zu verwandeln. Nachdem Wes und Asher dies bereits mitmachen mussten, brauchte man nun einen anderen Weg, der nach dem Auftragsmord an Wes in der letzten Staffel eine willkommene Abwechslung ist.

Auch wenn Simon für mich auf der Abschussliste stand, war für mich zu keinem Zeitpunkt sicher, wie die Sache ausgehen würde und genau diesen Spannungsfaktor konnten die Autoren sehr lange aufrecht erhalten, was die Episode wahnsinnig nervenaufreibend gemacht hat.

Das Stilmittel mit dem Einblenden der Zeit und dem Zurückdrehen der Uhr liebe ich bereits seit der ersten Staffel und auch dieses Mal wurde es wieder wunderbar eingesetzt, um uns die unterschiedlichen Faktoren, die zu Simons Tod geführt haben, näher zu bringen. So legt man den Fokus zuerst auf Oliver und zeigt uns seinen Entsetzensschrei beim Anblick der Leiche, dann dreht man die Zeit zurück und berichtet uns, wie es zu der Konfrontation zwischen Simon und den anderen gekommen ist.

"Live. Live. Live."

Es ist jedes Mal wieder erstaunlich, wie leicht es "How to Get Away with Murder" gelingt, den Zuschauer ein wenig an der Nase herum zu führen und dafür zu sorgen, dass die Flashbacks einen in die Irre führen. So vermutete ich zuvor, dass es das Blut von Laurels Babys sein muss, das an Michaela klebt und dass Asher und Connor so schockiert waren, weil etwas mit dem Baby geschehen ist. Diese Theorie passte auch gut zu der zusammengesunkenen Annalise, auch wenn nicht klar war, wie sie in den Tod von Laurels Baby verwickelt sein würde.

Ganz anders als vermutet spielen sich in dieser Episode jedoch zwei blutige Ereignisse ab, die mehr oder weniger unabhängig von einander passieren. Denn der Verbleib von Laurels Baby hat nur wenig mit dem Tod von Simon zu tun, auch wenn es der Streit über Antares war, der Frank dazu brachte, Laurel ausversehen einen Schlag in den Bauch zu versetzen und somit die Blutung auszulösen, die sich kurz nach dem Tod von Simon verschlimmert.

Obwohl Laurel am Beginn der Staffel das Vertrauen in Annalise verloren hat, ergreift sie in dieser Episode diesen Strohhalm, als Annalise ihr Hilfe anbietet. Ähnlich wie bei Annalise und Connor gefällt es mir auch hier gut, dass die ehemalige Dozentin für ihre Studenten noch immer ein sicherer Hafen ist, den sie in stürmischen Zeiten ansteuern können.

Wie wir wissen, setzt Annalise sich in dieser Staffel vermehrt mit ihrer schmerzhaften Vergangenheit auseinander und gerade erst gestand sie Isaac, den Tod ihres Babys noch immer nicht verwunden zu haben. Annalise nun in eine Situation zu bringen, in der es in ihren Händen liegt, das Baby von Laurel zu retten, war ein gewagter Schachzug. Es sind intensive Bilder, die zeigen, wie Laurel bewusstlos in einer immer größer werdenden Lache Blut am Boden liegt und Annalise verzweifelt versucht an das Baby zu gelangen, das gemeinsam mit einem Schwall Blut das Licht der Welt erblickt hat und genau so leblos scheint wie Laurel. Als Annalise damals ihr eigenes totes Baby in den Armen halten musste, brach es einem als Zuschauer das Herz und nun ihre Bemühung zu verfolgen, bei der sie alles daran setzt, dass Laurel nicht eben so eine schmerzliche Erfahrung machen muss und auch sich selbst nicht noch einmal mit einem toten Baby zu konfrontieren, kann man nur Tränen in den Augen ansehen. Dass man diesen Bogen zurück zu Annalises Vergangenheit schlägt, in der sie selbst nichts tun konnte und sie nun in eine Lage versetzt, in der sie allein dem Baby noch eine Chance geben kann, hat mich sehr bewegt. Für Annalise ist es jedoch nicht nur das Baby von Laurel, das sie retten will, sie weiß noch nicht, dass auch Frank als Vater in Betracht kommt, weshalb es wohl besonders der Gedanke an Wes und dessen Sohn ist, durch den Annalise es in Verzweiflung schafft, die Nabelschnur zu durchtrennen und die Reanimation zu starten.

