Bewertung
Schiller, Friedrich

Die Räuber

"Es dauert mir zu lange - der Doktor will, er sei im Umkehren - das Leben eines Alten ist doch eine Ewigkeit! - Und nun wär freie, ebene Bahn bis auf diesen ärgerlichen zähen Klumpen Fleisch, der mir, gleich dem unterirdischen Zauberhund in den Geistermärchen, den Weg zu meinen Schätzen verrammelt."

Inhalt

Der junge Karl verließ seine Heimat, um zu studieren. Dabei erhielt er immer finanzielle Unterstützung von seinem Vater. Er beendet sein Studium und hofft nach einem Schreiben an seinen Vater wieder zurückkehren zu können. Doch die Antwort, die er erhält, ist nicht die, die er sich erhofft hat: er schreibt, dass er Karl nicht sehen möchte, und dass er eine Schande für die Familie sei. Diese Aussage stammt jedoch nicht von Karls Vater, sondern von dessen Bruder Franz, der eine Intrige gegen Karl und seinen Vater spinnt, um so an die Macht zu kommen.

Aus Verzweiflung und in seiner Not nimmt er das Angebot wahr, der Hauptmann einer Räuberbande zu werden und betreibt Gräueltaten im Gebiet von Sachsen. Unterdessen versucht Franz mit allen Mitteln, außer den klaren, den Vater ins Grab zu befördern.

Kritik

Für dieses Schauspiel steckte Schiller nicht nur fünf Jahre seines Lebens, sondern auch die kompletten gesellschaftlichen und politischen Probleme seiner Zeit hinein. Von daher ist eine genaue, detailbesessene Betrachtung dieses brillanten Werkes fast unmöglich. Ansatzweise, und ohne jegliche Beeinflussung, versuche ich ein Bild dieses Schauspiels zu erstellen, welches zum Lesen und Erforschen animieren sollte.

In "Die Räuber" geht es um ein schon immer da gewesenes Problem der getrübten und zu allen Zeiten unterworfenen Menschheit, welches sich schon in der Bibel in Kain und Abels Erzählung wiederfindet: der brüderlichen Rivalität. In der Genesis-Erzählung war es jedoch eine Banalität, die zum Mord führte, in diesem Schauspiel ist es nicht nur die Anerkennung und der Neid, sondern auch das Verlangen nach Macht und Reichtum. Doch was ist eine Banalität, wenn es schon Neid ist, dann ist es selbstverständlich auch Reichtum. Wie viele Menschen mussten im Laufe der Jahrtausende, und vor allem der letzten Jahrhunderte für Reichtum sterben? Und eben aus Reichtum folgte die Begierde nach Macht, was wiederrum Leben kostete und immer noch kostet. Nur, dass es heute nicht die brüderliche Rivalität ist, sondern die immer wiederkehrenden politischen Machtgefüge.

Doch zurück zu den Räubern. Hier treffen wir zwei Brüder, Karl und Franz: der eine wurde immer gehätschelt von seinem Vater, und der andere immer vernachlässigt. Daraus können doch nur gestörte Persönlichkeiten hervorkommen. Die Persönlichkeit des Franz lernen wir recht früh kennen, doch die des Karls, ist eine viel tiefgründigere, und daher ist es nur im Verlauf des ganzen Stückes möglich, sie zu ergründen. Im Prinzip sind beide restaurative Symbole, welche das Alte beibehalten möchten. Sprich, den Absolutismus und das dahinter verbergende marode System, der durch deren Vater Maximilian wiedergespiegelt wird.

In ihren Persönlichkeiten sind sie jedoch komplett unterschiedlich. Franz hat ein solch gestörtes Verhältnis zu sich und der Welt, dass er zum rationalen Materialisten verkommen ist, und den Nihilismus als Wahrhaftigkeit angenommen hat. Diese Sichtweise lässt ihn so sehr verkommen, dass er sich selbst als hölzern, langweilig, trocken, kalt, abstoßend und hässlich bezeichnet, und sich zudem von der Natur vernachlässigt fühlt, dass er sich im Verlaufe seiner Entwicklung zu einem berechnenden Logiker entwickelt hat. Das Skurrile ist dann natürlich noch, dass er ein völlig falsches Bild von seinem Bruder hat. Dieser soll der totale Draufgänger sein, vor Mut, Ehrgeiz und Starrsinn nur so strotzen.

Doch in Wirklichkeit ist er ein Mann, der Sehnsüchte nach seiner Heimat hat, und das Wohlbefinden und die Zuneigung einer Frau bevorzugt. Wie kann es für einen Stürmer und Dränger, wie Schiller es einer war, nicht anders sein, dass auch Karl so einer ist? Er möchte die Welt verbessern, Deutschland vereinigen, und schwingt große Reden von tapferen Männern. Nur befindet sich nicht mehr dahinter außer Gerede. Handeln tut er nicht. Dafür ist er sehr loyal, und gerät scheinbar unbeabsichtigt in ein Gefälle zwischen Macht, Intrige und Bruderschaft.

Durch diese zwei Personen kann man ein gutes Bild der "Räuber" zeigen, und wohin diese Geschichte hinaus steuert. Wem es doch nicht ganz geläufig ist, wohin, der solle nur bedenken, zu welcher Zeit es geschrieben wurde, oder sich einfach diese Lektüre zur Hand nehmen.

Fazit

Ein ausgesprochen verblüffendes Werk, das einen selbst nach mehrmaligem Lesen immer auf ein Neues begeistert, und Dinge an das Tageslicht bringt, welche man vorher nicht gesehen hat.

Ignat Kress - myFanbase
12.05.2008

Diskussion zu diesem Buch