Bewertung
't Hart, Maarten

Die Jakobsleiter

Ich begab mich aus dem Schatten der Tür heraus, trat in das Licht der Türöffnung und sagte ruhig: "Ich bin überhaupt nicht tot."

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Inhalt

Als der elfjährige Adriaan Vroklage am Abend von seinem ersten Besuch auf Rrozenburg zurückkehrt, sind Vater, Mutter und der Pastor im Wohnzimmer versammelt. Adriaan versteckt sich hinter der Türe und hört, dass sie glauben, er sei gestorben, bis zur Unkenntlichkeit zerstückelt von einer Schiffsschraube am Vormittag im Hafen von Maassluis. Von diesem Tag an glaubt er, er hätte sterben müssen, denn der Junge, welcher tatsächlich umkam, ist Jan Ruygveen. Adriaan richtet sein gesamtes Leben darauf aus, seine Schuld zu tilgen. Er schließt Freundschaft mit den Ruygveens, speziell mit deren Sohn Anton, und hat immer im Kopf, dass er es hätte sein müssen, der damals an diesem schönen, warmen Maimorgen im Jahr 1950 hätte sterben müssen.

Kritik

Der Roman von t' Hart ist wahrlich kein Schreibgut, das man leichtfertig zur Abendlektüre liest, obwohl es zunächst recht einfach geschrieben und leicht verständlich ist. Trotzdem muss man sich damit beschäftigen. Es verbergen sich viele Einzelheiten und tiefgründige Erkenntnisse darin. Der Autor, selbst in strengster Calvinistisch geprägter Umgebung aufgewachsen, nimmt ein ums andere Mal die Religion auf die Schippe, oft in derart lustiger Weise, dass es, trotz der herzergreifenden Geschichte um Adriaan, ein Genuss ist, seinem Großvater zuzuhören. Dieser wechselt seine Religionszugehörigkeit wie andere Menschen die Socken. Und er besucht den ein oder anderen Gottesdienst nur zum Spaß. Dabei wird es aber niemals kitschig, denn der alte Mann und Vorbild Adriaans ist ein Charakter, wie er im Buche steht. Er heiratet nicht etwa aus Liebe, sondern, weil er eine Frau braucht, die ihn bekocht und seine Socken stopft.

Zum anderen Handlungsstrang gehört die Schuldfrage Adriaans. Er gibt sich selbst die Schuld am Tod Jan Ruygveens, doch ist er es auch? In seinem Leben erfährt ihm selten etwas Gutes und doch sieht er in allem das Gute. Er muss zum Beispiel zum Wehrdienst, doch er freut sich darauf und schreckt nicht vor "Frauenarbeit" wie Wäscher werden zurück. Er genießt die Einsamkeit in der Waschküche des Kriegsschiffes, auf dem er dient. Das einzige, was er nicht als positiv sehen kann, ist die Tatsache, dass um ihn herum, scheinbar seinetwegen, viele Menschen sterben. Dies wird ihm jedenfalls eingeredet. Adriaan wächst an diesen Vorwürfen und nach jedem verändert sich sein Leben etwas. Das Ende des Romans ist ebenso unvorhersehbar wie viele kleinere Handlundsstränge im Buch selbst. Gerade deswegen ist es spannend bis zur letzten Zeile.

Fazit

Man liest selten Bücher aus den Niederlanden und ich muss selbst zugeben, dass ich es wahrscheinlich nie gelesen hätte, wenn ich es nicht für mein Studium gebraucht hätte. Doch es lohnt sich. Jedem, der auf Tragik, Liebe und eine besondere Art von Humor steht, dem sei das Buch nahe gelegt. Verblüffend sind die detailreichen Beschreibungen der Landschaft und Adriaans Ausflüge mit seinem Rennrad. Ein packender Roman niederländischer Schreibkunst.

Jamie Lisa H. - myFanbase
14.02.2009

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