Der krönende Abschluss dieser Episode war der Moment, in dem man die Hoffnung schon fast aufgegeben hat, dann aber das Geschrei eines Babys vernimmt, während bereits der Abspann eingeblendet wird. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass sie die Geschichte noch so zum Guten wenden würde, auch wenn man sich natürlich nicht sicher sein kann, dass nicht trotz allem noch etwas Schlimmes passiert. Es ist auf jeden Fall ein glorreicher und hoffnungsfroher Abschluss für dieses Jahr und lässt einen dem Auftakt der zweiten Staffelhälfte im Januar entgegenfiebern.

Randnotizen

  • Anders als in den letzten Jahren rollt man die Handlung dieses Mal nicht bis zu dem Punkt auf, an dem alle Zusammenhänge der Flashbacks erklärt wurden. So wissen wir nicht, weshalb Bonnie Isaac und jenen wiederum Annalise angerufen hat.
  • Vor seinem Tod hat Simon noch seine Gefühle für Oliver auf den Tisch gelegt. Dies hat man bereits erahnen können und wäre er nicht gestorben, wäre es sicher spannend gewesen, wie Oliver darauf reagiert hätte und ob dies seine Beziehung mit Connor verändert hätte.
  • Theoretisch besteht die Möglichkeit, dass Simon nicht tot ist und noch reanimiert werden kann. Ich gehe allerdings nicht davon aus, da man einen Schuss in den Kopf nicht ohne weiteres überleben kann.
  • Nate scheint dieses Mal keinen Bezug zum Verbrechen zu haben und hatte in der bisherigen Staffel allgemein wenig zu tun.
  • Die Freundschaft zwischen Bonnie und Nate gefällt mir sehr gut. Gern mehr davon.
  • Nachdem Michaela die Fingerabdrücke von der Waffe gewischt hat, haben sie die Pistole wieder zu Boden gelegt, ohne sie Simon vorher noch einmal in die Hand zu drücken, was bedeutet, dass nun gar keine Fingerabdrücke an der Waffe sein dürften. Ein fataler Fehler, der den Studenten bestimmt das Genick brechen wird.
  • Warum wurde Asher abgeführt und nicht Michaela oder Oliver?
  • Wirft Michaela auf der Neugeborenen-Station einen Blick auf das Baby von Laurel?
  • Auch wenn es nicht ganz eindeutig war, sah das Baby für mich so aus, als hätte es eine helle Hautfarbe. Ist also Frank und nicht Wes der Vater?
  • Von wem stammte der Anruf mit der unbekannten Nummer, den Laurel angenommen hat, bevor sie sich auf den Weg zur Kanzlei machte?
  • Ich habe bereits darauf gewartet, dass Dominic noch einmal auftaucht und das geschieht natürlich genau im ungünstigsten Moment. Durch das Telefonat von Connor weiß er nun sicher, was vor sich geht und wird bestimmt Jorge darüber informieren.
  • Bonnies Liebesgeständnis an Annalise war sehr emotional und ich bin gespannt darauf, wie es mit den beiden weitergehen wird.
  • Sowohl Viola Davis als auch Aja Naomi King und Conrad Ricamora konnten in dieser Episode glänzen und in den schockierenden Szenen, die ihre Charaktere durchleben mussten, deren Entsetzung und Verzweiflung fantastisch zum Ausdruck bringen.
  • Ich vermute, dass die zweite Staffelhälfte ein Kampf zwischen den Fronten werden wird, bei dem es zu einem Showdown zwischen Annalise und den Studenten auf der einen und Laurels Vater auf der anderen Seite kommen wird.

Fazit

Das Herbstfinale der vierten Staffel ist in jeder Sekunde fesselnd und kann in guter alter "How to Get Away with Murder"-Manier gleichzeitig überraschen, zu Tränen rühren und den Atem stocken lassen.

Marie Florschütz - myFanbase

Die Serie "How to Get Away with Murder" ansehen:


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