Bewertung
Meyer, Stephenie

Bis(s) zum Morgengrauen

Ich hatte mir nie viele Gedanken darüber gemacht, wie ich sterben würde, obwohl ich in den vergangenen Monaten allen Grund dazu gehabt hätte. Und wenn, wäre meine Vorstellung ohnehin eine andere gewesen…

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Inhalt

Phoenix, Arizona. Isabelle Swan, von den meisten Bella genannt, zieht zu ihrem Vater Charlie in das verregnete Forks, damit ihre Mutter mehr Zeit mit ihrem neuen Ehemann, dem Basketballer Phil Dwyer verbringen kann. Doch für die sonst eher Sonnestrahlen gewöhnte Bella ist alles, einmal abgesehen vom Wetter, sehr neu und ungewohnt, weshalb sie an ihrem ersten Tag an ihrer neuen Schule sofort große Blicke auf sich zieht. Schnell freundet sie sich mit dem Hals über Kopf in sie verliebten Mike, der klatschigen Jessica und der ruhigen, angenehmen Angela an. Aber da gibt es noch jemanden, den Bella ganz und gar nicht uninteressant findet: Es ist Edward Cullen, der kreidebleiche 17-jährige Junge, der mit seinen Geschwistern Alice, Jasper, Emmett und Rosalie zusammensitzt.

Edward scheint Bella zu verachten, wie er ihr überdeutlich in der Mittagspause in der Cafeteria zeigt, außerdem nimmt er kaum Notiz von ihr, bis er sie eines Tages nach der Biologiestunde aus heiterem Himmel anspricht. Bella ist anfangs etwas zurückhaltend, aber nachdem Edward ihr überraschend das Leben gerettet hat und es darauf noch einige weitere Male tut, kann sie ihre Faszination und ihre Schmetterlinge im Bauch nicht länger ignorieren und zurückhalten. Es scheint aber fast schon zu spät zu sein für Bella, aus diesem Schlammassel noch herauszukommen, denn Edward trägt tief in sich ein dunkles Geheimnis.

Kritik

Ich denke, dass kein Mensch, oder, um es einzugrenzen, kein/e Jugendliche/r von 12 aufwärts, mit großen Erwartungen an den ersten Band der Tetralogie herangegangen ist. Warum auch? Nur wieder einmal eine neue Geschichte, die wieder einmal von Vampiren und ihrem Umgang mit Menschen erzählt. Aber "Bis(s) zum Morgengrauen" ist weit mehr als "nur" eine neue Vampirgeschichte. Das Buch macht nicht nur die meisten Vampir-Klischees zunichte – von wegen Vampire schlafen nur am Tag und kommen bei Licht gar nicht erst vor die Tür -, sondern erzählt auch auf eine wunderbare, berührende, und wenn auch kitschige Art und Weise ein Liebesdrama zwischen einem Menschen und einem Vampir, die, was ihre Ansichten betrifft, sicherlich unterschiedlicher nicht sein könnten, dabei aber durch ihre starke Liebe miteinander verbunden sind.

Wie sich die Lovestory zwischen Bella und Edward entwickelt, also vom Kennenlernen und Annähern bishin zum ersten Kuss, dem dramatischen Showdown oder dem rasanten Buchschluss (der mich mit einem sensationellen und spannenden Cliffhanger zurückließ), ist schlichtweg wirklich sehr gut zu Papier gebracht und macht immer wieder Freude auf mehr. Romeo und Julia waren gestern, Edward und Bella sind heutzutage am Zug! Ich kann ehrlich behaupten, dass es schon aufgrund dieses tollen Pairings ein Muss ist, zum Buch zu greifen, denn kaum jemanden wird es wahrscheinlich auch nur irgendwie kalt lassen, wenn Edward Sätze wie "You are my life now" oder "You are my brain of heroin" über die Lippen bringt, was im Buch – und das ist so großartig – kein einziges Mal kitschig wirkt.

Was aber unterscheidet das Buch so sehr von anderen Vampirgeschichten bzw. generell anderen Büchern? Von Edward und Bella lebt das Buch ganz klar, aber auch durch einige amüsante Momente und weiteren, recht sympathischen Figuren kann das Buch durchaus überzeugen. So entwickelt sich neben Bellas ruhigen und ungemein gutmütigen Vater Charlie, auch Alice, Edwards vampirische Halbschwester, schnell zu einem weiteren, (beigemerkt vampirischen) Buchsympathen. Mit ihrer tragischen Vorgeschichte, die im Laufe des Buches aufgedeckt wird, schließt man sie nur noch mehr ins Herz – so wie auch bald den Rest des Cullen-Clans. Sei es Esme, die tolerante und resolute Adoptivmutter von Edward, Alice und deren anfangs etwas uninteressant erscheinenden Geschwistern Jasper, Emmett und Rosalie oder Carlisle, der schon seit Jahrhunderten das "Vergnügen" als Vampir und ebenfalls eine eine nicht unwichtige Geschichte zu bieten hat, die ihm nur mehr Autorität und Tiefe verleiht.

Sowieso wird bei Familie Cullen, die allesamt als Vampire durch die Welt schreiten, verdeutlicht, dass sie auf eine gewisse Weise doch auch nur Menschen sind, die verletzlich sind und Fehler machen. Dies hat Meyer sehr gut herausgearbeitet und dabei, wie erwähnt, auf den Vampir-Aberglauben-Krims-Krams größtenteils verzichtet, und stattdessen mehr auf zwischenmenschliche Elemente gesetzt.

Die Rahmenhandlung ist natürlich die um Edward und Bella. Dadurch ist aber die Geschichte mit den Trackern auf alle Fälle zu kurz gekommen. Besonders nach dem Szenario auf Edwards Wiese war für kurze Zeit schlichtweg die Luft raus und der Spannungsbogen hat ab Seite 300 aufwärts deutlich einige "Risse" aufzuweisen. Zwar wird bald darauf wieder Spannung aufgebaut, die aber trotzdem nur knappe 150 Seiten lang anhält, bis die "große" Trackergeschichte endet, der "WOW"-Effekt jedoch mehr als ausbleibt. Das ist schon sehr schade, wo doch die Trackersache in meinen Augen recht viel versprechend in der Cullen-Spielszene begann und wie gesagt recht abrupt und plötzlich, vielleicht sogar schroff endete.

So bleibt am Ende neben dem Cliffhanger auch eine weitere Frage: Vampir – Realität oder Mythos? Das Thema "Vampir" ist definitiv spannend, sonst würde es heutzutage wohl kaum mehr irgendjemanden interessieren. Seit Jahrhunderten faszinieren uns diese Geschöpfe, ganz ähnlich wie Hexen oder Werwölfe, obwohl sie auf der anderen Seite so ganz und gar böse sein sollen. Schön, dass wir durch Meyers Roman einen etwas positiveren und weniger verängstigenden Eindruck der wohl sehr anmutigen und ebenso "speziellen" Bluttrinker bekommen haben. Ich habe ihn jedenfalls.

Fazit

Eines steht nach diesem Teil fest: Der Zweite muss schon einiges drauf haben, um Band eins sogar noch zu toppen. "Bis(s) zum Morgengrauen" ist ganz und gar nicht mühsam zu lesen, es macht Spaß und verzaubert. Keine Literatur von Welt, aber bei weitem eines der anspruchvollsten Jugendbücher der letzten Jahre.

Niko Nikolussi - myFanbase
05.01.2009

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