Bewertung
Schamoni, Rocko

Dorfpunks

"Hatte die taz Recht, als sie schrieb, Rocko Schamoni sei 'lustiger als hierzulande erlaubt und ernster als hierzulande erwünscht'? Natürlich, dieses Buch ist der Beweis." (Klappentext)

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Inhalt

Rocko Schamoni erzählt in dieser biografischen Geschichte von seiner Jugend in der norddeutschen Provinz. Ende der Siebziger herrschte in seinem Heimatdorf Schmalenstedt (gemeint ist Lütjenburg) in Schleswig-Holstein gähnende Langeweile und totale Windstille. Doch dann entdeckte ein Teil der Teenager den Punk für sich. Punk ist mehr als nur Musik, Punk steht für einen gewissen Lebensstil und eine neue Denkart. Und genau diese Strömung formte ein Gemeinschaftsgefühl und wurde zur Entwicklungsbasis für die Dorfjugend.

Doch wie alle anderen Heranwachsenden mussten sich auch die Punker mit den typischen Problemen des Erwachsenwerdens herumschlagen: Liebeskummer, Einsamkeit, Zukunftsangst und Freundschaft bleiben auch im Kreise derjenigen aktuell, die eigentlich den Rahmen sprengen und aus der Gesellschaft entfliehen wollen. "Dorfpunks" ist die Erinnerung an eine wilde und ereignisreiche Zeit, in der sich alles änderte und doch irgendwie gleich blieb.

Kritik

Als weitere Hoffnung am deutschen Popliteratur-Himmel hochgelobt schafft es Rocko Schamoni hier, eine kurzweilige Zusammenfassung seiner Jugend vorzulegen. Das ist leider ebenso belanglos wie unbedeutsam. So spricht er zwar immer wieder davon, dass der Punk endlich der jugendlichen Wut eine Sprache gegeben hat, aber genau dieses intensive Gefühl vermisst man beim Lesen schmerzlich. Gerade das Sujet der Punkbewegung in der Provinz hat ein großes Spannungs-Potenzial, dass hier leider nicht ausgeschöpft wird. Die Langeweile, mit der sich die Hauptfigur im Alltag auseinander setzen muss, überfällt immer mehr den Leser. Wirklich interessant wird es nur an wenigen Stellen, richtig amüsante Passagen muss man schon genau suchen.

Die Sprache ist klar und ohne Umschweife. Das kann durchaus von Vorteil sein, doch vermisst man hier und da etwas Rafinesse, die dem ganzen mehr Würze verliehen hätte. Hier macht die schnörkelose Sprache nur eines ganz deutlich: Es gibt eigentlich nichts zu erzählen.

Die Jugenderinnerungen des Roddy Dangerblood, wie sich Schamoni bis zu seinem 19. Lebensjahr nannte, bieten nichts Neues, dagegen viel Unspektakuläres. Man vermisst nicht nur eine gewisse 80er-Nostalgie und einen Einblick in die Punkhistorie, sondern vor allem greifbare Geschehnisse, die eine solche Biografie rechtfertigen könnten.

Ein jeder hat sich in seiner Jugend mit Themen wie Liebe, Sexualität und Freundschaft beschäftigt. Jeder hat nach Orientierung gesucht und viele haben sicherlich mit Drogen experimentiert. Es freut den Leser zwar, dass der Autor so wehmütig und auch heiter in seine Vergangenheit blicken kann, es macht aber deutlich mehr Spaß, über die eigene Teenagerzeit nachzudenken.

Denn so wirklich sticht das Attribut "Punk" nicht aus der Erzählung heraus. Zwar beschäftigt sich die Hauptfigur viel mit dieser Strömung, doch das Augenmerk bleibt immer wieder an der Musik an sich haften. Zu wenig wird hier verdeutlicht, was es für die Jugendlichen hieß, ein Punk zu sein. Auch lässt der Autor einen Innenblick nicht wirklich zu. Zwar gibt es Passagen, die von einer Todessehnsucht und einem Gefühl der Leere berichten, doch stellt sich beim Leser nie eine Verbundenheitsempfindung mit den Charakteren ein.

Am Ende stellt man sich als Leser die Frage, was einem das Buch gebracht hat. Die Antwort lautet leider: Nichts.

Fazit

Frei nach dem Motto "Schnell gelesen, schnell vergessen" bietet "Dorfpunks" kurzweilige Unterhaltung der bedeutungslosen Art. Man fragt sich letztendlich, worum es denn eigentlich ging. Ein Gutes hat die ganze Sache allerdings schon: Man fängt an, über die eigenen "Jugendsünden" nachzudenken (egal, wie lange sie denn zurückliegen) und erfreut sich an diesen Erinnerungen (... schreibt aber noch lange kein Buch darüber).

Schade eigentlich, verbreitet Rocko Schamoni doch als Mitglied von "Studio Braun" unglaublich viel Anarchie und gepflegten Blödsinn. Ich empfehle an dieser Stelle jedem, die Finger von diesem Buch zu lassen und stattdessen lieber der ein oder anderen Aufnahme der "Studio Braun"-Chaoten zu lauschen.

Barbara Kotzulla - myFanbase
02.04.2008

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