Bewertung
Gavalda, Anna

Zusammen ist man weniger allein

Die sprichwörtliche französische Leichtigkeit zieht spätestens seit "Die fabelhafte Welt der Amélie" auch hierzulande viele in ihren Bann. Das Flair von Paris, die Unbeschwertheit des sinnlichen Lebens, wie auch die Widrigkeiten in der Stadt der Liebe sind beliebte literarische Themen, die es oft in die Bestsellerlisten schaffen. So auch im Falle von Anna Galvada, deren Buch "Zusammen ist man weniger allein" sich allein in Deutschland über 850.000 mal verkaufte.

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Inhalt

Im Laufe der Erzählung treffen vier gänzlich unterschiedliche Menschen in einer Pariser Wohngemeinschaft aufeinander. Da ist zum einen der adelige, aber furchtbar schüchterne Postkartenverkäufer Philibert. Dieser ist zwar ein wahre Intelligenzbestie, besonders wenn es um historische Tatsachen geht, doch sobald er mit Menschen spricht, fängt er haltlos an zu stottern. Philiberts Untermieter ist der ungehobelte, aber sehr talentierte Koch Franck. Sein Leben wird bestimmt von Frauen, Motorrädern und der tagtäglichen Schufterei in einem exquisiten Feinschmeckerlokal. Unter dramatischen Umständen stößt dann die magersüchtige Camille zu der Männer- WG. Die junge Frau ist künstlerisch unglaublich begabt, leidet aber unter ihrer Vergangenheit. So schlägt sie sich als Putzfrau durch das Leben, anstatt als Malerin erfolgreich zu arbeiten. Das Quartett macht zu guter letzt Paulette, die weise, aber zusehends seniler werdende Großmutter von Franck komplett.

Eine Geschichte um Freundschaft, Liebe und Zusammengehörigkeit entwickelt sich langsam und am Ende erkennen alle Charaktere: Zusammen ist man nicht nur weniger allein, zusammen ist man auch endlich zu Hause angekommen.

Kritik

"Zusammen ist man weniger allein" war ein großer Erfolg in ganz Europa. Viele begeisterte Stimmen äußerten sich zu Anna Galvadas Buch: klug, burschikos, leichtfüßig, "schöner als Amélie" sei es. Nach der Lektüre der 550 Seiten stellt sich aber doch auch Ernüchterung ein, denn worum ging es denn eigentlich? Auf Hunderten von Seiten wird hier langatmig geschwafelt was das Zeug hält – das mögen dann auch einige für französisch-charmant halten, andere werden sich aber zu Tode langweilen.

Wirklich viel passiert nicht und auch die Figuren ziehen den Leser nicht in den Bann. Viel zu sehr werden sie zu Stereotypen unserer Zeit verklärt. Natürlich muss die Künstlerin Camille magersüchtig sein, sie kann sich nicht der Liebe und dem Leben öffnen, bis letztendlich der Prinz in Form des ungebildeten Franck um sie wirbt. Und natürlich durchlebt der schüchterne Philibert eine 180-Grad-Wendung und steht am Ende des Romans gar auf einer großen Bühne.

Das alles bleibt irgendwie beliebig und vorhersehbar. Zu gezwungen kommt die gewünschte leichte Erzählweise daher. Das Lesen wird zudem durch den Schreibstil Galvadas erschwert, die zeitweise dem Leser nicht auch nur einen Hinweis gibt, welche Person gerade mit wem spricht. Ihren anfänglichen Running Gag – nämlich das Problem der Aussprache, wenn sich Franzosen an englischen Wörtern versuchen – gibt sie zum Glück schnell auf.

Und so ziehen sich die Seiten bis zum unvermeidlichen und äußerst kitschigen Happy End dahin. Die Erzählung ist sinnbildlich wie ein ruhiger Fluss, dem man aber schon nach einiger Zeit ein paar deftige Stromschnellen wünscht.

Fazit

Anna Galvada verwendet innerhalb der 550 Seiten viele Wörter, ohne wirklich etwas zu sagen. "Zusammen ist man weniger allein" ist ein Buch, das die einen wegen seinem französischen Flair lieben werden. Andere werden auf Grund der Beliebigkeit und der Langatmigkeit schon nach wenigen Seiten das Werk wieder zur Seite legen.

Die Autorin

Anna Galvada, geboren 1970 im ländlichen Boulogne-Billancourt in Frankreich, wurde 1999 mit ihrem Erzählband "Ich wünsche mir, dass irgendwo jemand auf mich wartet" über Nacht berühmt. Nach diesem Erfolg gab sie ihren Beruf als Französischlehrerin auf und arbeitet seitdem in Melun bei Paris als Schriftstellerin und Journalistin, unter anderem für die Zeitschrift Elle. "Zusammen ist man weniger allein" ist nach "Ich habe sie geliebt" ihr zweiter Roman.

Barbara Kotzulla - myFanbase
15.03.2007

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