Bewertung
Shem, Samuel

House of God

Es ist nicht überall so schön wie in der Schwarzwaldklinik

Foto: "House of God" von Samuel Shem
"House of God" von Samuel Shem

Inhalt

Dr. Roy Basch fängt zusammen mit fünf anderen jungen Männern sein erstes Jahr als Arzt im House of God an. Sie stecken alle voller Enthusiasmus und freuen sich darauf, Menschen helfen zu können. Doch die Freude am Beruf bleibt nicht lange erhalten. Anstatt zu heilen, behandeln sie "Gomers", alte, demente Leute mit Mehrfacherkrankungen, die geistig schon lange nicht mehr in dieser Welt leben. Aber sterben tun diese Menschen nicht, nein, sterben tun nur die jungen.

Die sechs Ärzte versuchen alle, auf ihre Weise damit umzugehen, dass sich ihr Traumberuf als Hölle entpuppt. Dr. Basch wird immer zynischer, sarkastisch, zieht alles ins Lächerliche und hält sich an die Regeln des House of God, nach denen z.B. ärztliche Betreuung darin besteht, so wenig wie möglich zu tun, oder man bei einem Herzstillstand zuerst den eigenen Puls fühlen soll.

Allein seine Freundschaft zu den anderen Internisten und seine sexuellen Beziehungen mit den jungen Schwestern helfen ihm dabei, die schwere Zeit zu überstehen und nicht selbst krank zu werden. Leider geht durch die unmenschlichen Arbeitsbedingungen, die Patienten, seine Affären und sein sich verändernder Charakter mehr und mehr seine Beziehung zu seiner Freundin Berry kaputt.

Kritik

Als erstes muss man erwähnen, dass die Geschichte in den USA der 70er Jahre spielt (damals wurde das Buch auch veröffentlicht) und seit dem hat sich anscheinend leider nicht viel verändert. Wer selber schon mal im Krankenhaus gearbeitet hat, entdeckt, dass in diesem Buch mehr Wahrheit steckt, als man gerne hätte.

Natürlich wird an der ein oder anderen Stelle ein klein wenig übertrieben und die Geschichten mit den jungen, sexy Schwestern etwas unrealistisch dargestellt, aber was die Arbeitsbedingungen angeht, wurde nichts verfälscht und auch die "Gomers" gibt es wirklich. Es kommt schon mal vor, dass man angepisst, angeschrieen, gekratzt oder gebissen wird. Das Leben im Krankenhaus zu verarbeiten ist Schwerstarbeit, es verändert einen und Beziehungen gehen kaputt.

Leider sieht die moderne Medizin zu oft nur die Krankheit und nicht den Menschen. Es wird geforscht und Krankheiten bekämpft, aber wenn jemand stirbt, vergisst man, dass es Hinterbliebene gibt, dass dieser Jemand vor kurzem eventuell noch ein ausgefülltes Leben hatte. Der Arzt selbst hat nur den Kampf verloren.

Auch wenn der Autor sich an manchen Stellen wiederholt, ist dieses Buch ungemein spannend und die Gefühle kommen sehr gut rüber. Zudem wird noch ein Hauch Geschichte eingebracht, in dem Nixons Abgang beschrieben wird.

Die "Götter in Weiß" verlieren ihren Heiligenschein und das ist gut so, auch wenn dies auf die Kosten der positiven Seiten des Arbeitsplatzes Krankenhaus geht.

Fazit

Es wird aufgeräumt mit dem Schwarzwaldklinik-Mythos, an den zu viele Leute glauben, und nicht nur deshalb hat dieses Buch unter Ärzten und Pflegern (und anderen) Kultstatus.

Antje van Uden - myFanbase
03.09.2008

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