Bewertung
Moers, Walter

Ensel und Krete – Ein Märchen aus Zamonien

*Waldspinnenhexe, die: Die gemeine Waldspinnenhexe oder Hexenspinne (Tarantula valkyria) gehört zur Familie der vierlungigen Großspinnen, wie etwa die Vogelspinne, wird aber entschieden größer, verfügt über bisher noch nicht genau erforschte Netzfangtechniken, weil noch kein Forscher, der ihr genügend nahe gekommen ist, jemals zurückkehrte [...].

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Inhalt

Ensel und Krete, zwei Fhernachen, machen mit ihren Eltern Urlaub im beschaulichen und friedlichen Bauming. Dieses verträumte Paradies wird von den Buntbären bewohnt, einer freundlichen Gattung, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, den Gästen von außerhalb einen entspannten Aufenthalt zu garantieren. Glücklich kann hier ein jeder werden... vorausgesetzt er bleibt auf den Wegen und hält sich an die Regeln der Buntbären. Aber wer will schon für Ärger sorgen in dieser beschaulichen Umgebung?

Ensel und Krete langweilen sich derweilen schon nach kurzer Zeit und beschließen "nur mal eben" einen kleinen Abstecher in den verbotenen Teil des Großen Waldes zu unternehmen – ohne damit zu rechnen, dass dort schon gemeine Laubwölfe, Sternenstauner, Trolle und anderes Böse auf sie wartet. Die beiden Zwergenkinder erleben die märchenhaftesten Abenteuer, bewaffnet immerhin mit der einen Weisheit: Hexen stehen immer zwischen zwei Birken.

Kritik

Walter Moers beglückt mit einem weiteren Märchen aus dem Zauberreich Zamonien und "Ensel und Krete" kann sich durchaus mit Vorgängern wie "Die 13 ½ Leben des Käpt'n Blaubär" messen. Ein wahres Pulverfass an Phantasie ergießt sich über die Seiten, so dass man kaum aus dem Staunen heraus kommt.

Besonders amüsant wird es, wenn der eigentliche Autor der titelgebenden Geschichte zu Wort kommt. Denn Walter Moers ist nur der "Übersetzer", die eigentliche literarische Ehre gebührt Hildegunst von Mythenmetz, einem uralten Dinosaurier, der nach eigenen Angaben der meistgelesene Schriftsteller Zamoniens ist. Dieser ereifert sich in der sogenannten "Mythenmetzschen Abschweifung" in Abhandlungen über seine Erzfeinde, den Sinn von Literatur, dem Inhalt der Geschichte und sowieso dem Leben im allgemeinen. Gerade diese Stellen sind es, die dem Leser die Freudestränen in die Augen treiben. Hier regiert der Zynismus und der Sarkasmus, hier offenbart der Märchenschreiber seine gehässige Seite – und das überbietet sich an Einfallsreichtum immer wieder selber. Schade ist dann eigentlich nur, dass die Erzählung über die beiden Zwergenkinder Ensel und Krete dabei etwas in den Hintergrund rückt.

Einen weiteren Grund zum Schmunzeln bieten die "Erklärungen aus dem Lexikon der erklärungsbedürfigen Wunder, Daseinsformen und Phänome Zamoniens und Umgebung von Prof. Dr. A. Nachtigaller": Wo immer es eine Kleinigkeit zu definieren gibt, kann der Leser dies in den Fußnoten nachlesen. Mit wissenschaftlicher Akribie werden hier so zum Beispiel alle Färbungen der Buntbären aufgeführt oder geläufige Sprichwörter wie "Du kannst mir mal die Schere spülen" erläutert.

Walter Moers hat mit "Ensel und Krete" ein wunderbar kurzweiliges Stück Literatur geschaffen. Er nimmt die phantasievolle Geschichte und seine teils kruden Figuren durchaus ernst und verzichtet auf einen "Hau-drauf"- Humor. Die Wortschöpfungen, die Märchengestalten mit ihren Eigenheiten und die zynischen Kommentatoren seines erdachten Autors von Mythenmetz haben genug Witz und Esprit, um ein fast uneingeschränktes Lesevergnügen zu garantieren.

Fazit

Wer schon immer die Geschichten von Käpt'n Blaubär liebte, wird dieses Buch ebenfalls mögen. Alle anderen im übrigen auch.

Barbara Kotzulla - myFanbase
15.10.2007

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