Bewertung
Loe, Erlend

Doppler

Die Irrungen und Wirrungen der heutigen Zivilisation sind für den ein oder anderen nicht leicht zu bewältigen. Die einen flüchten auf eine Südsee-Insel, die anderen finden in einer Religion ihr Heil. Wieder andere besinnen sich auf die Natur – und ziehen wie Doppler in den Wald direkt an der Stadtgrenze.

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Inhalt

Doppler – ein tüchtiges Mitglied der norwegischen Gesellschaft – lebt mit Frau und Kinder in der Hauptstadt und führt ein durch und durch strebsames und normales Leben. Bis sich auf einmal die Ereignisse überschlagen: Erst stirbt der fremdgewordene Vater, dann stürzt Doppler bei einer Radtour. Er bleibt leicht verletzt am Waldesrand liegen und holt in diesem Moment zum ersten Mal seit langer Zeit richtig Luft und resümiert über sein Dasein. Plötzlich ergibt das bisherige Leben keinen Sinn und der Familienvater fasst einen folgenschweren Entschluss: Er zieht in ein Tipi am Waldesrand, mutiert zum Jäger und Sammler und errichtet schließlich zu Ehren seines Vaters einen Materpfahl. Dann findet der Einsiedler unter eher tragischen Umständen auch noch einen treuen Gefährten: Der junge Elch Bongo, der auf Grund Dopplers Hungergelüste zum Waisen wurde, lebt fortan an seiner Seite.

Doch der selbsternannte Menschenhasser kommt nicht zur Ruhe, denn seine Frau wird nach einem Besuch erneut schwanger und stellt ihm als Ultimatum die Forderung, passend zum Geburtstermin wieder in die Zivilisation zurückzukehren. Dann will auch noch sein kleiner Sohn in den Wald und aufdringliche Nachbarn stellen sich nach und nach ein. Und wieder muss sich Doppler entscheiden...

Kritik

Der norwegische Autor Erlend Loe wählt für seine Erzählungen meist Protagonisten, die vom alltäglichen Leben überfordert sind. Auch hier ist es seine Hauptfigur, die an der persönlichen Tüchtigkeit, wie er es selber nennt, zu ersticken droht. Die eigene Lebendigkeit wird durch obskure Fragen, wie etwa nach den richtigen Fliesen fürs neue Bad, zunichte gemacht. Um das zu erkennen, muss Doppler allerdings erst einmal im wahrsten Sinne des Wortes fallen. Der Fahrradsturz am Waldesrand ist wie der Flug in ein neues Leben. Zurück zur eigenen Natur, egal was dies für die Mitmenschen bedeutet, wird zu Dopplers Lebensmotto.

Die Erzählung folgt dabei ganz der Innensicht Dopplers, in der sich Alltagsbeschreibungen mit teils skurrilen Gedanken vermischen. So erfährt der Leser zum Beispiel, wie schwer es ist, der Zivilisation zu entsagen, wenn man andauernd die Titelmelodie von "Bananas in Pyjamas" im Ohr hat, und wie schön eine - doch geistig recht einseitige – Partie Memory mit einem Elch sein kann. In wunderbar direkter und ungeschönter Sprache wird hier nach und nach ein ganz feines Bild eines Mannes in der Midlife-Crises gezeichnet. Eine Vielfalt an interessanten Nebenfiguren, akkurate Situationskomik und der liebenswerte Hauptprotagonist machen das Buch lesenswert.

Bemerkenswert an dieser Erzählung ist die Tatsache, dass sie den Leser tatsächlich ein wenig zum Nachdenken bringt. Doppler betrachtet alltägliche Gegebenheiten mit anderen Augen und fragt nach dem Sinn der Dinge. Was macht uns wirklich glücklich und wie weit sollten wir für unser Glück gehen? Die Hauptfigur erkennt hier ihre eigene Natur und folgt dieser. Allerdings muss auch der bekennende Misantrop einsehen, dass es nicht ganz ohne die Gesellschaft anderer geht. Der Mensch braucht die Zweisamkeit und sucht sie sich in egal was für einer Form.

Einen kleinen Wehrmutstropfen gibt es allerdings: Das Buch ist mit 150 Seiten einfach zu kurz. Gerne würde man noch weiter dem Fortlauf der Geschichte folgen. Doch leider kommt der Autor viel zu schnell und zu abrupt zu Ende. Dieses bleibt leider sehr offen, was die größtenteils plausible Story zum Schluss doch eher ins Lächerliche zieht.

Barbara Kotzulla - myFanbase
24.10.2007

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